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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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erwähnt hatte, kannte sie seine Besuchsfrequenz im Elternhaus vermutlich ganz genau. Sebastian richtete sich auf.
    «Ich war nie hier.»
    «Warum nicht?»
    Sebastian ertappte sich selbst bei der Überlegung, welchen Grund für seine totale Abwesenheit seine Mutter wohl genannt hatte. Die Frage war, ob sie sich je eingestanden hatte, weshalb sie keinerlei Kontakt hatten.
    «Wir konnten einander nicht ausstehen.»
    «Warum nicht?»
    «Meine Eltern waren Idioten. Leider.»
    Clara betrachtete ihn und entschied, der Frage nicht weiter nachzugehen. Natürlich hatten die Bergmans nicht gerade den humorvollsten Eindruck gemacht. Aber sie fand, dass seine Mutter nach dem Tod des Vaters vor einigen Jahren aufgelebt war. Man sich leichter mit ihr hatte unterhalten können. Ein paarmal hatten sie sogar miteinander Kaffee getrunken, und sie war aufrichtig betroffen gewesen, als sie erfahren hatte, dass Esther nicht mehr lange zu leben hatte.
    Es klingelte an der Tür, und kurz darauf wurde die Haustür geöffnet. Torkel rief aus dem Flur ein Hallo herein und stand im nächsten Moment schon vor ihnen. Er wandte sich direkt an Clara.
    «Wir sind jetzt fertig, Sie können wieder rüberkommen. Falls wir Ihnen Umstände bereitet haben, tut es mir leid.»
    In Torkels Stimme lag jedoch keine echte Anteilnahme. Er war korrekt wie immer. Sebastian schüttelte kaum merklich den Kopf. Umstände. Diese Phrase hatte er wohl aus einem Verhaltenskodex für das Auftreten von Polizisten gegenüber der Bevölkerung aus dem Jahr 1950. Natürlich hatte er Clara Umstände bereitet. Er hatte ihren Sohn verhaftet und ihr Zuhause auf den Kopf gestellt. Clara schien jedoch nicht darauf zu reagieren. Sie stand auf und wandte sich beinahe demonstrativ Sebastian zu.
    «Vielen Dank für das Essen. Und für die Gesellschaft.» Dann verließ sie die Küche, ohne Torkel auch nur anzusehen.
    Nachdem die Haustür hinter Clara ins Schloss gefallen war, trat Torkel einen Schritt in die Küche. Sebastian stand noch immer gegen die Spüle gelehnt.
    «Wie ich sehe, hast du dich keinen Deut geändert. Der Ritter der Frauen, in glänzender Rüstung.»
    «Sie hat vor der Tür gestanden und gefroren.»
    «Ein Papa Lundin würde aber garantiert immer noch vor der Tür stehen. Darf ich?»
    Torkel zeigte auf die Kaffeemaschine. In der Kanne auf der Wärmeplatte war noch ein Rest.
    «Natürlich.»
    «Tassen?»
    Sebastian deutete auf den Küchenschrank, und Torkel nahm eine Iittala-Tasse mit rotem Rand heraus.
    «Es ist schön, dich zu sehen. Viel zu lange her.»
    Sebastian fürchtete, dass dies eine Einleitung war, die doch noch damit enden könnte, dass Torkel eine Verabredung oder ein gemeinsames Bier vorschlug.
    «Lange her ist es wirklich», antwortete er ausweichend.
    «Was machst du denn so zurzeit?»
    Torkel goss den letzten Rest Kaffee aus der Kanne und stellte die Maschine aus.
    «Ich lebe von Tantiemen und von der Lebensversicherung meiner Frau. Und jetzt, wo meine Mutter gestorben ist, kann ich dieses Haus verkaufen und auch davon eine Zeitlang leben. Aber um deine Frage zu beantworten: nichts. Zurzeit mache ich nichts.»
    Torkel hatte innegehalten. Viel Information auf einmal und nicht der allgemeingültige Alles-wie-immer-Bericht, den er vermutlich erwartet hatte, dachte Sebastian. Aber vielleicht würde Sebastians völliges Desinteresse in Kombination mit Todesfällen in der Familie Torkel davon abhalten, an alte Zeiten anknüpfen zu wollen. Sebastian betrachtete seinen ehemaligen Kollegen und bemerkte einen Zug aufrichtiger Betroffenheit in dessen Augen. Das war eine von Torkels guten Eigenschaften, die Empathie. Korrekt, aber mitfühlend. Trotz allem, was er bei seiner Arbeit gesehen hatte.
    «Die Versicherung deiner Frau …» Torkel nahm einen Schluck Kaffee. «Ich wusste nicht einmal, dass du geheiratet hast.»
    «Doch doch, Ehemann und Witwer. In zwölf Jahren kann eine Menge passieren.»
    «Das tut mir leid.»
    «Danke.»
    Es wurde still. Torkel nippte an seinem Kaffee und tat so, als sei er viel wärmer, als es tatsächlich der Fall war, damit er das stockende Gespräch nicht wieder in Gang bringen musste. Sebastian sprang ein und rettete ihn. Offenbar suchte Torkel den Kontakt und seine Gesellschaft. Aus irgendeinem Grund. Und fünf weitere Minuten geheuchelten Interesses konnte Sebastian nach zwölf Jahren schon einmal aufbringen.
    «Und du? Wie geht es dir?»
    «Ich bin wieder geschieden. Seit etwas mehr als drei Jahren.»
    «Das tut mir

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