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Der Mann, der Donnerstag war

Der Mann, der Donnerstag war

Titel: Der Mann, der Donnerstag war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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miteinander bloß Spitzel!« jauchzte Dr. Bull. »Komm, ich geb einen aus!« Den ändern Morgen marschierte das Bataillon der wiedervereinigten Sechs – kleinlaut, sagen wir – auf das Hotel auf dem Leicester Square zu.
    »Komisch«, sprach Dr. Bull. »Da gehen unser sechs einen einzigen fragen, was er eigentlich will.«
    »Ich glaub, es ist fast noch ein bißchen komischer!« sprach Syme. »Ich glaub, es gehen unser sechs einen einzigen fragen, was wir eigentlich wollen!«
    Schweigend bogen sie auf den Platz ein. Und obschon das Hotel die gegenüberliegende Ecke bildete, sahen sie doch alle gleich den winzigen Balkon – mit einer Gestalt darauf, die viel zu ungeheuer dafür war. Die saß allein und hielt den Kopf gar tief und studierte fleißig eine Zeitung. Aber all die Ratsmitglieder, die da kamen, ihrem Präsidenten ein Ende zu bereiten, gingen quer über den Platz, als ob sie vom Himmel herab mit hundert Augen bewacht würden.
    Erst hatten sie viel disputiert, wie es am politischsten zu machen wäre: ob sie, den Gogol ohne Maske vorerst nicht auftreten lassen und die Exposition recht diplomatisch einfädeln sollten – oder ob sie Gogol gleich mitnehmen und sogleich die Bombenszene agieren sollten. Syme und Bull, die sehr fürs letztere waren, trugen den Sieg davon–––aber der Sekretär, der fragte zuletzt noch, weshalb sie denn Sonntag so jäh attackieren wollten.
    »Das ist doch sehr einfach«, versetzte Syme, »ich will ihn rasch attackieren, weil ich nämlich bange vor ihm bin.«
    Und Syme schritt die dunkle Treppe schweigend voran, und dann traten sie all zusammen in das pralle Morgensonnenlicht heraus und vor das breitsonnige Lächeln Sonntags.
    »Köstlich, köstlich!« sprach der. »Wie so entzückt, Sie all zusammen zu sehen! Was, ein exquisiter Tag heute! ... Ist der Zar tot?«
    Der Sekretär, der just am weitesten vorn stand, brachte soviel wie möglich Würde auf und antwortete so trotzig wie nur möglich: »Nein, mein verehrter Herr. Es gab keine ... Bombengeschäfte. Wir kommen mit ganz anderen Nachrichten als von solchen ... abscheulichen Eisenspekulationen.«
    »Abscheuliche Eisenspekulationen ist gut«, wiederholte der Präsident. »Sie meinen doch damit Dr. Bulls abscheuliche ... Spekuliereisen?«
    Der Sekretär fuhr für einen Moment zusammen – der Präsident hingegen wie in sanft verweisendem Tone fort:
    »–türlich: Jeder hat seine Meinung und seine Augen. Aber etwas in Gegenwart des betreffenden Mannes selbst ohne weiteres abscheulich zu nennen – –«
    Dr. Bull riß seine Spekuliereisen herab und warf sie auf den Tisch.
    »Meine Spekuliereisen waren gemein«, sprach er, »aber ich bins nicht. Sehen Sie mich dreist an!«
    »Ich darf wohl sagen, daß das ein Gesicht ist, wies an einem zu wachsen pflegt«, sprach der Präsident. »In der Tat wächsts ja auch an Ihnen. Soll ich mich vielleicht mit den wilden Früchten am Baum des Lebens herumstreiten? Ich darf also wohl sagen, daß es an einem schönen, sonnigen ... Sonntag wachsen wird.«
    »Wir haben jetzt keine Zeit für Drehwitze!« sagte der Sekretär und wollte wild werden. »Wir sind gekommen, um zu fragen, was all dies sein soll? Wer sind Sie? Was sind Sie? Wozu haben Sie uns alle miteinander hierhergelotst? Wissen Sie denn überhaupt, wer und was wir sind? Sind Sie so blödsinnig, daß Sie hier den Geriebenen, oder so gerieben, daß Sie hier den Blödsinnigen spielen wollen? Antworten Sie mir – ich sage Ihnen nur, antworten Sie mir!«
    »Kandidaten«, murmelte Sonntag, »haben von 17 Fragen auf dem Papier nur acht zu beantworten ... Wenn ich Ihnen schnell genug folgen konnte, so wünschten Sie von mir zu wissen, wer ich bin, und wer Sie sind, und wer ihr seid, und wer der Tisch, ist, und was der Rat ist, und was überhaupt die ganze Welt ist. Gut – ich will den Schleier vom Geheimnis herabreißen. Sie wünschten zu wissen, wer ihr seid? Ihr seid eine Gruppe höchst wohlgesinnter, junger . . . Esel.«
    »Na – und Sie?« fragte Syme und beugte sich weit vor, »was sind dann Sie?«
    »Ich? Was ich bin?« brüllte der Präsident und wuchs mählich zu einer schier unglaublichen Höhe an. Stand wie eine enorme Woge auf, die sie im nächsten Augenblick alle zu begraben schien. »Sie wünschen zu wissen, was ich bin – ja? Bull, Sie sind ein Mann der Wissenschaft. Graben Sie, bitte, in den Wurzeln jener Bäume da unten nach und künden Sie mir die Wahrheit über sie. Syme, Sie sind ein Dichter. Sehen Sie sich jene

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