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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Süden weiter. Nach gut drei Kilometern liegt das Dorf vor euch.
    Die mit Schlaglöchern übersäte alte Straße war schmal, kaum breit genug für ein Pferdefuhrwerk, und zog sich steigend und fallend durch die sanft gewellte Landschaft. Sie gingen schnell, der Mann und die Frau voraus, der Junge einige Schritte hinter ihnen. Binnen einer halben Stunde war am Horizont der Lichtschein eines Dorfs zu sehen. Kurze Zeit später wurde hinter einem niedrigen Höhenzug ein Kirchturm sichtbar.
    In diesem Augenblick griff der Junge in seine Jacke, zog eine Pistole mit Schalldämpfer heraus und schoß den Mann in den Hinterkopf. Die Frau fuhr mit vor Entsetzen geweiteten Augen herum.
    Der Junge riß seinen Arm hoch und schoß ihr dreimal rasch nacheinander ins Gesicht. 
     

OKTOBER
1
    V OR LONG ISLAND, NEW YORK
     
    In der dritten Nacht klappte das Unternehmen endlich. Die erste Nacht war ungeeignet: starke Bewölkung, Regenschauer, böiger Wind. Die zweite Nacht war klar und mondhell, aber ein steifer Nordwest erzeugte starken Seegang, der selbst die Hochseejacht schlingern ließ. Eine Fahrt mit dem Boston Whaler, einem nachgebauten Walfangboot, wäre unverantwortlich gewesen. Um das Unternehmen vom Whaler aus durchführen zu können, brauchten sie ruhige See, deshalb liefen sie weiter aufs Meer hinaus und verbrachten die Nacht seekrank an Bord. Am Morgen darauf, dem dritten Morgen, war der Seewetterbericht vielversprechend: abflauende Winde, schwacher Seegang, eine langsam durchziehende Front mit einem nachfolgenden Schönwettergebiet.
    Der Wetterbericht erwies sich als zutreffend.
    Die dritte Nacht war ideal.
    Sein richtiger Name war Hassan Mahmoud, aber er hatte ihn für einen islamischen Freiheitskämpfer schon immer ziemlich einfallslos gefunden und deshalb den kühneren Namen Abu Dschihad angenommen. Er war in Gaza geboren und von einem Onkel in einem der elenden Flüchtlingslager am Rande von Gaza aufgezogen worden. Seine politischen Überzeugungen wurden durch die Steinwürfe und Brandstiftungen der Intifada geprägt. Er schloß sich der Hamas an, kämpfte auf den Straßen gegen die Israelis und bestattete zwei Brüder und mehr Freunde, als er sich noch erinnern konnte. Einmal wurde er selbst verwundet, als die Kugel eines israelischen Soldaten ihm die rechte Schulter zerschmetterte. Die Ärzte sagten, er werde seinen Arm nie wieder richtig gebrauchen können. Hassan Mahmoud alias Abu Dschihad lernte, mit dem linken Arm Steine zu werfen.
    Die Jacht war vierunddreißig Meter lang und hatte sechs Luxuskabinen, einen großen Salon und ein Achterdeck, das ausreichend Platz für eine Cocktailparty mit sechzig Gästen bot.
    Die Kommandobrücke war mit modernster Technik bis hin zu Satellitennavigation und Kommunikationssystemen ausgerüstet.
    Sie war für drei Mann Besatzung gebaut, aber zwei gute Leute konnten sie mühelos bedienen.
    Sie waren vor einer Woche aus dem winzigen Hafen Gustavia auf Saint-Barthélemy ausgelaufen und hatten sich auf ihrer Fahrt die Ostküste der Vereinigten Staaten hinauf viel Zeit gelassen.
    Obwohl sie immer weit außerhalb amerikanischer Hoheitsgewässer geblieben waren, hatten sie unterwegs den sanften Touch amerikanischer Seeüberwachung gespürt. Das Aufklärungsflugzeug P-3 Orion, das sie jeden Tag überflog. Die Kutter der US-Küstenwache, die in der Ferne das offene Meer durchpflügten.
    Für den Fall, daß sie angehalten und kontrolliert wurden, hatten sie sich eine glaubhafte Geschichte zurechtgelegt. Die Jacht war unter dem Namen eines reichen französischen Investors registriert, und sie hatten den Auftrag, sie aus der Karibik nach Neuschottland zu überführen. Dort würde der französische Eigner mit zwölf Gästen, die er zu einer einmonatigen Karibikkreuzfahrt eingeladen hatte, an Bord kommen.
    Den Franzosen gab es nicht, er verdankte sein Dasein einem Offizier eines befreundeten Nachrichtendienstes, und die zwölf Gäste existierten erst recht nicht.
    Und was Kanada betraf, hatten sie nicht die Absicht, auch nur in die Nähe seiner Küste zu kommen.
    In dieser Nacht operierten sie unter völliger Verdunklung. Das Wetter war klar und ziemlich kalt. Der helle Halbmond lieferte genug Licht, so daß man sich mühelos an Deck bewegen konnte.

    Der Motor war für den Fall abgestellt, daß kein mit Infrarotsensoren ausgestatteter Satellit oder Seeaufklärer sie zufällig entdecken konnte. Die Jacht dümpelte leicht in der nur wenig bewegten See.
    Hassan Mahmoud saß nervös rauchend

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