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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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nicht weiter, dachte ich. Das Auto orgelte und sprang an.
    „Was ist denn?!“, zischte Rogalla mir zu. Er legte den Gang ein.
    „Wir können doch nicht...“
    „Ist nur geborgt, Kumpel.“
    Seine Stimme klang auf einmal wieder freundlich, vertrauenerweckend.
    „Sobald wir dein Geld wiederhaben, zahlen wir es dem Besitzer mit Zinsen zurück.“
    „Wir wissen doch gar nicht...“
    „Na komm schon!“
    Er hatte recht. Es war mein Geld, hinter dem wir her waren, und wenn wir es wieder hatten, konnten wir den Besitzer entschädigen. Wir waren keine Verbrecher – Verbrecher entschädigten ihre Opfer nicht. Ich stieg ein, zog die Tür hinter mir zu. Und das war auch das Gefühl dieses Augenblicks: Ich zog eine Tür hinter mir zu. Für immer.
    Rogalla stieß zurück, kurbelte das Auto aus der Parklücke und r aste los. Der Mercedes war zwei Ecken weiter nach links abgebogen. Als wir dort ankamen, war kein Auto zu sehen. Der Zweck heiligt die Mittel, sagte ich mir selbst vor, um mich gegen die Panik zu wappnen: die Panik, den Boden zu verlieren, der mein Leben getragen hatte, auf dem ich mich selbst in Kasachstan noch bewegt hatte, sogar aus dem Frankfurter Flughafen heraus war ich darauf gerannt.
    Aber der Zweck heiligte wirklich die Mittel. Immerhin ve rhinderten wir vielleicht künftige Verbrechen, indem wir Honkes nicht so einfach gewähren ließen, indem wir ihn nicht davonfahren ließen und aus den Augen verloren.
    „Scheiße, scheiße und noch mal scheiße!“, fluchte Rogalla. Er schlug die Hände gegen das Lenkrad, dass es dröhnte. Wenn der B esitzer das wüsste, dachte ich. Er entschied sich, weiter geradeaus zu fahren.
    „Ich hab keine Ahnung, wo dieses Arschloch hinwill.“
    „Ist er zu jemandem eingestiegen, oder...“
    „Weiß nicht, ich hab nur das Auto wegfahren sehen.“
    „Okay, lass uns methodisch denken.“
    „Was für eine Scheiß-Methodik soll das sein, wenn es hier zig Mö glichkeiten zum Abbiegen gibt, aber wir keine Ahnung haben, in welche Richtung er will!“
    „Ich denke, er will eine längere Strecke fahren.“
    „Wieso?“
    „Im Zentrum von großen Städten ist man zu Fuß oder mit der U-Bahn am schnellsten. Er ist vorhin zu Fuß aus Richtung Nikola iviertel gekommen.“
    „Okay, nehmen wir mal an, das stimmt...“
    „Gibt es in der Nähe eine Autobahn?“
    „Ich hab gerade ein Schild gesehen.“
    „Welche Richtung?“
    „Richtung passt.“
    „Ich wüsste nicht, was wir sonst tun sollten.“
    „Also gut, einen Versuch ist es wert.“
    Hinter einer Ampelkreuzung kam das nächste blaue Hinweisschild mit Autobahnsymbol, und zwei Straßen weiter kam die Auffahrt.
    „Welche Richtung, welche Richtung, verdammt!“
    „Stadtauswärts.“
    „Na gut.“
    Er fuhr auf die Autobahn auf, beschleunigte, dass der Motor heulte, und raste mit allem, was das Auto hergab, durch den nicht gerade spärlichen Feierabendverkehr. Durch das offene Fahrerfenster brauste der Fahrtwind herein, und wir mussten fast schreien, um uns zu verständigen.
    „Da vorne, ein blauer Mercedes.“
    „Das ist er!“, jubelte Rogalla und schlug mir fest auf den Oberschenkel. „Super gemacht, Junge. Alles wieder verziehen.“
    Ich warf ihm einen Blick von der Seite zu.
    „Ich wüsste nicht, was du mir zu verzeihen hättest. Hast du übrigens schon öfter Autos geklaut?“
    „Nein.“
    Ich sah ihn forschend an.
    „Nicht, wenn es nicht absolut nötig gewesen wäre“, korrigie rte er sich und blieb ernst dabei. „Hey, verwechsle mich nicht mit dem, was du Gangster nennst, klar. Sonst kannst du dich gleich selbst so nennen.“
    „Ja, dank dir!“
    „Und vorher, hä? Meinst du vielleicht, das war so astrein, mich auf Honkes anzusetzen, statt zur Polizei zu gehen? Die Grenzen sind fließend, Mann. Es kommt drauf an, dass du deinen eigenen Werten treu bleibst.“
    „Na klasse, mit dieser Regel kann sich auch Honkes als im Gru nde anständiger Kerl fühlen.“
    „Die Grenzen sind fließend, mehr kann ich dazu nicht sagen. Er scheint abbiegen zu wollen.“
    „Fahr lieber nicht so dicht auf.“
    „Hey, Verfolgungsjagden sind mein Spezialgebiet, klar Wa tson.“
    „Du kannst mich mal.“
    Die Ausfahrt mündete auf eine breite, unmarkierte, gerade Straße, die nach links in Richtung einiger Häuser führte, nach rechts in den Wald. Der blaue Mercedes und ein grüner Golf Turbo Diesel vor ihm bogen nach rechts ab. Zwischen dem Mercedes und uns waren zwei andere Autos, die nach links fuhren. Rogalla folgte

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