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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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noch ei nmal, kam triefend vor Schweiß, hechelnd und prustend zurück zum Brunnen. Dort stand Rogalla seelenruhig flirtend mit einer langhaarigen Brünetten im rosa Minirock. Die war nicht wenig irritiert, als ich ihn kurzerhand packte und wegzog.
    „Was soll das, Mann?!“, protestierte er und riss sich mit einem Ruck los.
    „Honkes!“, zischte ich, und sofort hatte der das Mädchen vergessen und folgte mir.
    Ich zeigte ihm die Toreinfahrt.
    „Keine Ahnung, ob der da noch drin ist. Wärst du Blödel pünktlich gewesen, hätten wir ihn gehabt!“
    „Nur die Ruhe“, sagte er und stopfte meinen Ärmel zurück in die Tasche. „Kommt er einmal hierher, kommt er auch öfter. Du hast die Spur, Watson.“
    Ich wollte zu der Ampel und die Straße überqueren, aber er hielt mich zurück.
    „Das hier ist ein Logenplatz. Wir sehen ihn, aber er uns nicht.“
    „Da drüben ist gar keine Gaststätte, nur ein Reisebüro, ein Zahnarzt und Wohnungen“, stellte ich fest.
    „Na und? Dann besucht er eben eines seiner Weiber oder einen Ku mpel oder er wohnt sogar selber da. Auch Gangster...“ – er sprach das Wort mit besonderer Betonung und grinste – „...haben ein Privatleben. Und sie bekommen gelegentlich Zahnschmerzen.“
    Wir warteten und warteten. Ich schaute auf seine Uhr.
    „Halb vier. Wie lange wollen wir denn hier noch herumstehen?“
    „Wenn es sein muss bis morgen Früh.“
    „Vielleicht beobachtet er uns von einem der Fenster aus.“
    „Unwahrscheinlich.“
    „Ich muss mal aufs Klo.“
    „Verkneif’s dir.“
    „Geht leider nicht.“
    Ich drehte mich um, wollte nach einer Toilette suchen, aber kam gerade einen Schritt weit: Rogalla hatte mich an der Jacke g epackt und riss mich zurück.
    „Ich habe gesagt, verkneif’s dir! Vielleicht haben wir nur die e ine Chance, kapiert!“
    Sein Blick war so finster und entschlossen, dass mein Misstrauen überhand nahm. Das war seine Jagd, nicht mehr meine. Nicht ausz udenken, was passieren würde, wenn wir in die Nähe des Geldes kamen. In diesem Augenblick waren alle freundschaftlichen Gefühle zu ihm erloschen. Ich spürte nur noch Abneigung und das klamme Gefühl, zwischen alle Fronten zu geraten.
    Und ich lernte, dass man es sich tatsächlich verkneifen konnte, wenn es sein musste. Ich hatte es – vor Kasachstan – nie nötig g ehabt, mir irgend etwas zu verkneifen. Kaum wieder zu Hause, hatte Frank Fercher, der Verwöhnte, die Oberhand zurückgewonnen. Er wollte wieder tun und lassen können was er wollte und wann er es wollte, und dafür brauchte er sein Vermögen zurück. Nur wegen ihm, diesem eigentlich überwunden geglaubten Frank Fercher, stand ich jetzt hier.
    Gegen halb sechs kam Honkes aus der Toreinfahrt. Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet. Er blieb kurz auf dem Gehsteig st ehen, sah sich um, sah auch flüchtig herüber zu uns, wandte sich dann nach rechts und ging in Richtung Dom.
    „Los!“, befahl Rogalla, und wir folgten ihm auf der anderen Str aßenseite.
    An der zweiten Querstr aße bog Honkes nach rechts ab. Kurzentschlossen rannte Rogalla über die Straße. Im zähfließenden Spätnachmittagsverkehr war die verbotene Überquerung ungefährlicher als meine eigene am Mittag, aber mir war doch unwohler dabei, weil nicht ich die Entscheidung getroffen hatte. Ich hasste es, von anderen zu etwas gezwungen zu werden, auch wenn es mir selbst sinnvoll erschien.
    Als wir an die Ecke kamen, an der Honkes verschwunden war, s ahen wir ihn gerade noch um eine andere Ecke biegen. Wir rannten hinterher. Rogalla lugte um diese weitere Ecke, fluchte und rannte los. Ich sah einen blauen Mercedes beschleunigen. Honkes sah ich nicht mehr – er musste in das Auto eingestiegen sein.
    Rogalla war vom Gehsteig auf die Straße gesprungen. Neben einem gepar kten Wagen blieb er stehen und sah sich in alle Richtungen um, auch nach oben zu den Fenstern der Häuserfronten. Es war ein zitronengelber VW Passat, neben dem er stand. Rogalla riss das rechte Bein hoch, neigte den Oberkörper zur Seite und trat mit aller Gewalt gegen die Scheibe der Fahrertür. Mir blieb die Luft weg. Ich hörte das Splittern auf der anderen Seite gedämpft, wie durch eine Membran. Rogalla zog den Knopf der Fahrertür hoch, stieg ein, beugte sich zur Beifahrertür, entriegelte auch die und stieß sie auf.
    „Los, rein!“, befahl er mir. Ich zögerte, sah ihm von draußen zu, wie er sich unters Lenkrad beugte, ein Bündel Kabel he rvorriss und daran herumbastelte. Bis hierher und

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