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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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St. George, Utah, machte ich halt für die Nacht. Ich ging in ein kleines Motel, zahlte das Zimmer in bar und schlief noch angezogen auf dem Bett ein.
    Die Sonne schien mir warm ins Gesicht, als ich spät aufwachte. Galaxien von Staub wirbelten in dem Lichtstreifen herum, der durch einen Spalt in den Vorhängen hereinfiel. Ich stand auf, schlang schnell ein Frühstück herunter und röhrte wieder auf die Straße.
    Ich fuhr durch ganz Utah an diesem Tag, dann durch Colorado. Meine Hände wurden taub. Ab Nebraska verlief die Straße nur noch schnurgerade. Ich hielt die Harley zwischen Seiten- und Mittelstreifen und fuhr und fuhr. Das ist ein Test, dachte ich. Es ist eigentlich nicht zu schaffen, aber sie wollen, dass ich es trotzdem tue.
    Am Rand von Grand Island hielt ich wieder bei einem Motel. Ich konnte kaum gehen, als ich an dem Abend vom Motorrad stieg. Ich bezahlte das Zimmer, duschte und versuchte zu schlafen. Obwohl ich völlig erschöpft war, bekam ich kein Auge zu. Also setzte ich mich auf, machte das Licht an und begann zu zeichnen. Meine Sachen hatte ich natürlich dabei, ich konnte mir nicht vorstellen, ohne sie irgendwo hinzugehen. Ich zeichnete mich selbst dort auf dem Bett, in diesem kleinen Motel, das so dicht an der Straße lag, dass die Wände wackelten, wenn ein Laster vorbeidonnerte. Ein weiteres Kapitel in meiner Fortsetzungsgeschichte für Amelia. Michael auf dem Weg nach Ohio, um dort Gott weiß was zu tun.
    Als ich am Morgen wieder zusammenpackte, piepte der blaue Pager. Die Jungs aus New York? Hatten sie irgendwie erfahren, dass ich praktisch halb dort war, und dachten, ich könnte auf einen Sprung vorbeikommen und zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen?
    Ich benutzte gleich das Telefon im Motelzimmer und wählte die Nummer. Es hatte kaum einmal geklingelt, als schon jemand abnahm und losredete.
    »Michael, du musst mir zuhören.«
    Es war Banks. Erst gelb, dann grün, und jetzt hatte er die Nummer für den blauen Pager.
    »Die Zeit wird knapp, mein Freund. Du musst der Wahrheit ins Gesicht sehen. Wir sind schon fast über den Punkt hinaus, wo ich dir noch beistehen kann.«
    Ich sah zum Fenster. Auf einmal hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden, genau in diesem Moment, hier mitten in Nebraska. Gleich würde die Tür eingeschlagen werden, und ein Trupp Männer würde hereinstürmen und brüllen, dass ich mich auf den Boden legen und die Hände hinterm Kopf verschränken sollte.
    »Das ist vielleicht deine letzte Chance. Hörst du mir zu?«
    Nein, Quatsch, dann würde er mich nicht zuerst anrufen. Wenn er wüsste, wo ich war, würde er einfach kommen und mich schnappen. Ohne sich die Mühe zu machen, vorher mit mir zu telefonieren.
    »Michael. Leg nicht auf, okay? Bleib dran, ich will dir helfen.«
    Sie können das zurückverfolgen. Ich sitze hier in einem Motelzimmer, sie können die Verbindung zurückverfolgen.
    Ich legte auf und machte, dass ich wegkam.
     
    Um Chicago herum geriet ich in dichten Verkehr und verlor dann eine weitere Stunde durch den Wechsel der Zeitzone. Es war schon nach Mitternacht, als ich endlich Cleveland erreichte. Ich übernachtete im dritten Motel in Folge, diesmal in der Nähe des Flughafens. Lange starrte ich dort an die Decke und fragte mich, was der nächste Tag wohl bringen würde.
    Als es Morgen wurde, raffte ich mich auf und fuhr zu der genannten Adresse. Es war noch nicht acht, aber ich sah die lange schwarze Limousine auf dem Parkplatz. Dieselbe wie damals in Michigan.
    Ich parkte mein Bike daneben und wollte gerade hineingehen, als Schlafzimmerblick zur Tür herauskam.
    »Willkommen im Irrtum am Eriesee«, begrüßte er mich. »Warum hast du so lange gebraucht?«
    Ich zeigte auf meine Uhr.
    »Jaja, spar’s dir. Fahren wir.«
    Er ging wieder hinein und holte die anderen beiden Männer.
    »Der Kleine ist hier«, sagte der erste und musterte mich von oben bis unten. »Wie er leibt und lebt.« Er hatte heute keinen Anglerhut auf, würde für mich aber trotzdem immer Anglerhut bleiben.
    »Wie war die Reise?«, fragte der zweite. Walrossschnurrbart. Ich hatte diese Typen ein Jahr lang nicht gesehen, doch sie hatten sich kein bisschen verändert. Was nicht unbedingt was Gutes war.
    Schlafzimmerblick hielt mir eine der hinteren Türen auf, derweil die anderen beiden vorne einstiegen. Schlafzimmerblick schüttelte den Kopf und murmelte finster vor sich hin. Ich merkte, dass sich an der ausgezeichneten Chemie in diesem Team ebenfalls nichts geändert

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