Der Mann, der nicht geboren wurde
mit den Leckereien Aldavas
vergleichbar wäre, aber einen Schmetterlingsmenschentee werdet Ihr womöglich zu
schätzen lernen.«
»Sicherlich.«
Kohns Augen wirkten weinerlich, registrierten aber im Inneren des
Hauses jedes Detail. Naenn war herabgekommen und bereitete den Tee selbst zu.
Estéron stand wieder wie beiläufig in der Tür und stopfte sich eine Pfeife.
Cajin ging auf und ab.
»Es hat einen weiteren Mord gegeben«, begann Kohn bereits, während
der Tee noch nicht fertig war. »Im Süden der Stadt. Ein
Getreidespeicherbesitzer namens Uklas Eimenhard. Kanntet Ihr den Mann zufälligerweise?«
»Ich nicht. Cajin vielleicht?«
Der Junge schüttelte nur den Kopf.
Kohn zeigte ein schiefes Lächeln. »Diesmal gab es auch keinen
Zettel, der ein Mammut zeigte. Nach Auskunft unserer Gardisten waren alle in
Warchaim befindlichen Bewohner dieses Hauses zur Tatzeit hier. Es gibt also
keinerlei Verdachtsmomente gegen Euch.«
»Das ist schön für uns. Dennoch traurig für den armen Ermordeten.«
»Wohl wahr. Die Tötungsmethode war exakt dieselbe wie bei Vinzev
Traló. Eine Nadel durch den Hals bis oben durch die Schädeldecke. Von dem
Mörder keine Spur. Kein Zettel. Denkbare Motive gibt es zuhauf. Uklas Eimenhard
hat eine ganze Reihe von Bauern beim Lagern und Weiterverkaufen ihrer Ernten
übers Ohr gehauen.«
»Hatte Vinzev Traló auch jemanden übers Ohr gehauen?«
»Nicht, dass ich wüsste. Aber ausgeschlossen ist das nicht. Er wird
ein Trinker und ein Spieler gewesen sein, genau wie alle anderen Bewohner des
Adelsbezirks.« Wieder das schiefe Lächeln. »Genau genommen bin ich nicht wegen
der Nadelgeschichte hier. Die wird von Hauptfrau Durbas fähigst ermittelt. Ich
bin hier wegen dem Mord an Mirilo von Heyden. Und wegen eines Zettels, der mir
in der Hauptstadt zugespielt wurde.« Er holte ein Briefpergament aus seiner
Manteltasche und faltete es auf der Tischplatte auseinander. Rodraeg und Cajin
beugten sich darüber und lasen:
Das Mädchen, das niederkommt, gefährdet Warchaim.
Beide blickten sich an. DMDNGW.
»Ihr könnt Euch sicherlich denken,
dass ich in Aldava mit dieser Information überhaupt nichts anfangen konnte«,
erzählte Dilljen Kohn in leicht ächzendem Tonfall. »Aber nun, wo mich die
Ermittlungen in der Mordserie mit den Tuchhändlern über Brissen und Endailon
auch nach Warchaim geführt haben, muss ich hier zu meiner groÃen Ãberraschung
erfahren, dass ein hochschwangeres Schmetterlingsmädchen in die Ermittlungen
eines anderen Mordfalls verwickelt ist, weil es in einem Haus wohnt, das der
Mörder mindestens kennt, wenn nicht gar bewohnt, und welches dem Wohnort des
Warchaimer Tuchhändlers genau gegenüberliegt. Wisst Ihr, schwangere Frauen sind
allein schon wegen ihres Zustandes selten Verdächtige in Mordfällen.«
»Ich dachte, es gibt keine Verdachtsmomente mehr.«
»Nicht im zweiten Nadelmord. Aber womöglich hängt ja alles
miteinander zusammen.«
»Mit Sicherheit hängt dieser Zettel zusammen mit dem, den Vinzev
Traló auf dem Kopf tragen musste. Beide Zettel stammen wahrscheinlich von
derselben Person.«
»Ja? Aber was hat es damit auf sich, dass sich in einem von einem
Gardisten am Morgen nach dem Mord an von Heyden aufgenommenen Kurzprotokoll
folgende Aussage eines gewissen Rodraeg Delbane findet?« Kohn förderte aus
seiner anderen Manteltasche ein paar weitere Papiere zutage, zupfte aus einer
Innentasche einen Augenglaskneifer, setzte ihn sich auf und las vor: »âºFrage:
Wie standet Ihr mit von Heyden? Antwort: Eine flüchtige, nachbarschaftliche
Bekanntschaft. Ich war nie in seinem Haus, Cajin, glaube ich, einmal.â¹ Cajin,
wenn ich das richtig verstanden habe, ist dieser junge Mann hier?«
Rodraeg war baff. Der alte Gardist an der Haustür hatte tatsächlich
wortwörtlich mitgeschrieben, was Rodraeg gesagt hatte. Er musste eine
Kurzschrift beherrschten.
Kohn war noch nicht fertig. »Eine durchaus irreführende Aussage,
wenn man bedenkt, dass Mirilo von Heyden das Mammut um
Hilfe gebeten hatte, weil er sein Leben von drei namentlich bekannten Briganten
bedroht sah â wie aus seinen persönlichen Aufzeichnungen und den Aussagen
seiner Frau und den Aussagen seines Leibdieners hervorgeht.«
Verflucht! , dachte Rodraeg. Was für ein dummer, vermeidbarer Fehler! Natürlich
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