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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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nicht, aber wie schwer konnte es schon sein, einen Raum zu sichern? Vanja schloss mit Lemmels Schlüssel die Tür ab und ging hinaus, um den Psychologen weiter zu befragen. Er hatte sich wieder aufs Sofa gesetzt und telefonierte. Ihm standen die Tränen in den Augen, und seine Stimme klang belegt. Als er Vanja erblickte, versuchte er sich zusammenzureißen.
    «Liebling, ich muss Schluss machen. Die Polizei möchte wieder mit mir sprechen.»
    «Die Spurensicherung ist auf dem Weg. Vorerst darf niemand dieses Zimmer betreten. Darf ich Ihre Schlüssel behalten?»
    Er nickte. Vanja sah sich suchend um.
    «Wo ist denn mein Kollege geblieben?»
    «Er ist gegangen, weil er irgendetwas nachprüfen wollte.» Vanja seufzte und nahm ihr Handy. Dann fiel ihr allerdings ein, dass sie Sebastians Handynummer gar nicht besaß. Sie hätte nie gedacht, dass sie sie einmal brauchen würde.
     
     
    Sebastian betrat die Cafeteria des Palmlövska-Gymnasiums. Als er hier Schüler gewesen war, hatte es im unteren Stockwerk noch keinen gemütlichen, caféähnlichen Raum gegeben. Zu dieser Zeit war es ein Lernraum gewesen, in dem die Schüler ihre Hausaufgaben erledigen konnten. Damals waren die Wände nicht weiß gewesen, mit kleinen eingelassenen Lichtern an der Decke. Auch schwarze Ledersessel mit passenden, niedrigen Tischen aus hellem Holz und kleine Wandlautsprecher, die Loungemusik verbreiteten, existierten in Sebastians Erinnerung nicht. Zu seiner Zeit waren die Wände von Bücherregalen verdeckt gewesen, und für die Schüler hatte es Pultreihen und harte Stühlen gegeben. Sonst nichts.
    In der psychologischen Praxis war Sebastian es irgendwann leid gewesen, immer die zweite Geige zu spielen. Er hatte sich den ganzen Tag redlich bemüht, sich anzupassen, nicht zu weit zu gehen, ein Teamplayer zu sein und all den Mist. Das war nicht besonders schwer, es ging lediglich darum, im Windschatten zu fahren und in den meisten Situationen die Klappe zu halten. Aber es war langweilig, mordsmäßig geisttötend und sterbenslangweilig. Zwar hatte er im Auto ein paar Sticheleien gegenüber Vanja losgelassen, aber das reichte nicht aus. Er führte momentan eine Existenz am Rande des Minimums, und Sebastian Bergman machte sich nicht gern klein.
    Nachdem er eine Weile zugesehen hatte, wie Vanja in dem chaotischen Praxiszimmer äußerst behutsam einige Blätter aufhob, um Ursulas Arbeit nicht allzu sehr zu beeinträchtigen, hatte er beschlossen, das Lager zu wechseln und eine Solorunde zu drehen. Information gab es überall. Irgendjemand wusste immer über irgendwas Bescheid. Man musste nur herausfinden, wen es zu fragen galt.
    Aus diesem Grund sah er sich jetzt in der Cafeteria um. Er erblickte Lisa Hansson, die ein Stück entfernt mit ihren Freundinnen ins Gespräch vertieft saß, sie hatten leere Caffè-Latte-Gläser vor sich. Er ging zu ihr. Sie war nicht gerade glücklich über sein Auftauchen, das sah er ihrem Blick an. Aber sie akzeptierte ihn, und das genügte.
    «Hallo, Lisa. Hast du mal eine Minute?»
    Die anderen Mädchen sahen ihn erstaunt an, aber er wartete die Antwort gar nicht erst ab.
    «Ich brauche bei einer Sache deine Hilfe.»
     
     
    Als Sebastian zweiundzwanzig Minuten später Lemmels und Westins Gemeinschaftspraxis betrat, hatten ihm zwei Zeugen unabhängig voneinander bestätigt, dass Roger Eriksson jeden zweiten Mittwoch um zehn zu Peter Westin gegangen war. Wie in allen menschlichen Gruppen mit großer interner Kontrolle – und es gibt kaum eine Gruppe mit einer größeren internen Kontrolle als Teenager – war es für Roger unmöglich gewesen, sich unbemerkt zu einem Psychologen zu schleichen. Lisa wusste nicht, wen Roger jeden zweiten Mittwoch traf, aber sie kannte die schulischen Hierarchien genau und hatte sich bei der Suche nach jemandem, der es wusste, als sehr hilfreich erwiesen. Ein Mädchen in der zwölften Klasse hatte ihn gesehen, und ein weiteres Mädchen aus Rogers Parallelklasse konnte es bestätigen. Sie waren sich zweimal im Wartezimmer begegnet.
    Vanja telefonierte gerade, als er kam. Sie warf Sebastian einen wütenden Blick zu, als er nonchalant in die Praxis spazierte. Er lächelte sie an. Im Hintergrund verteilte ein Mann von der Spurensicherung gerade Fingerabdruckpulver auf dem Türrahmen zu Westins Zimmer. Sebastians Timing war perfekt. Er wartete, bis Vanja das Gespräch beendet hatte.
    «Und, wie läuft’s? Habt ihr schon Beweise gesichert?»
    «Noch nicht. Wo warst du?»
    «Ich habe ein

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