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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Polizei, Grenztruppen und so weiter. Als Ausführende waren wir zu acht, wie der da sicher bestätigen kann...“
    Er zeigte mit dem Kinn in meine Richtung.
    „...aber beteiligt und zu bezahlen waren viel mehr. Der Steinbruch hat mich drei Riesen gekostet. Noch ein paar Unkosten hier und da, bleibt das hier, rund eineinhalb – etwa ne halbe Million für jeden von uns.“
    Rogalla machte noch einen Schritt auf Honkes zu, packte blit zschnell mit der linken Hand seinen Hinterkopf, um einen Gegendruckpunkt aufzubauen, presste ihm den Lauf der Pistole auf der anderen Seite so fest an die Stirn dagegen, dass er aufschrie, und fragte leise: „Willst du sterben?“
    Honkes begann heftig zu atmen, aber schwieg. Es faszinierte mich zu sehen, dass dieses gefühlska lte Monstrum von Mensch Angst haben konnte, Todesangst, und zugleich bekam auch ich Angst. Das war nicht der Rogalla, den ich zu kennen gemeint hatte. Dieser Rogalla in seiner kalt-wütenden Entschlossenheit zu morden war mir unheimlich.
    „Drei“, sagte Rogalla leise.
    „Hier ist echt nicht mehr versteckt“, stieß Honkes hervor. Seine Stimme schwankte.
    „Zwei.“
    Honkes biss sich auf die Lippen.
    „Eins.“
    Ich hielt es nicht mehr aus. In einer Sekunde würde Honkes tot sein, daran gab es für mich keinen Zweifel, und gewissenlos und geldgierig wie Rogalla auftrat, wäre ich der nächste.
    Wir reagierten gleichzeitig. Ich sah noch und spürte, dass Ho nkes etwas sagen wollte. Ich begriff, dass er reif gewesen war, dass es tatsächlich noch mehr Geld hier gab und dass er den Bogen nicht überspannen wollte. Zugleich sah ich Rogalla an, dass er nur geblufft hatte und dass er erleichtert darüber war, Honkes in die Knie gezwungen zu haben mit seiner Drohung.
    Aber es war zu spät. Ich hatte meinen Mund aufgerissen und ein lautes „Nein“ hervorgeschrien. Und ich hatte eine ruckartige Bewegung nach vorn g emacht, war auf dem Schotter leicht ins Rutschen gekommen, strauchelte, war dadurch abgelenkt, und als ich mich gefangen hatte, war alles schon passiert.
    Honkes hatte beide Arme nach oben gestoßen, sich aus Rogallas Klammergriff bereit und ihn von sich geschubst, hatte nachg esetzt, sich seine Pistole geschnappt, und als ich den Blick wieder auf die Szene richtete, zielte er gerade auf Rogallas Bauch. Er drohte nicht, er forderte nichts. Er zielte und drückte ab. Der Schuss klang wie ein überlautes Klatschen, und die Explosion der Patrone war über die Haut am ganzen Körper zu spüren. Ich kann das Gefühl nicht beschreiben, aber ich werde nie vergessen, wie der Schuss tief in mir in jedem Körperteil widerhallte.
    Roga lla, der im Begriff gewesen war, sich aufzurappeln, wurde zurück auf den Schotter geschleudert, versuchte sofort wieder, auf die Beine zu kommen, aber erstarrte in der Bewegung. Er schaffte es nicht weiter, als sich rücklings auf die Ellenbogen zu stützen und den Kopf zu heben. In dieser Haltung blieb er liegen, seinen Blick halb auf Honkes gerichtet und halb an ihm vorbei. Das Bewusstsein schien ihm zu schwinden. Unmittelbar links oberhalb seines Nabels nässte Blut sein Hemd.
    Honkes drehte den Kopf langsam zu mir.
    „Danke, du hast mir sehr geholfen.“
    Er hob den Pistolenarm und zielte auf meinen Bauch.
    „Jetzt kann ich es ja sagen. Zwei Millionen hab ich, fest in Plastik verschweißt, im See versenkt. Weitere zwei Millionen...“
    Ich hatte mich langsam gebückt, während er redete, und e inen Schotterbrocken aufgehoben. Honkes ließ mich grinsend gewähren. Wir hatten vielleicht sieben, acht Meter Abstand.
    „Du bist Rechtshänder. Verzeihung, du warst Rechtshä nder. Da kann ich es, glaub ich, riskieren, dir drei Freiwürfe zu gewähren.“
    Er ließ demonstrativ den Pistolenarm sinken und stellte sich als Zielscheibe in Positur. Ich holte übertrieben umständlich aus und schleuderte den Stein mindestens drei Meter an ihm vorbei.
    „Ach, das kannst du doch bestimmt besser.“
    Ich bückte mich, um den nächsten Stein aufzuheben, kam wieder hoch, tat so als würde ich mich konzentrieren, besonders sorgfä ltig zielen, und warf noch erbärmlicher daneben. Der Stein tröpfelte aus meiner Hand und landete nach einem steilen Bogen gerade mal zwei Meter neben mir selbst. Honkes grinste herablassend, machte eine Bewegung mit der Pistole, um mich aufzufordern, den nächsten Stein aufzuheben, wollte etwas dazu sagen – aber ich hatte noch einen zweiten Stein in der Hand. Den warf ich ohne auszuholen aus dem Armgelenk

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