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Der Mann, der den Zügen nachsah

Der Mann, der den Zügen nachsah

Titel: Der Mann, der den Zügen nachsah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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zusammen mit dem aufgeregt gestikulierenden, winzigen Professor Abram. Zu Füßen des Podiums in dem nicht sehr hellen Saal saßen an die dreißig Personen, die sich eifrig Notizen machten, offenbar Studenten und auch andere, die nicht mehr so jung waren, um als Studenten zu gelten.
      »Treten Sie näher, mein Freund… Haben Sie keine Angst… Ich möchte nur, daß Sie ein paar Fragen beantworten, die ich Ihnen stellen werde.«
      Kees war fest entschlossen, nicht zu antworten. Er hörte gar nicht hin! Er hörte lediglich, wie Professor Abram über ihn in Ausdrücken redete, die noch schwieriger waren als das Wort Paranoiker, während die anderen im Saal fieberhaft mitschrieben. Einige der Herren traten heran, um ihn aus der Nähe zu betrachten, und einer nahm sogar mit irgendeinem Instrument seine Schädelmaße.
      Wenn schon… Die Dummköpfe, das waren trotzdem sie! Also?
      Sie kamen auch auf die Idee, ihn in einem Besucherraum mit Sprechgitter unversehens Mama gegenüberzustellen, die es für nötig befunden hatte, sich wie eine Witwe ganz in Schwarz zu kleiden.
    »Kees!…« rief sie aus und rang die Hände.
    »Kees!… Erkennst du mich wieder?…«
      Kein Zweifel, denn er blickte sie ganz ruhig an, worauf sie einen Schrei ausstieß und in Ohnmacht fiel.
      Was mochte ihnen noch alles einfallen? Die Zeitungen einschalten? Zwecklos, denn Popinga las sie nicht!
      Andere Leute, offenbar Irrenärzte, kamen, ihn zu sehen, und schließlich erkannte er sie sogleich, weil sie ihm immer dieselben Fragen stellten.
    Er aber hatte einen Dreh gefunden. Er sah ihnen direkt in die Augen, als frage er sich, was sie nur hätten, sich so komisch zu benehmen, und dann ließen sie bald von ihm ab.
      Schlafen!… Dann essen und wieder schlafen und von nicht sehr deutlichen, aber oft angenehmen Dingen träumen…
      Eines Tages brachte man ihm einen neuen Anzug, und Mama m ußte sich darum gekümmert haben, denn er hatte ziemlich genau seine Maße. Am nächsten Tag ließ man ihn in ein Polizeiauto steigen, das vor einem Bahnhof anhielt. Danach saß er mit zwei Herren in Zivil in einem Eisenbahnzug.
      Die beiden Herren schienen nervös zu sein, während Kees im Gegenteil die Abwechslung genoß. Man hatte die Vorhänge geschlossen, aber es blieben Spalten, und Kees sah die Leute im Seitengang auf und ab gehen in der Hoffnung, einen Blick auf ihn zu erhaschen.
      »Meinen Sie, daß wir noch heute nacht zurückfahren können?«
      »Ich weiß nicht. Das hängt von denen ab, die ihn in Empfang nehmen werden.«
      Schließlich begannen seine beiden Begleiter Karten zu spielen und boten ihm Zigaretten an, die sie ihm mit lässiger Geste in den Mund steckten, als ob er das nicht selbst gekonnt hätte.
      Aus den Zeitungen mußte jedermann wissen, was hier vorging, nur er nicht, aber das ließ ihn völlig kalt.
      Er mußte sogar lächeln, als der Zug den belgischen und dann den holländischen Zoll passierte, denn ein Wort der beiden Männer zu den Zollbeamten genügte, und das Abteil wurde nicht durchsucht.
    Nach dem holländischen Zoll nahm außerdem ein Gendarm im Abteil Platz, aber da er nicht Französisch sprach, begnügte er sich, in seiner Ecke Zeitung zu lesen.
      In der Folge gab es ein lebhaftes Kommen und Gehen, und sogar Fotografen drängten sich am Bahnhof und in den Gängen des Amsterdamer Justizpalastes. Popinga blieb ganz ruhig, lächelte nur und antwortete auf Fragen mit: »Ich weiß nicht.«
      Es gab auch einen holländischen Abram, sehr viel jünger als der von Paris, der ihm eine Blutprobe entnahm, ihn durchleuchtete und ihn über eine Stunde lang untersuchte und abhorchte, wobei er ständig für sich redete, so daß Kees an sich halten mußte, um nicht zu lachen.
      Danach war wohl alles erledigt. Die Leute draußen wußten es, er aber nicht. Offenbar betrachtete man ihn endgültig als verrückt, denn man gab ihm keinen Verteidiger und auch von einem Schwurgericht war nicht die Rede.
      Im Gegenteil! Er war in einem weitläufigen Backsteinbau in der Nähe von Amsterdam untergebracht. Durch die vergitterten Fenster blickte er auf einen Fußballplatz, wo donnerstags und sonntags gespielt wurde.
      Das Essen war gut. Man ließ ihn fast so viel schlafen, wie er wollte. Auch hieß man ihn allerlei Freiübungen machen, und er tat sein Bestes dabei.
      Er war allein in einem kleinen weißen Zimmer, das kaum Möbel enthielt; am meisten störte es ihn, alles mit dem Löffel essen

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