Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
Vom Netzwerk:
zu tun hatte. Am Ende hatten Hanser und der Kreispolizeidirektor ihn jedoch einfach überrannt. Er spürte, dass er härter hätte kämpfen können, aber er war müde und erschöpft und wollte den Fall eigentlich auch nur hinter sich lassen. Er wusste, dass das schlechte Gründe waren, aber so war es nun einmal. Jedenfalls bestimmte nicht er, sondern der Kreispolizeidirektor. Es war nicht das erste Mal, dass er eine solche Situation akzeptieren musste. Daran hatte man sich in einer Organisation wie der Polizei zu gewöhnen. Sonst endete man wie Sebastian und wurde zu einem unerträglichen Sonderling, mit dem niemand mehr zusammenarbeiten wollte.
    In der Hoffnung, dass die Nachrichten endlich vorbei waren, streckte sich Torkel erneut nach der Fernbedienung. Doch noch bevor er den Fernseher wieder eingeschaltet hatte, klopfte es plötzlich zaghaft an der Tür. Er erhob sich und öffnete. Draußen stand Ursula. Auch sie sah müde aus.
    «Hast du was gefunden?»
    Ursula schüttelte den Kopf. «In diesem Auto befinden sich keinerlei Blutproteine, nicht einmal Eiweiß. Sie existieren dort schlichtweg nicht.»
    Torkel nickte. Sie standen sich eine Weile gegenüber. Keiner von ihnen schien zu wissen, was er noch sagen sollte.
    «Dann fahren wir wohl morgen nach Hause?», fragte sie schließlich.
    «Ja, es sieht so aus. Hanser scheint den Fall selbst zu Ende führen zu wollen, und wir sind ihr untergeordnet.»
    Ursula nickte verständnisvoll und wandte sich zum Gehen. Doch Torkel hielt sie auf.
    «Bist du nur gekommen, um mir von dem Auto zu erzählen?»
    «Eigentlich nicht.» Sie sah ihn an. «Aber ich glaube, dabei bleibt es jetzt. Ich weiß ganz einfach nicht, was ich noch sagen soll.»
    «Sebastian ist jedenfalls weg.»
    Ursula nickte.
    «Stattdessen geht alles andere drunter und drüber.»
    «Ich weiß, es tut mir leid.»
    «Aber ich habe so langsam das Gefühl, dass es nicht nur deine Schuld ist.»
    Sie blickte ihn an, ging einen Schritt auf ihn zu und berührte seine Hand.
    «Allerdings hatte ich geglaubt, du würdest mich kennen. Ich habe es wirklich geglaubt.»
    «Ich glaube,
jetzt
kenne ich dich.»
    «Nein, ich muss wohl noch deutlicher werden.»
    Torkel lachte auf.
    «Du warst deutlich genug. Darf man es wagen, dich hereinzubitten?»
    «Du kannst es ja mal versuchen.»
    Sie lächelte ihn an und betrat das Zimmer. Er schloss die Tür hinter ihr ab. Sie hängte ihre Tasche und ihre Jacke über den Stuhl und ging duschen. Torkel zog sein Hemd aus und richtete das Bett. So wollte sie es haben. Erst ging sie unter die Dusche, dann er. Anschließend kroch er zu ihr ins Bett. So verlangten es ihre Routine und ihre Regeln. Nur bei der Arbeit, nie zu Hause. Keine Zukunftspläne. Und, dachte Torkel, ihr gegenüber unerschütterlich loyal zu sein, das musste er für die Zukunft ergänzen.

S ebastian konnte nicht einschlafen. Zu viel schwirrte ihm im Kopf herum, zu viel war passiert. Erst dachte er, es läge an der Adresse in Stockholm, die in seinen Gedanken herumgeisterte und ihn daran hinderte, einen Gang runterzuschalten. Durchaus verständlich, wie sollte er auch einschlafen können, wenn eine so unfassbare Möglichkeit und zugleich ein solches Risiko unmittelbar vor ihm lagen? Doch es war nicht nur die Adresse. Da waren auch noch andere Dinge als die möglichen Konsequenzen eines Briefes aus der Vergangenheit. Ein anderes Bild. Viel aktueller, viel deutlicher. Das Bild eines jungen Menschen, der auf einem Fußballplatz seinem Tod entgegenging. Ein Junge, der für ihn nicht greifbar war, und diesen Eindruck hatte er die ganze Zeit über gehabt. Er spürte, dass hier der entscheidende Fehler lag. Er und die anderen hatten zu schnell begonnen, sich anstelle des Zentrums auf die Peripherie zu konzentrieren: Axel Johansson, Ragnar Groth, Frank Clevén. Logischerweise, denn schließlich suchten sie einen Täter.
    Aber dabei hatten sie das Opfer aus dem Blick verloren. Roger Eriksson, der Junge im Zentrum der Tragödie, blieb ein Mysterium.
    Sebastian stand auf und ging in die Küche. Im Kühlschrank lagen noch immer einige Flaschen Mineralwasser von der Tankstelle. Er öffnete eine davon und setzte sich an den Küchentisch. Dann holte er seine Tasche, kramte Papier, Stift und das Material zum Fall hervor, das er noch immer besaß. Dokumente und Mappen, die er sicherlich hätte abgeben müssen. Er hatte vergessen, dass sie noch in seinem Besitz waren, und er war einfach nicht der Typ, der zurückging, um ein paar Kopien

Weitere Kostenlose Bücher