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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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herumläuft«, knurrte Gunvald Larsson.
    »Genau das. Um welche Zeit hat er das letzte Verbrechen begangen?«
    »Zwischen neun und Viertel nach neun.«
    »Und wann ist der Mord passiert?«
    »Zwischen sieben und acht. Hör mal, warum stehst du hier herum und fragst Sachen, die wir alle längst wissen?«
    »Entschuldige. Vielleicht will ich mich selbst überzeugen.«
    »Wovon denn?« wollte Gunvald Larsson wissen.
    »Daß der Räuber das Mädchen gesehen hat«, erklärte Martin Beck, »und den, der es ermordet hat. Der Räuber ist ein Mann, der niemals impulsiv handelt. Vermutlich hat er sich jeweils einige Stunden lang im Park aufgehalten, bis er seine Chance bekam. Wenn nicht, müßte er unerhörtes Glück gehabt haben.«
    »Solches Glück gibt es nicht«, sagte Melander, »nicht neunmal hintereinander.
    Fünfmal vielleicht oder sechs.«
    »Faß ihn«, verlangte Martin Beck.
    »Vielleicht an sein Ehrgefühl appellieren, damit er sich stellt?«
    »Auch das wäre möglich.«
    »Ja«, sagte Melander, der gerade den Hörer abnahm. Er hörte ei-nen Augenblick zu und sagte: »Ich schicke dir einen Streifenwagen.
    »Was Besonderes?« wollte Kollberg wissen.
    »Nein.«
    »Ehrgefühl - Gewissen.« Gunvald Larsson schüttelte den Kopi »Euer Vertrauen zu den Gangstern ist wirklich… Mir fehlen einfach die Worte.«
    »Gerade jetzt ist es mir verdammt gleichgültig, was dir fehlt«, sagte Martin Beck mit einer gewissen Schärfe. »Nur - faß den Kerl.«
    »Stütze dich auf die Tatsachen«, riet Kollberg.
    »Was glaubst du denn, was ich…« fing Gunvald Larsson an, wurde aber ausnahmsweise selbst einmal unterbrochen.
    »Wo er auch sein mag«, sagte Martin Beck, »ob er sich auf den Kanarischen Inseln herumtreibt oder sich in einer Verbrecherspelunke in Söder herumdrückt, du mußt ihn finden. Benutze jeden Kontakt den wir zur Unterwelt haben, nimm die Zeitungen zu Hilfe, das Radio das Fernsehen. Drohe, schmiere, versprich. Mach, was du willst, abei faß den Kerl.«
    »Du weißt, wie hoch ich deine Intelligenz einschätze«, sagte Kollberg ernst.
    »Ja das weiß ich«, gab Gunvald Larsson versöhnt zurück. »Also: Dann mal ran an den Feind.« Er griff zum Telefon. Martin Beck und Kollberg gingen aus dem Zimmer.
    »Es wäre eine Möglichkeit«, meinte Martin Beck. »Vielleicht«, gab Kollberg zweifelnd zur Antwort. »Gunvald ist nicht so dumm, wie er manchmal aussieht.« »Wirklich nicht?« »Hör mal, Lennart!«
    »Ja?«
    »Was ist eigentlich mit dir los?«
    »Genau das gleiche wie mit dir.«
    »Und das ist?«
    »Ich habe Angst.«
    Darauf antwortete Martin Beck nicht. Zum einen, weil Kollberg recht hatte, zum anderen, weil sie beide einander so gut und so lange kannten, daß sie sich auch ohne Worte verstanden.
    Sie gingen die Stufen hinunter auf die Straße und stiegen in den Wagen. Das Auto war ein roter Saab mit neutralem Kennzeichen. Trotzdem gehörte es der Reichspolizei.
    »Der kleine Junge, wie hieß er doch?« fragte Martin Beck nachdenklich.
    »Bö Oskarsson«, antwortete Kollberg. »Wird Bosse genannt.«
    »Richtig. Ich hab ihn nur flüchtig gesehen. Wer hat mit ihm gesprochen?«
    »Sylvia, glaube ich. Oder Sonja.«
    Die Straßen waren menschenleer. Es war drückend heiß. Sie fuhren über die Västerbron, dann hinunter zum Pälsundskanal und schließlich den Bergsundsstranden entlang. Die ganze Zeit über verfolgten sie mit einem Ohr das Gerede der Streifenwagenbesatzungen auf dem Vierzig-Meter-Band.
    »Jeder blöde Radioamateur im Umkreis von acht Meilen kann das mit anhören«, sagte Kollberg irritiert. »Weißt du, was es kosten würde, einen privaten Sender abzuschirmen?«
    Martin Beck nickte. Er hatte gehört, daß die Kosten irgendwo bei 150 000 Kronen lagen, eine Summe, die dafür nicht zur Verfügung stand.
    In Wirklichkeit dachten sie allerdings an etwas ganz anderes. Als man das letztemal mit allen verfügbaren Kräften einen Mörder gejagt hatte, hatte es vierzigmal vierundzwanzig Stunden gedauert, bis der Täter gefaßt war. Der letzte Fall, der diesem entsprach, war nach etwa zehnmal vierundzwanzig Stunden gelöst worden. Nun hatte der Täter innerhalb von knapp viermal vierundzwanzig Stunden zweimal zugeschlagen. Melander hatte gesagt, daß der Parkräuber fünf oder sechsmal Glück gehabt haben könnte, was durchaus möglich war. Angewandt auf den vorliegenden Fall, war diese Mathematik allerdings nicht ohne Schrecken.
    Sie fuhren unter der Liljeholmsbron hindurch, am Hornstulls Strand entlang, dann

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