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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ihnen war Stadtgardekommandant Gauden Endreasis, ein
ziemlich kleiner Mann mit hängenden Augenlidern und einem dichten schwarzen
Haarschopf, der eine große Gelassenheit ausstrahlte, seiner Hauptfrau
Anerkennung aussprach und zusätzliche Ruhe ins Geschehen brachte. Kurz danach
kam Bürgermeister Iddan Tommsen angetrippelt, ganz allein, zu Fuß und ohne
jegliches Gefolge. Seine Nase war noch genauso rot und angeschwollen, wie
Rodraeg sie von ihrem bislang einzigen Treffen vor einem halben Jahr in
Erinnerung hatte, aber erneut machte der korpulente Stadtschulze einen umgänglichen
und aufrichtig engagierten Eindruck. Ganz anders als der Bürgermeister von
Kuellen, für den Rodraeg jahrelang gearbeitet hatte. Als Dritter erschien,
umringt von einer Leibgarde aus schwarz gewandeten und gepanzerten
Kämpfervisagen, Baron Ortric Figelius. Ihn hatte Rodraeg ebenso noch nie zu
Gesicht bekommen wie den Stadtgardekommandanten, aber beim Baron brauchte Cajin
ihm gar nicht zuzuraunen, wer das war. Figelius hatte eine dynamische Frisur
mit ausufernden Koteletten, ein Profil wie ein Habicht und die stechenden Augen
einer Raubkatze; er war groß, schlank und beweglich, nur unwesentlich älter als
Rodraeg – und dieser musste anerkennen, dass all diese Merkmale
zusammengenommen einen viel weniger bleichen, intriganten und maliziösen
Theaterschurken ergaben, als Rodraeg sich bislang immer ausgemalt hatte.
Figelius wirkte in seinen engen schwarzen Hosen und dem silberfarbenen
Rüschenhemd eher wie ein agiler Fechtmeister als wie ein Aristokrat, der es
gewohnt ist, andere für sich fechten zu lassen. Die Südwestecke der
Schlossbezirksmauer war nur etwa einhundert Schritte von dem Brandherd
entfernt, deshalb war der Baron gekommen, um sich ein Bild von Ausbreitung und
Eindämmung des Feuers zu machen. Er stellte schließlich sogar zwei Mann aus
seiner Leibgarde zur Verfügung, um mitzuhelfen, die hinderliche Menge der
Schaulustigen zu zerstreuen.
    Cajin und Rodraeg kehrten nach Hause zurück, bevor man sie eigens
dazu auffordern musste. Dorthin zu laufen, wo in Warchaim ein Feuer ausbrach,
war ihnen beiden ein Bedürfnis gewesen, über das sie nicht lange nachgedacht
hatten, aber nun, als es dort nichts zu tun gegeben hatte, der Brand unter
Kontrolle war und man der Garde bei der Bergung möglicher Opfer eher ein
respektlos erscheinendes Hindernis war, fiel ihnen DMDNGW wieder
ein und noch andere Gründe, schnell wieder nach Hause zu eilen. Naenn war
erleichtert, sie wohlbehalten wiederzuhaben und zu hören, dass das Feuer nicht
weiter schlimm gewesen war. Estéron bestand aber weiterhin darauf, dass es Tote
gegeben hatte. »Mehr als drei«, sagte er.
    Den Rest des Tages und auch noch in der folgenden Nacht lag der
Geruch des Brandes über der Stadt wie eine dunkle Spitzendecke. Die Leute
tuschelten und raunten und träumten schwer vom roten Hahn und den Schreien
seiner Opfer, obwohl niemand welche vernommen hatte.
    Am folgenden Tag zog es Rodraeg und Cajin wieder hinaus, zum
Marktplatz diesmal. Hier würde das Stadtgespräch am lautesten zu vernehmen
sein.
    Ja, es hatte tatsächlich Tote gegeben. Zwei verkohlte Leichname
hatte man bergen können sowie einen schwer verbrannten Überlebenden, der nun im
Siechenhaus im Fieber lag und wirres Zeug faselte. Das Slessinghaus – so hieß
das abgebrannte Gebäude, weil es seit jeher der Familie Slessing gehört hatte –
war vermietet gewesen an einen gelehrten Magister und seine Gehilfen. Schon
seit Wochen hatte man aus diesem Haus merkwürdige Geräusche gehört. Nächtliches
Wimmern. Gebell und Geheule. Poltern und Rummsen, als würde mit Mobiliar
geworfen. »Kein Wunder, dass es da irgendwann anfängt zu brennen! Wir können
von Glück sagen, dass die nicht noch die halbe Stadt abgefackelt haben.« Die
Anwohner hatten es schon kommen sehen. Dass Warchaim Fremden gegenüber
argwöhnisch war, hatten selbst Naenn und das Haus des
Mammuts schon zu spüren bekommen.
    Bestätigte Tatsachen waren kaum zu erfahren. Der Name des im
Slessinghaus wohnenden Magisters war Seo Sahn oder so ähnlich gewesen. Er war
wohl einer der Toten. Wilde Theorien schossen ins Kraut. Seo Sahn war ein
Magier. Ein Verrückter. Ein Katzenquäler. Ein Frauenverschlepper. Ein Musiker.
Ein Riese. Ein Untergrundmensch. Als gesichert wurde nur angesehen, dass kein
Warchaimer für das Feuer

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