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Der Mann, der ins KZ einbrach

Der Mann, der ins KZ einbrach

Titel: Der Mann, der ins KZ einbrach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Broomby Denis Avey
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Bäumen gesäumten Straße. »Das wird langsam albern«, sagte er und beugte sich vor, um auf die Karte zu schauen. »Ich glaube, wir müssen hierhin.« Sein Finger beschrieb einen Kreis, der halb Birmingham umschloss. Er murmelte etwas von Nadeln im Heuhaufen und wendete den Wagen. Nach ein paar Kilometern erkannten sie an den Straßenschildern, dass sie wieder auf dem richtigen Weg waren.
    Selbst wenn es sich tatsächlich um Susanne handelte, die auf der Warwick Road verzeichnet war, gab es endlos viele Gründe, die dafür sprachen, dass sie nicht mehr dort wohnte. Sie konnte gestorben oder in ein Pflegeheim gekommen sein. Vielleicht lebte sie mittlerweile bei ihrem Sohn in den USA .
    Rob und Patrick parkten den Wagen an einer Straßenecke und gingen zu Fuß die Warwick Road entlang. Sie war eine hübsche Wohnstraße gewesen, ehe sie zu einer belebten Hauptverkehrsader geworden war, der A41, die Birmingham mit Solihull verband. Der ständige Strom der Autos hatte eine Kluft in die Nachbarschaft gerissen. Die Bewohner auf der einen Straßenseite hatten kaum noch Kontakt mit denen auf der anderen. Das ließ nichts Gutes ahnen. Der Staub und die Abgase färbten die Hausfassaden und sogar die Blätter an den Sträuchern dunkel. Zu einigen Häusern gehörten kleine Vorgärten, aber wegen des Verkehrslärms hatten die Leute nichts mehr davon.
    Rob und Patrick überprüften die Adresse ein letztes Mal, gingen zur Haustür und klopften an. Keine Reaktion. Sie versuchten es wieder, aber nichts rührte sich. Sie gingen zum nächsten Haus, aber auch dort war niemand zu Hause. Es war ja auch mitten am Tag. Sie arbeiteten sich die Straße entlang, ohne dass ihnen ein einziges Mal geöffnet wurde. Klinkenputzerjournalismus dieser Art betrieb niemand mehr, und an diesem Beispiel kann man sehen, warum das so ist.
    Nur an eine letzte Tür hatten sie noch nicht geklopft, und dort trafen sie jemanden an. Sie hörten, wie mehrere Schlösser entriegelt wurden. Die Tür öffnete sich einen Spalt weit, und ein Mann in mittleren Jahren spähte misstrauisch hindurch. In dieser Gegend bekam man offenbar keinen unangemeldeten Besuch.
    Rob und Patrick wiesen sich aus und erklärten, dass sie Journalisten seien und nach einer älteren Dame namens Susanne suchten – wahrscheinlich Susanne James –, die vor dem Krieg aus Deutschland geflohen war. Der Mann sagte, er erinnere sich an eine Nachbarin namens Susanne James, aber sie sei vor mehreren Jahren weggezogen.
    »Wissen Sie, ob sie noch lebt?«, fragten die beiden.
    »Soviel ich weiß, ja«, antwortete der Mann. Robs und Patricks Puls ging schneller. »Was möchten Sie von ihr?«
    Die beiden erklärten es ihm kurz und knapp und versicherten ihm, dass es Susanne bestimmt freuen würde, mit ihnen zu reden, weil es mit ihrem Bruder und dem Krieg zu tun habe. Der Mann zögerte und überlegte.
    »Kommen Sie herein«, sagte er schließlich. Sie betraten einen schmalen Flur. Auf dem Fußboden stand ein neuer Computer, der ausgepackt werden wollte, umgeben von einem Gewirr aus Kabeln. Offenbar kamen sie nicht sehr gelegen. Bücherregale warfen ihre Schatten auf die Treppe.
    Der Mann hieß Michael. Er fasste Vertrauen zu Rob und Patrick und musterte sie mit schiefem Lächeln, als hätte er es mit zwei vorwitzigen Schuljungen zu tun, die man entweder über sich ergehen ließ oder davonjagte. Sie unterhielten sich, und schließlich legte Michael die Karten auf den Tisch.
    »Ich kenne Susanne James ziemlich gut«, sagte er. »Unsere Familien waren viele Jahre lang Nachbarn.«
    »Wie können wir mit ihr in Verbindung treten?«, fragte Rob.
    Michael brauchte eine Weile, bis er sich zu einer Entscheidung durchrang. »Ich könnte sie anrufen«, sagte er und vergewisserte sich, die richtige Nummer im Kopf zu haben, ehe er wählte. Am anderen Ende hob jemand ab. Schon bald geriet Michael ins Stottern. Schließlich wandte er sich an Rob und fragte: »Warum reden Sie nicht selbst mit ihr? Sie ist am Apparat.«
    Er reichte ihm den Hörer, und Rob hörte die leise, freundliche Stimme Susannes – jener Frau, die ich vierundsechzig Jahre zuvor kennengelernt hatte. Als Fünfzehnjährige war sie im Juni 1939 mit einem Kindertransport von Deutschland nach England gekommen.
    Ein unerwartetes Telefonat an einem tristen, nassen Tag in Solihull hatte endlich das Rätsel gelöst.
    Susanne nannte ihre Adresse und bat Rob, sofort zu ihr zu kommen. Rob schlug jedoch vor, zwei Stunden zu warten, damit Susanne Zeit zum

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