Der Mann aus dem Dschungel
genau. Die Schönheit unter seinem langen dunklen Haar, unter seiner braun gegerbten Haut und seinem wuchernden Bart verschlug Libby den Atem. Sie ließ ihren Blick an seinem Körper entlanggleiten, über seine muskulösen Schultern, seine kräftige Brust, über seine langen Beine und seine nackten schmalen Füße. An den Hüften trug er zerlumpte Shorts und sonst nichts. Er sah aus wie das männliche Gegenstück bezaubernder Märchenprinzessinnen.
Im Gesicht entdeckte sie die Spuren der vergangenen Misshandlungen. Eine gelblich blaue Schwellung unter einem Auge, die bereits schwächer wurde. Ehrfürchtig und fasziniert starrte sie ihn an.
"Hübsches Kerlchen, nicht wahr?" bemerkte Alf und lachte auf. "Deshalb haben die Russen von ihm erfahren. Die Abos hielten ihn wegen seiner Schönheit für einen Inselgott. Die Russen haben nachgesehen und ihn gefangen genommen."
"Abos?"
"Aborigines. Ureinwohner. Die Insel war ihr Jagdgebiet. Sie müssen ihm öfter begegnet sein. Jetzt kommen sie natürlich nicht mehr. Ed hat die Insel vermint."
Libby verlor die Fassung. "Das soll wohl ein Scherz sein!"
"Keine gefährlichen Minen", ergänzte Mick hastig. "Sie machen bloß höllischen Krach. Deshalb wagt sich niemand in die Nähe der Insel."
"Und niemand wagt es, sie zu verlassen", fügte Alf beiläufig hinzu.
"Kommen Sie und schauen Sie sich das an", sagte Mick und warf Alf einen beunruhigten Blick zu. "Sie glauben gar nicht, was sein Bett alles kann."
"Ihm Elektroschocks verpassen?" vermutete sie.
"Hervorragende Idee, Doc!" rief Alf lauthals aus. "Ich wünschte, ich wäre selbst draufgekommen."
"Dr. Holden weiß vielleicht nicht, dass du nur Witze machst", warnte Mick.
Dr. Holden weiß, dass das kein Witz ist, sagte Libby zu sich selbst. Sie starrte auf die blinkenden Zahlen auf einem der Bildschirme.
"Wir zeichnen alles auf, während er dort liegt", erklärte Mick.
"Gewicht, Blutdruck, Herzfrequenz."
"Seine Vitalzeichen sind niedrig", sagte Libby.
"Das wären Ihre auch, wenn man Sie mit Drogen voll gepumpt hätte", meinte Alf. "Seit er hier ist, hat er an Gewicht verloren. Er bringt jetzt nur noch hundertneunzig Pfund auf die Waage, weil er nicht isst, was wir ihm anbieten."
"Was isst er dann?"
"Früchte, Beeren, all das Zeug, das hier wächst. Ich nehme an, dass er Angst hat, vergiftet zu werden."
"Das kann ich mir gar nicht vorstellen", erwiderte Libby trocken. "Wann bekommt er die nächste Injektion?"
"Erst in ein paar Stunden. Warum?"
"Halbieren Sie die Dosis."
"Ich denke nicht daran", sagte Alf.
"Ich trage die Verantwortung für das Objekt", sagte sie streng. "Und ich will, dass Sie die Dosis halbieren."
"Und ich bin verantwortlich für die Sicherheit, meine Liebe.
Ich will, dass er die volle Dosis bekommt. Er wacht oft genug auf. Dann können Sie sich um ihn kümmern und ein bisschen mit ihm spielen, um seine Reaktionen zu testen. Das reicht."
"So kann ich nicht arbeiten…"
"Sprechen Sie mit Mr. Hunnicutt."
"Wie sollte ich, wenn er abgereist ist und es auf dieser Insel keine Telefone gibt?" fragte sie.
"Lassen Sie mich Mr. Hunnicutt Ihr Anliegen vortragen", erwiderte Alf mit süßlicher Stimme. "Ich werde Sie seine Antwort wissen lassen."
Libby atmete tief durch.
"Gut", sagte sie. "Aber jetzt möchte ich das Objekt besichtigen."
"Besichtigen Sie, was immer Sie möchten."
"Nein, ich meine ihn. Aus der Nähe und persönlich. Wenn er sediert ist, wird er meine Anwesenheit gar nicht wahrnehmen können. Wie komme ich hinein?"
"Ich denke nicht…", begann Alf.
"Danach habe ich nicht gefragt, Mr. Droggan", antwortete Libby scharf. "Ich bin hier, um einen Job zu erledigen. Und jetzt möchte ich dort hineingehen und das Objekt
untersuchen."
Alf Droggan rollte mit den Augen und seufzte tief auf.
"Mick, du hast gehört, was sie gesagt hat", meinte er. "Besser, du holst vorher die Gewehre."
3. KAPITEL
"Gewehre?" Libby war ehrlich entsetzt.
"Nur Betäubungsgewehre", versicherte Mick eilig. "Als Vorsichtsmaßnahme. Tarzan… äh, das Objekt ist ein großer, starker Mann. Es ist schwer, die richtige Dosis zu bestimmen.
Wir dachten, dass er auf Entzug war, als es ihm gelungen war, Alfs Arm zu brechen. Ich mag gar nicht daran denken, was passiert, wenn er ein so zartes Ding wie Sie in die Finger bekommt."
Langsam begriff Libby, was hinter Micks grundgütiger Freundlichkeit steckte. Sie unterdrückte ihren Protest. "In Ordnung", sagte sie. "Aber ich möchte, dass Sie meine Arbeit nur im Notfall
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