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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Daunenjacke auf. Clara Lundin saß mit einer Zigarette in der Hand auf der Treppe und sah ihn mit einem Blick an, der zugleich wutgeladen und voller Schmerz war. Sebastian nickte ihr zu und versuchte eine zögerliche Annäherung.
    «Hallo!»
    Keine Antwort. Damit hatte er nicht gerechnet. Clara drückte die Zigarette aus und ging ins Haus, nachdem sie Sebastian einen langen Blick zugeworfen hatte. Vermutlich kein gutes Zeichen. Aber Sebastian war zu müde, um sich darüber Gedanken zu machen. Er ging die Treppe zu seinem Elternhaus hinauf. In weniger als achtundvierzig Stunden hatte er ein Haus, ein mögliches Kind und einen neuen Job bekommen sowie eine Wachsende und eine potenzielle Rächerin kennengelernt. Er hatte sich getäuscht. In Västerås war doch etwas los.

D ie Praxis lag sechshundert Meter vom Palmlövska-Gymnasium entfernt in einem dreistöckigen Haus mit Büroräumen im Erdgeschoss und Mietwohnungen in den darüberliegenden Stockwerken. Vanja hatte bis 8:25 Uhr im Polizeipräsidium auf Sebastian gewartet, dann aber die Geduld verloren und entschieden, allein zu Westin zu fahren. Sie war erleichtert. Normalerweise zog sie es vor, bei einer Vernehmung nicht allein zu sein, ganz gleich, wie belanglos die Sache war. Zum einen war es immer besser, die Geschichte aus mehreren Perspektiven zu betrachten, zum anderen besaßen auf diese Weise gleich mehrere Teammitglieder dieselben Informationen. Und man vermied lange Berichte, die Vanja im Lauf der Jahre immer lästiger fand. Mit Sebastian war es anders. Langweilig auf keinen Fall, aber er hatte das Talent, aus allem einen Kampf zu machen. Also hatte sie nicht übertrieben lange auf ihn gewartet.
    «Westin & Lemmel» stand an der Glastür, darunter in kleineren Buchstaben «Dipl.-Psychologen». Vanja ging hinein. Innen herrschte eine freundliche Psychologenatmosphäre, helle Möbel und eine bessere Beleuchtung als in normalen Arztpraxen; kleine, weiße Designerlampen auf dem Couchtisch. Ein gemütliches Sofa im Wartezimmer. Von dort ging eine Glastür ab, hinter der vermutlich die Therapieräume lagen. Sie drückte die Türklinke herunter. Abgeschlossen. Nachdem sie mehrmals energisch angeklopft hatte, kam ein Mann um die vierzig heraus, der sich als Rolf Lemmel vorstellte. Vanja zeigte ihren Dienstausweis und nannte den Grund ihres Besuchs.
    «Peter ist noch nicht da, aber er müsste jeden Moment kommen», sagte Rolf und bat sie, solange Platz zu nehmen. Vanja setzte sich aufs Sofa und blätterte in der gestrigen Ausgabe von
Dagens Nyheter
, die auf dem Tisch lag. Sie war allein im Wartezimmer. Nach einer Weile kam ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen herein. Sie war ein wenig pummelig und hatte frischgewaschene Haare. Vanja nickte ihr freundlich zu.
    «Hast du einen Termin bei Peter Westin?»
    Das Mädchen nickte.
    Gut, dachte Vanja, dann kommt er sicher bald.
     
     
    «Ich muss kurz mit dir reden.» Sebastian wusste sofort, dass etwas vorgefallen war, so gut kannte er Torkel und seinen Tonfall dann doch. Sebastian war ausnahmsweise wieder eingeschlafen, nachdem der Wecker geklingelt hatte, und erst kurz nach neun im Präsidium aufgeschlagen. Aber jetzt ging es wohl kaum um sein Zuspätkommen, sondern um etwas Ernsteres.
    «Klar», sagte Sebastian und schlenderte hinter Torkel her, der einen der drei Verhörräume betrat, die nebeneinander im ersten Stock lagen. Mit einem Wink bedeutete er Sebastian, sich zu beeilen. Es
war
ernst. Eile, Gespräch im Einzelzimmer. Noch dazu in einem schalldichten Einzelzimmer. Das sah nicht gut aus. Sebastian wurde etwas langsamer; wie immer bereitete er sich auf das Schlimmste vor, indem er sich besonders nonchalant gab. Doch das beeindruckte Torkel kein bisschen.
    «Komm schon, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.»
    Torkel schloss die Tür hinter Sebastian und fixierte ihn.
    «An dem Tag, bevor du mit dem Anliegen zu mir kamst, bei uns mitarbeiten zu wollen, hattest du Sex mit Leonard Lundins Mutter. Stimmt das?»
    Sebastian schüttelte den Kopf.
    «Nein, das war am Abend davor.»
    «Hör doch auf! Bist du völlig wahnsinnig geworden? Sie ist die Mutter unseres ehemaligen Hauptverdächtigen.»
    «Und was spielt das für eine Rolle? Leo war doch unschuldig.»
    «Das wusstest du damals aber nicht!»
    Sebastian grinste Torkel an. Selbstsicher, an der Grenze zur Überheblichkeit.
    «Doch. Ich war mir ganz sicher, das weißt du ja.»
    Torkel schüttelte den Kopf und drehte wütend eine Runde in dem kleinen Verhörraum.
    «Es

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