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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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nächste Auto ihm Platz machten. Neben uns quälte sich Stoßstange an Stoßstange der Gegenverkehr vorbei. Es wurde ein endloses Gekurbel und Vor- und Zurückstoßen, bis wir endlich wenden, uns hinter der Schlange des Gegenverkehrs einreihen und zurückfahren konnten. Rogalla fluchte ununterbrochen vor sich hin.
    „Hey, Verfolgungsjagden sind mein Spezialgebiet, klar Wa tson“, äffte ich ihn nach. „Instinkt, Kumpel, lass mich nur machen.“
    „Schon gut. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie er gefahren sein könnte. Eigentlich hätte ich gleich drauf ko mmen können.“
    „Ach ja? Wir sind an zig Dutzend Waldwegen vorbeigefahren. We lcher ist es denn?“
    „Waldwege scheiden aus, du hörst nicht richtig zu. Aber ein au fgelassener Steinbruch wäre ein klasse Versteck, kapierst du.“
    „Nein. Da war doch eine Schranke.“
    „Schranken kann man öffnen.“
    Rogalla blinkte und zog mit Tempo 100 an drei Autos auf ei nmal vorbei. Es kam ein Bus im Gegenverkehr, dann war frei, und er scherte eben wieder nach links aus und beschleunigte, da blitzte es neben uns, und im selben Moment sah ich auch die Radarfalle. Das dreibeinige Gerät stand ganz offen am Straßenrand, aber wir waren so mit unserem Ärger darüber beschäftigt gewesen, Honkes verloren zu haben, dass wir nicht darauf geachtet hatten.
    „Das hat uns noch gefehlt“, bemerkte Rogalla erstaunlich gefasst und beendete sein Überholm anöver. „Ich kann nur hoffen, dass die Karre noch nicht als gestohlen gemeldet ist.“
    „Na, du bist gut. Und wenn doch?“
    „Dann könnte es eng werden.“
    Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Wegen einer roten Ampel ze rtrümmerte er beinahe das Lenkrad, aber die Aussicht, als Autodieb eingesperrt zu werden, entlockte ihm nicht mal den leisesten Fluch. Wieder setzte er zum Überholen an, zog an den letzten beiden Autos der Kolonne vorbei und drückte so richtig aufs Gas.
    Ich fühlte mich aller Energie beraubt, neigte den Kopf nach rechts und ließ teilnahmslos die braunschwarzen, schuppigen Ki efernstämme vorüberziehen. Ein paar Minuten fuhren wir schweigend dahin, dann bremste Rogalla ab.
    „Da ist es.“
    Er bog nach links auf den Kiesweg und hielt vor der Schranke. Erst jetzt sah ich das Schild: Vorsichtig, Sprengarbeiten, Betreten verboten – Lebensgefahr!
    Rogalla beugte sich zu mir herüber.
    „Denk jetzt bloß nicht ans Aufgeben, Mann. Wir sind erst dann am Ende, wenn wir tot oder eingesperrt sind, klar.“
    Er stieg aus und machte sich an der Schranke zu schaffen, wä hrend ich teilnahmslos sitzen blieb. Hinter mir zog fast geschlossen die Fahrzeugkolonne vorbei, die wir überholt hatten. Ich wünschte mir, einer von denen zu sein, die nicht in die Radarfalle getappt waren, und die, selbst wenn, sich über nichts anderes hätten Gedanken machen müssen als die Höhe des Strafzettels.
    Rogalla stieg wieder ein, stieß zurück, wendete und fuhr in Ric htung Dorf.
    „Das Ding ist mit einem Mordstrumm Vorhängeschloss gesichert. Aber ein paar Meter weiter ist ein Wal dweg, auf dem können wir die Karre verstecken“, sagte er mehr zu sich selbst.
    Tatsächlich verlief 50 Meter weiter parallel zu der vermeintl ichen Steinbruchzufahrt ein Waldweg. Er bog ein, lenkte den Wagen langsam über diverse Unebenheiten und durch ein paar Kurven, setzte ihn hinter einen mannshohen Stapel aufgeschichteter Stämme und stieg aus.
    „Endstation“, sagte er, stieß mir in die Seite, als ich nicht reagierte, und stieg aus. Immer noch wie in Trance öffnete ich meinen Gurt und folgte ihm. Quer durch den Wald stapfte Rogalla in Richtung des Kiesweges, und ich trottete ihm in zehn Meter A bstand hinterher. Selbst hier standen Warnschilder mit der schreienden Aufschrift „Lebensgefahr“. Als wir auf dem Kiesweg angekommen waren, wich die Trägheit in meinem Kopf, ich taute auf und war in einer Stimmung von warum-nicht-und-was-soll’s-überhaupt...
    „Wenn die Schranke mit einem Vorhängeschloss gesichert ist, wie ist dann Honkes daran vorbeigekommen?“, rief ich Rogalla hinte rher, der ohne stehen zu bleiben auf den Kiesweg gesprungen war und mit großen Schritten weiterging.
    „Gute Frage, Mann. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Wir schauen uns einfach mal um.“
    Der Weg beschrieb mehrere sanfte Kurven und stieg leicht an. Alles war so friedlich hier, es roch nach Moos und Kiefernnadeln, Inseln von Licht fielen auf den Waldboden, und die Vögel sangen. Ich trug noch immer meine Verkleidung und fing wieder an zu

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