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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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schwitzen. Zugleich fröstelte es mich, und ich musste mehrmals niesen. Durch die Zugluft im Auto hatte ich mir offenbar einen Schnupfen eingefangen. Der angeklebte Bart juckte.
    Ich begann, einen neuen Schutzwall an Hoffnungen um mich herum zu errichten: Selbst wenn wir auf dem Radarfallenfoto gut zu e rkennen sein sollten, dann können sie nur Rogalla identifizieren, mich nicht. Nur, weil ich mit ihm in diesem Camper kontrolliert worden bin, muss ich doch nicht auch mit ihm Auto klauen gegangen sein.
    Oder konnte die Polizei daraus doch eine zwingende Beweisführung a bleiten? Würde ich es wirklich bringen, mich auf Kosten von Rogalla herauszulügen? Waren wir Kumpels, Freunde sogar, oder eine Zweckgemeinschaft, für die als Regel galt: Jeder ist sich selbst der nächste? Würde er mich verraten, wenn es hart auf hart käme?
    Rogalla blieb abrupt stehen, kehrte um, machte zwei Sätze auf mich zu, packte mich von vorne an beiden Oberarmen und drän gte mich rückwärts vom Weg. Er riss mich zu Boden, zerrte mich hinter ein Gebüsch, und noch ehe ich recht begriffen hatte, was das sollte, knirschte vor uns der blaue Mercedes den Kiesweg entlang. Honkes saß am Steuer und starrte stur geradeaus.
    „Das war verflucht knapp“, flüsterte Rogalla. „Ich hab ihn nicht mal gehört, sondern was Blaues gesehen und mich gleich wegg educkt.“
    „Und was jetzt?“
    „Es wird ganz heiß, Mann. An der Schranke kann man nicht vorbeifahren, ich hab mir das angeschaut. Das heißt, Honki hat einen Schlüssel, und das heißt wiederum, dieser Weg und was am Ende kommt, ist von einiger Wichtigkeit für ihn. Es könnte sogar das Versteck sein.“
    „Ich kann nicht glauben, dass es so einfach sein soll, das Geld zu holen.“
    „Bloß weil man meint, etwas ist schwierig, muss es nicht auch schwierig sein. Ich denke, wir können jetzt weiter.“
    Er stand auf, lugte um den Stamm herum und half mir dann hochz ukommen. Wir setzten unseren Weg fort, und schon wenige hundert Meter weiter standen wir vor dem Krater des Steinbruches. In der Tiefe der Felsabbruchkanten hatte sich ein grünblauer, unergründlich dunkler See gebildet. Rechts von uns, vielleicht 50 Meter von der Kante des Kraters entfernt, erhob sich ein mit hellgrauem Wellblech verkleidetes, fensterloses Gebäude. Ein Förderband stieg von einer Art Trichter steil auf zur Oberkante des Gebäudes. Unmittelbar hinter dem Trichter erhob sich auf einer schmalen Stahlverstrebung eine Aussichtsplattform auf mindestens zehn Meter Höhe. Ringsum standen einige niedrigere Häuser, Büroräume und Kantine vermutlich, ein Schuppen und am höchsten Punkt des Kraterrandes ein Bunker mit Sehschlitz.
    „Hier muss es früher ganz schön gerattert und geknattert und i mmer mal kräftig gedonnert haben. Hat man wahrscheinlich bis zur Straße gehört.“
    „Wie kommst du drauf, dass hier kein Betrieb mehr ist? Es sieht doch alles noch tadellos aus.“
    Er grinste mich an wie einen, der auf dem Schlauch steht.
    „Also erstens ist heute Dienstag, und ich sehe weit und breit keinen arbeiten. Und zweitens ist der Steinbruch abgesoffen. S olange abgebaut wird, pumpen sie gewöhnlich das Grundwasser ab.“
    „Na gut, aber vielleicht wird ja irgendwann mal wieder abg ebaut. An der Stelle von Honkes würde ich es nicht riskieren, ausgerechnet hier Geld zu verstecken, wo es in die Luft gesprengt oder zermahlen werden könnte.“
    „Also ich sehe das so: Die haben hier abgebaut bis zur Wende, und danach wurde der Betrieb unrentabel. Vielleicht haben sie s ogar noch investiert, die Verkleidung am Schotterwerk sieht aus wie neu. Aber dann mussten sie dichtmachen, und das Ding stand zum Verkauf. Honki hört davon, erkennt es als ideales Geldversteck, sofern man eine schöne neue Schranke mit Vorhängeschloss und ein paar Warnschilder aufstellt.“
    „Du meinst, das alles gehört ihm?“
    „Womöglich gekauft von deinem Geld. Ja, klar. Woher sollte er sonst einen Schlüssel für die Schranke haben?“
    „Und wo, meinst du, ist das Geld?“
    Wieder ein mitleidiger Blick.
    „Wenn ich das wüsste, würde ich hier nicht herumstehen.“
    „Vielleicht in einem der Gebäude?“
    „Da hilft nur suchen.“
    Ich riss mir den Bart ab, nahm die Schiffermütze vom Kopf und zog die Jacke aus. Meine Oberlippe fühlte sich eklig verklebt an. Wir suchten zuerst die offenstehenden Gebäude ab, immer Mann an Mann, so als hätte jeder Angst davor, den anderen das Geld zuerst finden zu lassen und ihn türmen zu

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