Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
eingeschlafen, auf der Bank zur Seite gesunken und in den feuchten Sachen ausgekühlt. Ein Mann mit klackenden Cowboysti efeln und Westernhut ging auf einen wild mit Airbrush verzierten Truck zu. Ich beeilte mich, ihn zu erwischen, bevor er einstieg.
„Entschuldigung, fahren Sie...“
Ich konnte nicht weiterreden, mir schlugen die Zähne aufeinander. Die Kälte hatte mich derart verkrampft, dass ich machtlos war.
„Da wirst du Pech haben, Kumpel, die meisten von uns fliegen raus, wenn sie Anhalter mitne hmen.“
Er sah mich mitleidig an.
„Wohin willste denn?“
„Stutt... Richtung Stuttgart wäre gut.“
„Ich tät dich mitnehmen, aber muss leider hoch nach Berlin. Wart mal nen Moment...“
Er warf seine Bierdosen auf den Fahrersitz und ging breitbe inig den Cowboy markierend zurück zum Tankstellen-Shop. Nach ein paar Minuten kam er mit zwei anderen Truckern zurück. Er zeigte auf den einen von ihnen, einen kleinen hageren Mann mit Hufeisenbart und Zigarettenschachteln in beiden Hemdtaschen.
„Das ist Harry, der tät dich mitnehmen Richtung Freiburg, wenn dir das was bringt.“
„Danke“, antwortete ich zitternd, „das hilft mir sehr.“
Er gab mir die Hand und grinste.
„Und der da ist Klamotte. Der heißt so, weil er Altkleidersäcke transportiert. Von dem kannste was Trockenes zum Anziehen haben.“
„Das wäre toll, danke.“
Ich reichte auch ihm die Hand. Der Mann war rundlich und hatte eine Selbstgedrehte im Mundwinkel. Die ganze Zeit hatte er mich streng angestarrt, aber jetzt legte mir den Arm um die Schultern und dirigierte mich zu seinem Laster mit den Altkleidersäcken.
„Darf ich eigentlich nicht“, sagte er, während er die Ladefl äche erklomm, „aber scheiß drauf. Ist doch egal, welcher arme Hund was davon kriegt, oder?“
Er warf mir ein T-Shirt und eine abgewetzte Jeansjacke mit Kuns tpelzfutter zu.
„Die Hosen sind irgendwo ganz unten, wart mal...“
Vom Schatten des Lasters vor den Lichtern des Parkplatzes geschützt zog ich mich um. Meinen verdreckten Anzug steckte ich in den nächsten Papierkorb.
„Schuhe hab ich leider nicht, musst deine Gal oschen behalten“, sagte er, während er die Säcke wieder zuband.
„Macht nichts, das geht schon, bis ich zu Hause bin.“
„Du hastn Zuhause?“, fragte er vom Laster herunter und sah mich zweifelnd und mitleidig an. Ich nickte entschieden, aber fand den Gedanken selbst befremdlich.
Ich verabschiedete mich von Klamotte und dem Trucker mit dem W esternhut, der ihn mir vorgestellt hatte. Harry führte mich zu seinem Bierlaster.
„Bin mein eigener Boss, deshalb nehm ich immer mal jemand mit. Hatte noch nie Pech dabei.“
Er warf seine glimmende Kippe auf den Parkplatz, bevor er seine Tür zuschlug, steckte sich gleich die nächste Zigarette an, startete den Motor und schob eine Kassette mit deutschen Schlagern ein. Ohne mich anzuschauen fragte er:
„Du schaust zwar aus wie frisch ausm Bahnhofsklo, aber kommst mir nicht wien Berufspenner vor. Was bistn du für einer? Hoffen tlich kein Knacki...“
„Nein. Ich hatte nur Pech.“
„Berufsunfall?“
„Was?“
„Das mit deinem Arm. Müsstest doch eigentlich Stütze für kriegen.“
„Keine Ahnung. Das ist alles erst passiert, und ich weiß noch gar nicht, wie es jetzt weitergeht.“
„Ich tät mal aufs Sozialamt gehen an deiner Stelle. Muss doch heutzutage keiner im Wald campieren. Außer, du willst das so.“
„Nein, bestimmt nicht.“
Harry zog seinen Laster von der Einfädelspur hinter einem Sattelschlepper herum in einem Zug auf die Überholspur. Hinter ihm musste ein Mercedesfahrer stark abbremsen und beschwerte sich mit fünf langen Huptönen.
„Arschloch!“, brüllte Harry mit einem bösen Blick in den Rückspi egel. „Aber wehe, das Bier geht ihm aus!“
So zügig wie eine Schnecke an der anderen zog er an seinem Koll egen vorbei und blockierte, da der Mercedesfahrer dicht auffuhr und mit der Lichthupe drängelte, absichtlich noch ein bisschen länger als nötig die Überholspur.
„So ein Arschloch“, murmelte er noch einmal, als er endlich den Weg frei gemacht hatte und die Schlange des Rückstaus an ihm vo rbeizog.
„Also los, ich hab dich nicht mitgenommen, dass du n warmen Platz zum Pennen hast. Ich will deine Story hören.“
„Meine Story glaubst du sowieso nicht“, wollte ich ihn abwimmeln. Er warf mir einen mindestens ebenso grimmigen Blick zu wie vorher dem Mercedesfahrer.
„Entweder, du erzählst, oder am nächsten
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