Der Mann, der nicht geboren wurde
nicht schwanger. Wahrscheinlich hat dieselbe Frau auch Vinzev Traló
auf dem Gewissen. Haltet das Mammut weiterhin unter
Beobachtung. Es steckt mit drin, ich weià nur noch nicht, wie.«
»Wir stecken mit drin«, sagte Rodraeg, der Naenn half, sich in die
Sänfte zurückzusetzen. »Aber als Opfer, nicht als Täter.«
»Eine Frau.« Hauptfrau Durbas rieb sich das kantige Kinn. »Na, das
ist doch mal was anderes.« Dann lieà sie alle einfach stehen, um ein paar
Gardisten im Haus anzuherrschen. »Habt ihr die Nadel inzwischen gefunden?«
»Nein, Hauptfrau!«
»Dann sucht weiter. Bei Traló steckte sie ja auch noch. Ich glaube
nicht, dass sie verschwunden ist.«
»Jawohl, Hauptfrau. Wir geben unser Bestes, Hauptfrau.«
Rodraeg hieà die beiden Sänftenträger, noch kurz zu warten. Er
sprach noch einmal Dilljen Kohn an, der ganz versonnen das zertrampelte Beet
betrachtete. »Sind alle Sonderermittler der Königin Magier?«
»Einige.«
»Wenn Ihr in Leuten lesen könnt wie in Büchern â warum lest Ihr dann
nicht einfach in mir, stellt fest, dass ich die Wahrheit sage, und lasst das Mammut und die arme Naenn in Ruhe?«
»Wenn das so einfach wäre. Ich weiÃ, dass Ihr die beiden Nadelmorde
und auch den an von Heyden nicht begangen habt. Ich weià aber nicht, ob Ihr
nicht einen Mord begehen werdet, den Ihr im Geflecht all dieser falschen
Anschuldigungen zu verbergen trachtet wie in einem blickundurchlässigen
Dickicht. Möglicherweise ist dies die ganze Zeit über Euer Plan.«
»Ihr traut mir eine ganz erstaunlich teuflische Niedertracht zu.«
»Ja, Delbane, das tue ich. Ihr seid kein Freund der Königin. Ihr
seid ein Freigeist, ein Quertreiber, ein Konspirator und ein Rädelsführer. Ihr
dürft ruhig wissen, dass ich Euch im Auge behalten werde, solange Ihr Euch in
dieser Stadt aufhaltet.«
Rodraeg deutete eine Verbeugung an und gab dann den Sänftenträgern
das Kommando zum Abmarsch. Auf dem Rückweg, ohne aufsehenerregende gardistische
Begleitung, legte er keinen Wert auf heimliche Nebengassen. Er lotste die
Träger auf die HauptstraÃe nach Norden. Schon als sie die Ruine des Alten
Tempels passierten, kam Naenn wieder zu sich. Sie fasste nach Rodraegs Hand wie
eine Ertrinkende.
»Rodraeg, er ist es! Dilljen Kohn. DMDNGW .«
»Das glaube ich nicht.«
»Aber Rodraeg! Er ist ein Magier! Er hat mit knochigen
Gespensterfingern mein Kind berührt und weià nun, dass es ein Halbmensch ist.«
»Das mag ja alles sein. Aber wenn er wirklich DMDNGW wäre â der Magier, dessen Nachforschungen gefährlich
werden oder irgend so was in der Art â, dann könnte er uns unter
irgendeinem Vorwand unters Richtbeil bringen. Er ist immerhin königlicher
Sonderermittler. Er bräuchte keine weitläufige Indizienkette anzuzetteln, nur
um uns zu Fall zu bringen. Er ist es nicht. Und wie auch bei der Hauptfrau
können wir vielleicht sogar von ihm Unterstützung erwarten, wenn die Frechheit DMDNGWs , die Art und Weise, wie er Gardisten und
Untersuchungen lenkt und manipuliert, langsam anfängt, den königlichen Stolz
herauszufordern.«
»Ich weià nicht, ob du das Ganze nicht zu sehr als Spiel begreifst.
Das ist kein Spiel. Hier werden Menschen die Köpfe durchspieÃt.«
»Ich weiÃ. Nichts von dem, was wir jemals getan haben, war ein
Spiel.« Mit einem Blick auf die beiden unbeteiligt dreinschauenden Träger
bedeutete Rodraeg dem Mädchen, dass es wohl besser wäre, das Gespräch erst zu
Hause fortzusetzen.
Aber dort war Naenn dann zu erschöpft zum Reden und Erklären. Sie
legte sich schon bei Tageslicht zusammengerollt schlafen und überlieà es
Rodraeg, dem Schmetterlingsmann und dem jugendlichen Hausverwalter alle
Neuigkeiten mitzuteilen.
6
Umklammerung und Nadelstich
Erneut vergingen beinahe zwei
Tage, ohne dass sich im Haus des Mammuts etwas Nennenswertes ereignete. Naenn betete zusammen mit
Rodraeg, Estéron und Cajin für Bestars und Eljazokads baldige und glückliche
Heimkehr. Rodraeg unternahm zusammen mit Cajin die Einkäufe und stattete dabei
auch dem Siechenhaus, wo Hebezie arbeitete, und Samistien Breklarisâ
Kräuterladen einen kleinen Besuch ab. Beiden schien es gut zu gehen, und
Rodraeg wollte sie gar nicht in längere Gespräche verwickeln, denn inzwischen
war ihm aufgefallen, dass die beiden
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