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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Stadt, ehe er in das Auto stieg. An Zeit hatte es ihm also nicht gemangelt. Die wahrscheinlichste Alternative war, dass sein Anliegen Johan gegenüber nicht so wichtig gewesen war. Vielleicht hatte es genügt, eine Nachricht zu hinterlassen. Vielleicht.
    Sebastian holte sich eine weitere Wasserflasche aus dem Kühlschrank. Hatte er etwas vergessen? Sicherlich eine ganze Menge. Langsam wurde er müde, und er war frustriert darüber, wie schwer greifbar Roger war. Irgendetwas hatte er übersehen. Er begann die Schulpapiere, das Schuljahrbuch und seine letzten Zeugnisse durchzublättern. Fand nichts, abgesehen davon, dass Roger in der Schule besser geworden war. Besonders in Beatrices Fächern. Offenbar war sie eine gute Lehrerin.
    Sebastian stand auf und spürte, dass er ein bisschen frische Luft brauchte, um einen klaren Kopf zu bekommen. Er wusste, wie Denkprozesse bei ihm abliefen. Manchmal dauerte es eine Weile, bis ihm der bestimmte Gedanke kam, der Puzzleteile an den richtigen Platz setzte. Manchmal kam er gar nicht. Wie bei den meisten Prozessen gab es keine Garantie.
     
     
    Der Makler kam gegen halb neun. In der Zwischenzeit hatte Sebastian lustlos seine Tasche gepackt und einen weiteren Spaziergang gemacht. Immer noch nichts. Seine Gedanken hatten sich in den gleichen eingefahrenen Bahnen im Kreis gedreht. Vielleicht war Rogers Geheimnis schlicht undurchdringbar. Jedenfalls mit dem ihm zugänglichen Material. Der Makler fuhr einen großen, glänzenden Mercedes, hatte ein breites, übertrieben fröhliches Lächeln und trug ein perfekt sitzendes, elegantes Sakko. Sebastian hasste ihn auf der Stelle. Nicht einmal die ausgestreckte Hand nahm er.
    «Sie wollen also verkaufen?»
    «Ich will so schnell wie möglich von hier weg. Geben Sie mir einfach den Vertrag, dann unterschreibe ich. Das sagte ich doch bereits am Telefon, oder?»
    «Ja, aber vielleicht sollten wir die Vereinbarung wenigstens durchgehen?»
    «Das ist nicht nötig. Sie bekommen doch einen prozentualen Anteil der Verkaufssumme, nicht wahr?»
    «Ja?»
    «Und je höher sie ausfällt, desto mehr bekommen Sie?»
    «Genau.»
    «Also gibt es genügend Anreize für Sie, so teuer zu verkaufen, wie es nur geht. Das reicht mir.»
    Sebastian nickte dem Makler zu und nahm seinen Stift, um auf der gestrichelten Linie zu unterschreiben. Der Makler betrachtete ihn ein wenig skeptisch.
    «Ich sollte mir das Haus allerdings erst ein wenig ansehen.»
    «Dann rufe ich jemand anders an. Soll ich jetzt unterschreiben oder nicht?»
    Der Makler zögerte.
    «Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, unser Büro auszuwählen?»
    «Sie waren der Erste im Telefonbuch mit einem Anrufbeantworter, auf dem man eine Nachricht hinterlassen konnte. Alles klar? Wenn ich jetzt bitte unterschreiben dürfte.»
    Der Makler lachte selbstzufrieden.
    «Freut mich, dass Sie das sagen! Wissen Sie, diese Anrufbeantworter, auf denen einfach nur die Öffnungszeiten heruntergerasselt werden und der Kunde gebeten wird, zu einem späteren Zeitpunkt anzurufen, werden immer üblicher. Aber ich habe mir zusammengereimt, dass man dann lieber woanders anruft. Raffiniert, oder?»
    Sebastian vermutete, dass die Frage rein rhetorischer Natur war. Jedenfalls hatte er keine Absichten, die Theorie des Maklers zu bestätigen, indem er ihm erzählte, dass es in seinem Fall tatsächlich genau so gewesen war.
    «Ich meine, es ist doch unglaublich wichtig, dass man für den Kunden erreichbar ist. Mit der Mappe erhalten Sie auch gleich meine Handynummer», fuhr der Makler fort, ohne die Antwort abzuwarten, die sowieso ausbleiben würde. «Und Sie können mich einfach anrufen, wenn Sie noch Fragen haben, an Wochenenden, Abenden, jederzeit – das ist meine Arbeitsauffassung.»
    Und wie um zu demonstrieren, dass er allzeit erreichbar war, klingelte das Handy des Maklers, bevor er weitersprechen konnte. Sebastian warf einen müden Blick auf den Mann, von dem er in diesem Moment wünschte, ihn nie angerufen zu haben.
    «Hallo, Liebling, ja, du störst ein wenig … aber ja.» Der Makler entfernte sich einige Schritte, um etwas privater reden zu können.
    «Liebling, du schaffst das. Ich verspreche es. Ich muss jetzt Schluss machen. Küsschen.»
    Der Makler drückte das Gespräch weg und wandte sich mit einem entschuldigenden Lächeln Sebastian zu.
    «Verzeihung, das war meine Freundin, sie hat heute ein Vorstellungsgespräch, und sie ist vorher immer furchtbar nervös.»
    Sebastian starrte den Mann an, der vor ihm stand

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