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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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California kooperierte, und erkannte, wie sehr sein Verhalten der Triebhaftigkeit eines Serienmörders glich. Natürlich mit ganz anderen Folgen – als pokerte er selbst um Streichhölzer, der Serienmörder dagegen um Goldbarren. Aber die Ursache war dieselbe. Eine schwierige Kindheit mit Mangel an Empathie und Liebe, ein niedriges Selbstwertgefühl und ein Bedürfnis danach, Stärke zu beweisen. Und dann dieser ewige Angstkreislauf von Phantasie und Durchführung, der sich immer weiter drehte. Das Individuum sucht Bestätigung und phantasiert von Kontrolle, er in seinem Fall von sexueller, der Serienmörder von der Kontrolle über Leben und Tod eines anderen Menschen. Die Phantasie wird schließlich so übermächtig, dass man nicht mehr widerstehen kann, sie auszuleben. Anschließend folgt die Angst vor dem, was man getan hat. Die Bestätigung war eigentlich nichts wert. Man ist ein schlechter Mensch. Mit den Zweifeln kehren die Phantasien zurück, sie lindern die Angst. Die Phantasien, die bald wieder so mächtig werden, dass erneut das Bedürfnis entsteht, sie auszuleben. Und immer so weiter.
    Diese Einsicht hatte Sebastian erschreckt, ihn aber auch für seine Arbeit gerüstet, die darin bestand, die Polizei bei der Suche nach Serienmördern zu unterstützen. Er erreichte mit seinen Analysen mehr als andere, war detaillierter in seinen Täterprofilen. Als besäße er das gewisse Extra, das ihn besser dafür eignete, die Psychologie des Täters zu verstehen. Und so war es ja auch. Tief drinnen, hinter der akademischen Fassade, dem großen Wissen und den intelligenten Kommentaren, glich er jenen, die er jagte.
    Arthur rief eine Stunde später zurück. In der Zwischenzeit hatte Sebastian bereits die Auskunft angerufen und erfahren, dass es in Schweden so viele Anna Erikssons gab, dass der Computer lediglich den Hinweis «zu viele Treffer» ausspuckte. Daraufhin beschränkte er die Suche auf Stockholm und bekam die Trefferzahl vierhundertdreiundsechzig genannt, dabei wusste er nicht einmal, ob sie überhaupt noch in Stockholm lebte. Oder ob sie geheiratet und einen anderen Namen angenommen hatte.
    Arthur hatte sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. Die schlechte war, dass im Jahr 1979 keine Anna Eriksson am psychologischen Institut eingeschrieben gewesen war. 1980 hatte eine Studentin mit diesem Namen das Studium angetreten, aber das konnte sie ja nicht sein.
    Die gute Nachricht war, dass es ihm gelungen war, Zugang zu Ladok zu erhalten.
    Natürlich, warum hatte Sebastian nicht selbst daran gedacht? Das Dokumentationssystem aller Studienergebnisse war nur wenige Jahre alt gewesen, als er sein Studium abschloss. Adressen, Namensänderungen und Ähnliches wurden automatisch mit Angaben aus dem Einwohnermeldeamt abgeglichen. Und das Beste daran: Die Informationen waren öffentlich. Zwar wurden sie eigentlich nicht telefonisch weitergegeben, aber einer der Personalverwaltungsangestellten der Uni hatte an jenem frühen Morgen eine Ausnahme für den alten Institutsleiter gemacht. Nun besaß er Adresse und Telefonnummer von drei Anna Erikssons, die in der betreffenden Zeit eingeschrieben waren.
    Sebastian konnte Arthur nicht genug danken. Mit dem Versprechen, ihn in eines der besten Restaurants in Stockholm einzuladen, sobald er wieder in der Stadt wäre, legte er auf. Sein Herz pochte. Drei Anna Erikssons.
    Ob eine von ihnen die Richtige war?
    Die erste Anna dieser kurzen Liste war zum aktuellen Zeitpunkt einundvierzig gewesen, sodass Sebastian sie schnell strich. Natürlich hätte auch sie schwanger werden können, aber Frauen, die fast seine Mutter sein könnten, waren noch nie sein Ding gewesen. Jedenfalls damals nicht. Später, heute, spielte das Alter eine geringere Rolle.
    Blieben noch zwei. Zwei mögliche Anna Erikssons. Sebastian hatte lange nicht mehr eine solche Mischung aus Energie, Furcht und Erwartung gespürt wie in dem Augenblick, als er den Hörer hob und die erste von ihnen anrief. Sie wohnte in Hässleholm und hatte Filmwissenschaften studiert. Sie war gerade auf dem Weg zur Arbeit, als er anrief. Sebastian entschied, mit entwaffnender Ehrlichkeit vorzugehen und erzählte die komplette Geschichte über die Briefe, die er am Morgen gefunden hatte. Sie war ein wenig überrumpelt von dem ziemlich unerwarteten und privaten Gespräch am frühen Morgen, erklärte dann aber freundlich, sie habe keine Ahnung, wer er sei, und definitiv kein Kind von ihm. Sie habe zwar Kinder, aber die seien 1984 und 1987

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