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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Motel.
    «Laut Johans Aussage sprach Roger viel über Sex. Ein Motel ist der perfekte Ort für solche Treffen.»
    Er ließ seinen Blick in die Runde schweifen.
    «Ja, ich spreche aus eigener Erfahrung.» Er warf Vanja einen vielsagenden Blick zu. «Nicht gerade mit diesem Motel, aber so weit sind wir beide ja auch noch nicht.»
    Vanja sah ihn nur müde an. Die zweite sexuelle Anspielung dieses Tages. Wenn er sich noch eine erlaubte, würde sie zusehen, dass er schneller nach Hause geschickt würde, als er gucken konnte. Doch sie sagte nichts, warum sollte sie ihn auch warnen? Torkel verschränkte die Arme und schaute Sebastian skeptisch an.
    «Klingt das denn nicht ein bisschen zu … fortschrittlich, sich mit sechzehn in einem Motel zu treffen? Verabredet man sich in diesem Alter nicht eher zu Hause?»
    «Vielleicht war das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich.»
    Alle schwiegen. Billy und Vanja blickten genauso skeptisch drein wie Torkel. Sebastian breitete theatralisch die Arme aus.
    «Nun kommt schon. Wir haben einen notgeilen Sechzehnjährigen und ein Motel. Wäre es nicht wenigstens einen Versuch wert, der Sache nachzugehen?»
    Vanja stand auf.
    «Billy.»
    Billy nickte, und sie verließen gemeinsam den Raum.
     
     
    Edins Billig-Motel war in den sechziger Jahren erbaut worden und in einem schlechten und heruntergewirtschafteten Zustand. Das Gebäude war nach amerikanischem Vorbild geschaffen worden und bestand aus zwei länglichen Stockwerken mit Außentreppen, von denen aus jedes Zimmer einen direkten Zugang zum Parkplatz hatte. Im Erdgeschoss befand sich eine kleine Rezeption. An der Fassade verkündete ein leuchtendes Neonschild, dass noch Zimmer frei waren, auf dem überdimensionalen Parkplatz standen nur drei Autos. Billy und Vanja ahnten, dass dieses Haus wohl schon seit Jahren nicht mehr gut besucht war. Wollte man heimlich jemanden treffen, war dies der perfekte Ort.
    Sie gingen durch die geteilte Glastür mit der Aufschrift «Wir akzeptieren keine American Express». Die Rezeption war ziemlich schummerig und bestand aus einem runden, erhöhten Tresen aus dunklem Holz, einem schmutzigen blauen Teppich und zwei Sesseln an einem runden Kaffeetisch. Der Raum wirkte stickig und verraucht, wogegen auch der kleine surrende Tischventilator auf der einen Seite der Rezeption nicht viel ausrichten konnte. Hinter dem Tresen saß eine Frau Mitte fünfzig mit langem, blondiertem Haar. Sie blätterte in einer jener billigen Klatschzeitschriften, die aus so vielen Bildern und so wenig Text wie möglich bestanden. Daneben lag die heutige Ausgabe des
Aftonbladet
. Ein Artikel über den Mord an Roger war aufgeschlagen. Vanja hatte ihn am Vormittag überflogen. Nichts Neues, abgesehen davon, dass der Rektor der Palmlövska sich dazu äußerte, wie aktiv gerade seine Schule Mobbing und Ausgrenzung bekämpfe und wie Roger bei ihnen «ein Zuhause gefunden» habe. Vanja war angesichts dieser Aneinanderreihung von Lügen fast schlecht geworden. Die Frau blickte von ihrer Zeitschrift zu den Neuankömmlingen auf.
    «Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?»
    Billy lächelte sie an.
    «Haben Sie letzten Freitag hier gearbeitet?»
    «Warum?»
    «Wir sind von der Polizei.»
    Billy und Vanja zeigten ihre Dienstausweise. Die Frau nickte beinahe entschuldigend. Vanja holte ein Bild von Roger aus der Jackeninnentasche und legte es vor sie hin, in den Lichtkegel der Lampe.
    «Erkennen Sie ihn wieder?»
    «Ja, aus der Zeitung.» Die Frau klopfte mit der Hand auf das Boulevardblatt. «Sie schreiben ja jeden Tag über ihn.»
    «Aber hier haben Sie ihn noch nie gesehen?»
    «Nein, sollte ich?»
    «Wir glauben, dass er letzten Freitag hier gewesen sein könnte. Um kurz vor zehn.»
    Die Frau hinter dem Tresen schüttelte den Kopf.
    «Aber wir bekommen ja selten alle Gäste zu Gesicht, meistens nur den, der zahlt. Er hätte ja trotzdem mit jemandem ein Zimmer teilen können.»
    «Hat er sich in einem der Zimmer aufgehalten?»
    «Soweit ich weiß nicht. Ich meinte doch nur, dass es so gewesen sein
könnte

    «Wir würden gerne etwas mehr über ihre Gäste an diesem Abend erfahren.»
    Die Frau blickte sie zunächst skeptisch an, ging dann aber die zwei Schritte zu ihrem viel zu alten Computer hinüber. Mindestens acht Jahre alt, registrierte Billy. Vermutlich älter. Ein Relikt von archäologischem Wert. Die Frau begann, auf der vergilbten Tastatur zu tippen.
    «Hier haben wir es, Freitag auf Samstag, insgesamt neun belegte

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