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Der Mammutfriedhof

Der Mammutfriedhof

Titel: Der Mammutfriedhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans W. Wiener
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des Ratschlags wurden für die Nacht verstärkt. Zwanzig schwerbewaffnete Männer hockten vor der Tür der Hütte auf dem Boden. Sie schliffen die Schneiden ihrer Schwerter und schärften die Spitzen der Speere und Dolche.
    Neben der nur angelehnten Tür, die in das Innere der Hütte führte, standen zwei weitere Krieger und blinzelten gelangweilt in die tiefstehende Sonne. Sie standen gegen die Türpfosten gestützt und hielten Schwerter in ihren Fäusten. Außerdem patrouillierten Wachen in unregelmäßigen Abständen um das Gebäude. Die Hütte des Ratschlags war zu einem ausbruchsicheren Gefängnis geworden.
    Eine Frau näherte sich durch eine schmale Gasse den Wachen. Auf den Schultern trug sie ein knöchernes Traggestell mit mehreren dickbauchigen Gefäßen. Hinter ihr ging Jenersen.
    »Willkommen, Helar«, wurde die Frau von den Soldaten begrüßt. »Du bist stets der angenehmste Anblick des Tages!«
    Die Frau verzog ihr Gesicht. »Ihr seid eine verfressene Bande«, schimpfte sie. »Nicht mein Anblick erfreut euch, sondern der Anblick der Fischtöpfe!«
    »Nicht doch, Helar«, behaupteten die Soldaten. »Dein Essen erhält erst durch deine Anwesenheit die richtige Würze!«
    »Was wisst ihr schon von Würze«, gab die Frau zurück. »Euch interessiert doch nur, dass der Wanst gefüllt wird. Was ihr esst, ist euch völlig egal. Ich begreife selbst nicht, warum ich mir so viel Mühe mit euch mache!«
    Inzwischen hatte sie den Kreis der Soldaten erreicht und setzte das schwere Traggestell ab. In den dickbauchigen Gefäßen schwappte eine dunkle, dampfende Flüssigkeit. Die Wachen suchten ihre Essgefäße und versammelten sich um die Töpfe.
    »Wartet!« schaltete sich Jenersen ein. »Ihr könnt nicht gleichzeitig essen. Wechselt euch ab, die Tür muss ständig bewacht bleiben. Lasst sie keinen Augenblick aus den Augen! Unsere Gäste sind geschickt und schnell. Unterschätzt sie nicht!«
    Murrend zogen sich vier der Soldaten wieder zurück und bauten sich neben der Tür auf. Mit gierigen Augen sahen sie ihren Kameraden beim Essen zu. Hungrig leckten sie sich über die Lippen.
    Jenersen entfachte in der Zwischenzeit das niedrige Feuer neu und verteilte Fackeln rings um das Gebäude des Ratschlags. Als die Sonne untergegangen war, erhellten zahllose flackernde Flammen die gesamte Umgebung der Hütte.
    »Seid wachsam!« mahnte Jenersen abschließend die Wachen. »Bei den geringsten Anzeichen eines Ausbruchs gebt ihr Alarm.«
    »Sie werden uns nicht entwischen«, versprach eine der Wachen, während sie große Schlucke von der dunklen, heißen Brühe schlürfte.
    »Stärkt euch!« forderte Helar. »Mein Essen ist genau das richtige für euch.«
    *
    Ein niedriges Feuer brannte im Inneren der Hütte des Ratschlags. Mythor, Elivara, Kalathee, Nottr und Sadagar hockten um die Flammen. Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach.
    Mythor hatte die Beine dicht an den Körper gezogen und die Arme um die Knie geschlungen. Er hatte sein Kinn aufgestützt und starrte stumm in die Flammen.
    Kalathee beobachtete ihn verstohlen, und ein wehmütiger, sehnsuchtsvoller Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Ein seltsamer Glanz verschleierte ihre Augen.
    Nottr beobachtete Kalathee. Auch auf seinem Gesicht lag ein sanfter, sehnsuchtsvoller Ausdruck, der so gar nicht zu seinem sonstigen Auftreten passen wollte. Sein Blick wurde nur dann härter, wenn seine Augen dem Blick Kalathees folgten und auf Mythor fielen. Immer dann entrang sich ihm ein gequälter Seufzer.
    Sadagar lag auf dem Rücken und spielte mit einem seiner Wurfmesser. Er schleuderte die Waffe hoch in die Luft, bis fast unter den spitzen Giebel der Hütte, und fing sie dann wieder geschickt mit einer schnellen Bewegung auf.
    Elivara saß Mythor gegenüber und stocherte mit einem dünnen, langen Knochen in der Glut des kleinen Feuers. Sie dachte an ihre Stadt und an das Unheil, das über Nyrngor hereingebrochen war.
    »Trotz allem müssen wir es wagen«, sagte sie schließlich und unterbrach das Schweigen, das schwer über der kleinen Gruppe lastete.
    Nottr schreckte wie aus einem Traum auf. Dann fuhr seine Hand zum Griff des Schwertes und umschloss ihn. »Ja, lasst es uns wagen«, stimmte er zu. »Dieses untätige Herumsitzen bringt einen Mann nur auf schlechte Gedanken!«
    Der Steinmann kicherte in sich hinein. Wahrscheinlich hatte er eine beißende Bemerkung dazu auf den Lippen, aber er verkniff sie sich rechtzeitig, als er den wütenden Ausdruck auf dem Gesicht des

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