Der Maler Gottes
sich ihnen entgegen wie den zärtlichen Händen des Geliebten, steht weltvergessen da in einer monochromen Sinnlichkeit, die mehr betont, als alle Farben der Welt es vermögen. Und Matthias steht da, hingerissen, sieht der Frau bei ihrem selbstvergessenen Spiel zu, genießt die Sinnlichkeit der Szene, die Sinnlichkeit des fast schon nackt erscheinenden Körpers und die Sinnlichkeit dieser Selbstvergessenheit und Hingabe.
Die Frau wirft den Kopf nach hinten, hat noch immer die Arme ausgebreitet, dreht sich einmal um sich selbst und lacht ein dunkles, geheimnisvolles, viel versprechendes Lachen, das Matthias die Wirbelsäule hinunterkriecht, sich heiß durch die Lenden wühlt und an ihm die bevorstehende österliche Auferstehung des Fleisches vorwegnimmt.
Die Frau öffnet den Mund, leckt sich die salzigen Regentropfen von den Lippen, trinkt sie wie einen Kuss, streicht sich mit beiden Händen über das eng anliegende Kleid, so dass Matthias die aufgerichteten Brustwarzen beinahe schon mehr fühlen als sehen kann. Er steht, schluckt, ist gebannt von der Schönheit und der Anmut der jungen Frau und möchte hinlaufen, sie in den Arm nehmen, ihr die Tropfen vom Gesicht, vom Hals lecken, möchte ihr das Kleid herunterreißen, ihre Brüste dem Regen darbieten, ihren Bauch, die Schenkel, den Schoß, um hinterher mit bloßen Händen die Nässe der Haut und ihre Nässe zu spüren.
Jetzt dreht sich die Frau um, sieht ihn, sieht ihn an, lässt die Arme sinken, steht nur und schaut, während ihr der Regen übers Gesicht läuft und sich die Brust in schnellen Atemstößen hebt und senkt.
Und erst in diesem Moment erkennt Matthias Magdalena. Er möchte auf sie zurennen, sie in seine Arme reißen, er hat sie vier Jahre nicht gesehen, hat sie vermisst, weiß erst jetzt, wie sehr er sie vermisst, wie sehr er sich nach ihr gesehnt hat. Doch er bleibt stehen wie angegossen, denkt an den Henker, erwartet, dass sich die Tür des Hauses auftut, der dicke Mann herauskommt und nach Magdalena ruft.
Aber es öffnet sich keine Tür, kein Ruf ertönt. So stehen sie beide, ohne sich zu bewegen, und schauen sich nur an. Und ihre Blicke finden zueinander, wischen die vier Jahre einfach weg, wischen den Henker und alles, was sonst noch zwischen ihnen stand und steht, einfach zur Seite, wischen endlich auch die Starre weg. Langsam gehen sie aufeinander zu, strecken die Hände nacheinander aus, und dann sagt Magdalena: »Komm!« Nicht mehr, nur dieses eine Wort, und sie spricht es mit einer Selbstverständlichkeit aus, als müsste es so sein. »Und der Henker? Dein Ehemann?«, fragt Matthias. »Gestorben. Vor zwei Jahren schon«, erwidert Magdalena und zieht Matthias ins Haus.
Die Haustür fällt mit einem leisen Plop ins Schloss, und Magdalena nimmt Matthias’ Gesicht in ihre beiden Hände, streicht mit den Fingern über die Augenbrauen, den Nasenrücken, die Wangen, fährt behutsam und ganz zart über die Linien des Mundes. Ihre Blicke sind dabei ineinander verfangen. Sie schauen sich an, können spüren, dass sich ihre Seelen wieder berühren, dass nichts von dem Zauber zwischen ihnen verloren ging in den vier Jahren.
Sacht und suchend berühren sich ihre Lippen, die Münder öffnen sich zu einem Kuss, die Leiber pressen sich voller Sehnsucht aneinander, alles verbindet sich. Sie werden eins schon im Kuss, der immer heftiger, immer verlangender, immer leidenschaftlicher wird. Nur mühsam können sie sich voneinander lösen. Wie im Traum lässt sich Matthias durch den dunklen Flur hinauf auf die Treppe ziehen -jede Stufe ein neuer Kuss –, bis sie endlich in Magdalenas Schlafkammer sind. Matthias sieht nur Magdalena, sieht ihre Schönheit, das nasse Haar, den roten Mund, die bebenden, verlockenden Brüste unter dem nassen Mieder. Er riecht nur Magdalena, saugt ihren Geruch ein, als wäre er das köstlichste Parfum, berauscht sich schier an ihrem Duft nach Zimt, warmem Brot und Milch. Langsam und mit unsicheren, vor Begehren zitternden Händen öffnet er ihr nasses Mieder, streift es über ihre weißen, glatten Schultern und betrachtet hingerissen ihre Brüste. Ganz behutsam streicht er darüber, streichelt, liebkost das weiße Rund, erfühlt mit den Händen Magdalenas Beben. Und Magdalena greift mit beiden Händen in Matthias’ Haar, stöhnt leise und presst seinen Kopf fest auf ihre Brüste. Das Begehren des einen steigert die Leidenschaft des anderen. Hastig und mit ungewohnter Wildheit schält er die Frau aus ihren nassen Kleidern, schon
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