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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Menschen
getroffen. Und dennoch bin da nur ich? Aber ich habe nicht das Recht, dich dazu
zu befragen. Dieses Wissen war nicht für mich bestimmt, es gab nur keinen
anderen Weg, dich am Leben zu erhalten. Und nun, wo ich es weiß, habe ich das
Gefühl, dass für mich eine große Verantwortung damit einhergeht, in deinem
Leben eine dermaßen große Rolle zu spielen …«
    Â»Ich könnte dir vielleicht alles erklären … wenn ich nur nicht so
erschöpft wäre …«
    Â»Du brauchst mir nichts zu erklären, das will ich dir nur sagen. Du
sollst wissen, dass ich weiß . Alles andere wäre nicht
gerecht. Und du darfst auch ruhig wissen, dass ich noch keine Entscheidung
getroffen habe in meinem Herzen. Weder für noch gegen dich. Ich kann mich zurzeit gar nicht mit solchen Entscheidungen
befassen, weil ich schwanger bin, in einem Alter, als ich eigentlich noch nicht
einmal bereit war, mich küssen zu lassen. Alles rollt über mich hinweg und
reißt mich mit sich fort. Meine Flügel schmerzen, als stünden sie in hellen
Flammen! Aber … wenn irgendwann ein wenig Ruhe einkehrt … für mich und meinen
Sohn … dann kann ich endlich nachdenken und in mein Herz schauen und sehen, wem
es gehören möchte.«
    Â»Nichts lag mir ferner, als dich unter Druck zu setzen. Götter, das
ist alles so peinlich, Naenn! Uns ist Verantwortung übertragen worden für den
gesamten Kontinent, und wir sitzen hier und schwatzen über uns .
Ich bin doch kein … alter Geck auf Freiersfüßen! Vielleicht füllst du ja auch
nur deshalb mein ganzes Herz aus, weil du mich zum Mammut hingeführt
hast. Du bist wie dieses mandeläugige Kind in Eljazokads Traum. Du bist kein
Mensch. Du bist schön. Du bist mehr als selten, denn du bist einzigartig. Und
ich bin nur ein in seiner Schreibstube langsam närrisch gewordener Romantiker,
der Einzigartigkeit zu lange entbehrt hatte.«
    Erstmals lächelte sie jetzt. Das Mondlicht malte ihre Lippen dunkel,
als wäre sie zu lange in kaltem Wasser geschwommen. »Ich weiß. Deshalb habe ich
dich ja ausgesucht. Niemand anders hätte ein Mammut zurückbringen
können in diese Welt der Menschen.«
    Sie schwiegen, nebeneinandersitzend wie zwei Kinder auf Schaukeln.
    Schließlich räusperte sich Rodraeg. »Darf ich dir noch … zwei Fragen
stellen, die nichts mit dir, meinem Licht und meinen Narreteien zu tun haben?«
    Â»Selbstverständlich.«
    Â»Erstens: Was hat es mit der Lakritze auf sich?«
    Â»Mit der Lakritze?«
    Â»Ja – als ich erwachte, sagte Estéron, eure Lakritze hätte nicht
ausgereicht, um mich zurückzuholen. Was meinte er damit?«
    Â»Ach so. Na ja, als Estéron vorgestern hier ankam, fragte er mich,
ob es irgendetwas gibt, was du besonders gerne isst. Er sagte, das könne
helfen, dich ins Leben zurückzuholen. Also sind wir gestern alle drei auf den
Markt gegangen, haben eine Handvoll Lakritze gekauft und haben sie dir
abwechselnd lange auf einem Tellerchen unter die Nase gehalten. Wer weiß?
Vielleicht hat das ja tatsächlich etwas bewirkt.«
    Â»Habt ihr die Lakritze aufgegessen?«
    Â»Nein, es gibt sie noch. Ich habe sie in deinem Zimmer auf dein Bett
gelegt.«
    Â»Dann werde ich mich unverzüglich dorthin auf den Weg machen. Aber
noch zweitens: Was … ist eigentlich aus Hellas geworden?«
    Naenn seufzte wieder. »Wir wissen es nicht. Bestar gegenüber hat er
geäußert, er wolle nach Endailon gehen, um eintausend königliche Heeressoldaten
zu erschießen. Aber in Endailon gibt es gar keine eintausend Soldaten mehr,
nicht nach dem Affenmenschenfeldzug. Wir wissen nicht, wohin Hellas tatsächlich
gegangen ist. Cajin hatte die Idee, dass man sich im Gasthaus Alte Kutsche , das an der Straße nach Endailon liegt,
herumtreiben könnte und die Reisenden von dort befragen, ob es in Endailon eine
wahnwitzige Schießerei gegeben habe. Aber bislang habe ich ihn immer davon
abgehalten, weil ich eben um ihn fürchte und nicht möchte, dass er alleine
draußen herumläuft.«
    Â»Verstehe.«
    Â»Ich finde, es ist keine gute Idee, dass du in deine fensterlose
Kammer zurückgehst. Du brauchst Licht, um wieder zu Kräften zu kommen. Kannst
du dich nicht in Bestars oder Eljazokads Zimmer legen?«
    Â»Nein, das ist nicht gut. Wir können nicht andauernd die Zimmer hin-
und herschieben, wie es

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