Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
genauso.“
Früher hatte ich auf Ablehnung mit Gegenablehnung reagiert und mich abgewandt. Aber was diesen verlogenen Hund Petrowna betraf, hatte ich plöt zlich Lust, mich an ihn zu heften und ihm das Leben sauer zu machen. Der Pastor schraubte den Tankdeckel seines Autos auf, fügte einen Einfüllstutzen an den Kanister und ließ den Sprit in den Tank laufen.
„Knapp 20 Liter“, sagte ich. „Damit müssten Sie doch gut 200 Kil ometer weit kommen.“
„250 sogar, wenn ich nicht schneller als 80 fahre.“
„Viel mehr schafft die Kolonne auch nicht an einem Tag. Bei diesen Straßen.“
„Täusche dich da nicht. Pirmin treibt voran, die machen nie viel Pause.“
„Egal, dann tanken wir unterwegs noch mal, und abends holen wir sie auf jeden Fall ein.“
„Und dann?“
„Stelle ich ihn vor seiner versammelten Mannschaft als Wortbrecher zur Rede. Ich trage meine Geschichte vor. Und ich verspreche hohe Belohnungen für alle, die mir helfen.“
„Du löst Probleme gerne mit Geld.“
Er sah mich nicht an, und seine Stimme hatte sich ein bisschen verändert.
„Wenn es nicht anders geht...“
„Bei denen allen du beißt auf Granit. Die machen, was Pirmin sagt.“
„Einen Versuch ist es doch wert.“
„Glaub mir, das lohnt nicht den Aufwand. Besser du kommst gleich mit mir nach Kronsweide zurück.“
„Welchen Aufwand denn? Ich kaufe Ihnen das Auto ab, wenn es sein muss, und entschädige Sie für Ihre Mühe. Nennen Sie nur einen B etrag, Sie bekommen ihn, für Sie selbst oder für Ihre Kirche, egal. Sie müssen mir nur sagen, wie ich zu fahren habe.“
„Hast du dir schon mal überlegt, dass es auch beleidigend sein kann, ständig Geld geboten zu bekommen für Freundschaftsdie nste?“
„Was soll ich denn sonst bieten, ich meine...“
„Ich helfe dir gerne, braucht kein Geld dafür. Aber in diesem Fall ist das sinnloser Aufwand.“
„Wenn ich so gedacht hätte, denn wäre ich jetzt immer noch in diesem Versuchslabor oder längst tot. Das sind so viele Lastw agen. Wenn sich nur einer der Fahrer überzeugen lässt und aus dem Konvoi ausschert, bin ich gerettet.“
„Wird keiner ausscheren.“
Er setzte den Kanister ab und schraubte gemächlich den Tank zu. Mir platzte der Kragen.
„Das glaube ich erst, wenn ich es ausprobiert habe. Sie gottve rdammter Schwarzseher, kapieren Sie denn nicht, worum es hier geht? Für mich geht es um absolut alles! Ich kann hier nicht bleiben, ich muss zurück zu meiner Familie!“
„Wir finden anderen Weg für dich. Du wirst deine Familie schon wiedersehen. Und jetzt gib mir bitte den Schlüssel.“
Der will mir nicht helfen, dachte ich, dem ist das zu viel Aufwand. Und dann kam mir plötzlich noch ein anderer Gedanke: Womöglich steckte Billardkugel dahinter, dass Petrowna mich versetzt hatte und dass der Pastor mich nicht dem Konvoi folgen lassen, sondern unbedingt nach Kronsweide zurückschaffen wollte. Mit keinem Wort hatte Justus Näb den Fremden im grauen Anzug erwähnt – obwohl er doch der Grund gewesen war, dass ich zur Scheune voraus gefahren war. Ich schüttelte langsam den Kopf.
„Nein. Bitte gehen Sie vom Auto weg.“
„Mach kein Unsinn. Du weißt doch gar nicht, wohin zu fahren.“
„Ich komme schon zurecht.“
„Und du hast kein Geld. Ich hab auch nichts hier, was ich dir geben könnte, schau...“
Er stülpte seine Jackentaschen nach außen, wühlte in den Hosent aschen und fand ein paar Münzen, die er mir zeigte.
„Reicht nicht mal für paar Liter Benzin. Vernünftig ist, du kommst erst mal mit mir zurück.“
„Damit Sie mich der Polizei ausliefern können? Kommt nicht in Frage.“
„Du traust mir Verrat zu?“
„Ich traue überhaupt niemandem mehr. Ich will nur weg hier!“
Er streckte die Hand aus.
„Gib mir bitte den Schlüssel.“
„Nein. Gehen Sie vom Auto weg.“
Er ließ die Hand ausgestreckt und sah mich nur ernst an. Ich schüttelte den Kopf, ging um ihn herum zur Tür. Er schnitt mir den Weg ab.
„Ich will Sie nicht anfassen, aber ich muss es tun, wenn Sie mich nicht einsteigen lassen.“
„Ich kann dich nicht lassen. Besser für dich.“
Der Kampf war kurz und endete eindeutig. Mir war klar, dass ich ohne Gewalt nicht hier wegkam. Ich wollte diesem Mann, der mir geholfen hatte, nicht wehtun, aber er war mir zum Gegner gewo rden, ich hatte alles versucht. Was konnte ich tun mit meinem linken Arm? Ihn wegzerren, diesen kleinen, kompakten Kämpfer? Ich hatte nur eine Chance, wenn ich ihn
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