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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Vogel, die Deutsche, mit der Stoltenberg in dem Nachtclub getanzt hat.«
    Hafis deutete auf den Mann. »Und der da?«
    Michael starrte das Bild an. »Wollte Gott, ich wüßte es.«

32
    AMSTERDAM

    Der Tag brach bitterkalt an, als Astrid und Delaroche das Hausboot auf der Prinsengracht betraten. Delaroche war zwanzig Minuten damit beschäftigt, das Boot sorgfältig zu inspizieren; er mußte sichergehen, daß niemand an Bord gewesen war. Er überprüfte seine Kontrollmarkierungen. Er durchwühlte alle Schränke und Schubladen. Er lief ruhelos übers eisige Deck. Auf Astrids Hilfe konnte er nicht zählen. Sie war glücklich, endlich wieder auf ihrer geliebten Krista zu sein, ließ sich angezogen aufs Bett fallen und beobachtete Delaroche aus den Augenwinkeln heraus, als sei er übergeschnappt.
    Delaroche fühlte sich trotz der langen Reise hellwach und erholt. Gestern morgen waren sie von Kairo nach Madrid geflogen, nachdem Delaroche Mr. Fahmy im Hotel Imperial erklärt hatte, sie müßten ihren Aufenthalt abbrechen, weil Madame sehr krank sei. Mr. Fahmy fürchtete, die Toilette vertreibe sie, und bot ihnen die beste Suite des Hauses an, um sie zum Bleiben zu bewegen, aber Delaroche versicherte ihm, nicht die Toilette, sondern das Wasser zwinge sie zur vorzeitigen Abreise. Von Madrid aus waren sie mit dem Zug nach Amsterdam gefahren. Delaroche hatte die Reise wie ein Geschäftsmann am Laptop arbeitend verbracht, um den nächsten Mord zu planen. Neben ihm hatte Astrid unruhig geschlafen und im Traum immer wieder Stoltenberg gesehen.
    Die Gracht war zugefroren, und die Krista war wieder vom fröhlichen Lärm der Schlittschuhläufer erfüllt. Astrid nahm Schlaftabletten und legte sich ein Kissen über den Kopf.
    Delaroche war zu überreizt, um schlafen zu können, deshalb setzte er sich vormittags, als die Sonne durch die Wolken brach, in einem dicken Pullover und mit fingerlosen Handschuhen aufs Vordeck, um zu malen. Das Licht war gut, das Motiv gefiel ihm - Schlittschuhläufer auf dem Kanal mit spitzgiebeligen Häusern als Hintergrund -, und als er fertig war, fand er, dies sei sein bestes in Amsterdam entstandenes Werk.
    Er empfand ein seltsames Bedürfnis nach Astrids Lob, aber als er nach unten ging und sie zu wecken versuchte, murmelte sie nur, ihr Name sei Eva Tebbe, und sie sei eine Graphikdesignerin aus Berlin, und er solle sie bitte nicht wieder schlagen.
    Am frühen Nachmittag ließ er sie allein und fuhr mit seinem über der Schulter hängenden Laptop auf ihrem Fahrrad durch Amsterdam. Er schloß das Rad vor einem Telefonzentrum in der Nähe des Rijksmuseums ab und ging hinein. Er setzte sich in eine Kabine, schloß seinen Computer an und tippte einige Augenblicke lang. Für ihn war eine E-Mail da. Als er sie öffnete, erschien auf dem Bildschirm nur unverständliches Buchstabengewirr. Nachdem er seinen Decknamen OKTOBER eingegeben hatte, erschien die Nachricht im Klartext: 
    GLÜCKWUNSCH ZUM ERFOLGREICHEN ABSCHLUSS IHRES AUFTRAGS IN KAIRO. IHR HONORAR IST TELEGRAFISCH AUF IHR NUMMERNKONTO ÜBERWIESEN WORDEN. WIR HABEN EINEN ZUSATZAUFTRAG FÜR SIE. ÜBERNEHMEN SIE IHN, ERHALTEN SIE 1,5 MILLIONEN DOLLAR, DIE HÄLFTE DAVON ALS VORAUSZAHLUNG. DRÜCKEN SIE DIE TASTE ENTER, UM DEN AUFTRAG ANZUNEHMEN. ZAHLUNG ERFOLGT AUTOMATISCH AUF IHR KONTO; EIN DOSSIER UND EINSATZANWEISUNGEN WERDEN AUF IHREN COMPUTER HERUNTERGELADEN. DIE DATEI IST NATÜRLICH VERSCHLÜSSELT, ABER IHR DECKNAME IST DAS KENNWORT. DRÜCKEN SIE DIE TASTE ESCAPE, FALLS SIE ABLEHNEN WOLLEN.
    Delaroche starrte vor sich hin und dachte einen Augenblick nach. Mit diesem Honorar würde er mehr als genug Geld haben, um den Rest seines Lebens sicher und komfortabel zu verbringen. Aber er wußte, daß das nicht ohne Risiko abging.
    Die Aufträge würden schwieriger werden - Erik Stoltenberg war der Beweis dafür -, und nun sollte er einen zusätzlichen übernehmen. Er überlegte auch, ob Astrid weiter durchhalten würde; die Konfrontation mit Stoltenberg in Kairo hatte tiefe Spuren bei ihr hinterlassen. Andererseits wußte er, daß Astrids Leben jetzt untrennbar mit seinem verbunden war. Sie würde alles tun, was er von ihr verlangte.
    Er drückte auf ENTER. Die Datei wurde über das Highspeed-Modem auf seinen Laptop heruntergeladen. Nach einem Blick in das Dossier schaltete er den Computer ab. Er kannte den Mann; er hatte ihm schon einmal gegenübergestanden.
    Er packte den Laptop ein und rief seine Bank in Zürich an.
    Herr Becker meldete sich.

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