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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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Muskelkater in den Beinen und Muskelkater in den Armen, aber nichts, wirklich nichts, hat je so weh getan wie meine Hände an diesem Morgen.
    Erst mal konnte ich sie nicht bewegen, weder öffnen noch eine Faust ballen. Dann duschte ich und ging fast durch die Decke, als das heiße Wasser auf meine Blasen traf. Sobald ich angezogen war, stöberte ich im Lagerraum des Schnapsladens herum und fand ein altes Paar Arbeitshandschuhe. Besser spät als nie, schätzte ich. Onkel Lito warf nur einen Blick auf mich und fiel fast in Ohnmacht.
    »Was in drei Teufels Namen hat man dir angetan?«, rief er. »Dein Gesicht ist rot wie ein Hummer. Ich rufe sofort diesen dämlichen Bewährungshelfer an. Scheiße, nein, ich rufe den Richter an.«
    Ich packte ihn an den Schultern, was ihn mordsmäßig überraschte. Ich packte ihn und schüttelte heftig den Kopf. Er sollte niemanden anrufen oder irgendetwas unternehmen, das mich daran hindern würde, zum Haus der Marshs zurückzukehren. Ich musste sie wiedersehen, um jeden Preis.
    Ich aß etwas, um mich zu stärken, stieg ins Auto und machte mich auf den Weg, wobei ich beim Fahren versuchte, meine Hände zu lockern. Es war ein paar Minuten nach zwölf, als ich ankam. Mr. Marsh wartete auf mich in der Einfahrt.
    »Du bist zu spät«, sagte er. »Komm mit.«
    Jaja, dachte ich, wieder an den Pool. Sag mir nur eins, nämlich dass deine Tochter zu Hause ist.
    »Ich will dich jemandem vorstellen.«
    Er führte mich ums Haus herum. Dort kniete ein Mann vor der Hintertür.
    »Das ist Mr. Randolph«, sagte Mr. Marsh. »Er ist Schlossermeister.«
    Der Schlosser stand auf und schob seine Baseballkappe zurecht. »Mr. Marsh sagt, du hättest dieses Schloss geknackt«, meinte er. »Ich seh aber keinen Kratzer, also sage ich, dummes Zeug.« Er hatte einen leichten osteuropäischen Akzent, weshalb »Zeug« als »Zeig« herauskam.
    »Wie steht’s?«, sagte Mr. Marsh. »Willst du uns zeigen, wie du das gemacht hast?«
    Ich hob kapitulierend die Hände. Nein, auf keinen Fall.
    »Sie war offen, stimmt’s?«, sagte der Schlosser. »Die Tür war offen, und du bist einfach reingegangen.«
    Ich hätte es dabei bewenden lassen sollen. Doch ich schüttelte den Kopf und machte Gesten, als würde ich mit Werkzeugen ein imaginäres Schloss öffnen.
    »Hör auf damit«, sagte der Schlosser und zwinkerte Mr. Marsh zu. »Du kannst dieses Schloss unmöglich geknackt haben. Das würde selbst mir schwerfallen.«
    »Soll er es uns doch beweisen«, sagte Mr. Marsh. »Sehn wir mal, ob seine große Klappe was wert ist.«
    Der Schlosser lachte. »Ich wette hundert Dollar, harte amerikanische Währung, bar auf die Hand.«
    »Sie knöpfen mir heute kein Geld ab«, sagte Mr. Marsh. »Aber Michael, ich sag dir was. Wenn du das Schloss aufkriegst, gebe ich dir den Tag frei. Wir wär’s? Öffne es ohne Schlüssel, dann kannst du nach Hause gehen.«
    »Hier, du darfst sogar mein Werkzeug benutzen«, sagte der Schlosser. Er holte so etwas wie eine große Brieftasche heraus und gab es mir. »Das Beste in der Branche.«
    Ich zog den Reißverschluss auf und sah hinein. So eine schöne Auswahl an Werkzeugen hatte ich noch nie gesehen.
    »Du weißt, wie man es benutzt, oder? Komm, zeig uns, was du kannst.«
    Es gab mindestens ein Dutzend Picks zur Auswahl. Drei verschiedene Diamant-Picks, zwei Rundkopf-Picks, einen Schneemann und mindestens vier oder fünf Haken-Picks. Die Namen kannte ich damals noch gar nicht, die lernte ich erst später.
    »Okay, ich erhöhe auf tausend Dollar«, sagte der Schlosser. »Quote zehn zu eins.« Er wollte mir das Etui wieder abnehmen, aber ich drehte mich um und nahm einen der Haken heraus. Es gab vier verschiedene Spanner, weshalb ich mich vor das Schloss kniete und abzuschätzen versuchte, welche Größe am besten passte. Eine solche Entscheidung hatte ich noch nie treffen müssen, weil ich bisher einfach jedes Stück Metallschrott genommen hatte, das gerade zur Hand war.
    Ich nahm einen der Spanner heraus. Nicht den kleinsten, nicht den größten. Ich führte ihn in den Schließkanal ein, legte einen Finger rechts an und übte ganz leichten Druck aus. Dann griff ich zu dem Haken und ertastete die Reihe der Zuhaltungsstifte. Ich hatte dieses Schloss ja schon einmal geöffnet, wusste also genau, was ich zu tun hatte. Es war ein gewöhnliches Standardmodell, sechs Stifte, eine etwas enge Kombination ganz hinten, aber nichts wirklich Verzwicktes. Mit einem Schraubendreher und einer verbogenen

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