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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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über
die weit aufgespreizten Geweihfühler einer werdenden Mutter. Der Name soll
Nemialé sein. Das ist eine Zusammensetzung der Worte Nem ,
Schmetterling, und Ial, Wolf. Mit der weiblichen Endung
bedeutet dieses Wort Schmetterlingswölfin .«
    Â»Eljazokad war ganz nahe dran«, hauchte Rodraeg andächtig. »Er
vermutete, das Kind würde ein Wolfsschmetterling .«
    Â»Eljazokad«, griff Bestar niedergeschlagen auf. »Die Dreimagier
fürchten, ihm ist etwas zugestoßen.«
    Â»Ja«, sagte Rodraeg. Er legte seine Hände nacheinander auf die auf
dem Tisch liegenden Handrücken von Estéron, Bestar und Cajin und drückte sie
fest. »Unser Abwarten und Nichtstun ist nicht mehr hinzunehmen. Das Kind ist
endlich auf die Welt gebracht, und das war schwierig genug. Aber jetzt haben
wir einen Grund weniger, uns selbst in Watte zu packen und uns unter DMDNGW s Bewurf aus falschen Anschuldigungen und
wahrhaftigen Gräueltaten einfach nur zu ducken. Wir müssen diesen Fluch endlich
abschütteln, damit wir Eljazokad heimholen können und nach ihm Hellas, um nach
Hellas endlich wieder denen helfen zu können, denen außer uns niemand hilft.
Wir müssen auch Warchaim wieder sicher machen, sicher für alle Einwohner, denn
die Stadtgarde scheint dazu nicht in der Lage zu sein. Komm, Bestar, wir gehen
jetzt zu Tjarka. Ich habe mehrere Ideen. Cajin und Estéron, ihr beide passt auf
Naenn und Nemialé auf. Das Mammut ist jetzt einer
mehr! Und dieser feige Nadelmeuchler soll sich jetzt endlich in Acht nehmen vor
den Schösslingshütern der Schmetterlingswölfin !«

10

Vermächtnis
    Die Dunkelheit waberte über
Warchaim und kam dann herab wie langsamer Regen.
    Rodraeg und Bestar legten den kurzen
Weg zum Würfelbecher zurück.
    Â»Ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee ist, die drei jetzt allein
zu lassen«, quengelte Bestar. »Naenn ist geschwächt, Estéron erschöpft. Wenn
sich jetzt einer das Kind greifen will, machen wir ihm freie Bahn.«
    Rodraeg widersprach ihm. »Der Moment ist verstrichen. Als Naenns
Leben am seidenen Faden hing – da hätte der Gegner angreifen müssen. Aber nun
ist das Kind auf der Welt. So viel magisches Potenzial wie jetzt hatten wir
noch nie zuvor im Haus des Mammuts versammelt.«
    Tjarka hockte gelangweilt an einem Tisch und hielt Augen und Ohren
offen. »Männer sind einfach blöde«, erzählte sie den beiden. »Wenn man lang
alleine an einem Tisch sitzt, setzen sie sich zu einem und labern dummes Zeug.
Wenn sie mitkriegen, dass man alleine in einem Zimmer wohnt, wollen sie einem
Gesellschaft leisten, damit das Bett nicht so kalt ist – als ob draußen Winter
wäre. He, ich sehe überhaupt nicht aus wie eine, die sich an Kerle ranmachen
möchte. Warum lassen die mich nicht in Ruhe?«
    Â»Waren die Männer im Thostwald denn weniger blöde?«, fragte Rodraeg.
    Â»Da war ich nie lange genug an einem Ort, um das so mitzukriegen.«
    Sie tauschten Neuigkeiten aus. Naenns Tochter. Die Hausdurchsuchung.
Der tätowierte Magier, der bei der Geburt geholfen hatte.
    Tjarka wiederum hatte Gerüchte gehört über den Mord an der Äbtissin
Baacla. Es sei ein furchtbares Blutbad gewesen, weil die Äbtissin sich wohl
gewehrt habe. Der Mörder hätte sie mit einer Nadel regelrecht in Fetzen
gerissen.
    Â»Lassen seine Fähigkeiten nach?«, mutmaßte Rodraeg. »Nur noch sechs
Tage bis zum Nebelmond. Womöglich muss er dann wieder seine zwölfjährige
Ruhepause einlegen. Wir haben es mit einem sehr, sehr eigenartigen Wesen zu
tun.« Er bestellte drei Hellbiere. »Folgendes werden wir jetzt tun: Wir gehen
zum Garten des Mordopfers Uklas Eimenhard. Dort gab es eine Spur, die der
Mörder hinterlassen hat, höchstwahrscheinlich die Spur einer Frau. Ich möchte,
dass du dir die Spur anschaust, Tjarka. Vielleicht kannst du ja dein besonderes
Talent einsetzen und einen Weg zurückverfolgen.«
    Â»Das kann ich gern versuchen.«
    Â»Danach will ich mir im Schutz der Dunkelheit noch mal das
abgebrannte Slessinghaus vorknöpfen. Mir geht einfach nicht aus dem Kopf, dass
Estéron mehr Todesopfer wahrgenommen hat, als von der Stadtgarde geborgen
wurden. Möglicherweise haben die etwas übersehen, weil sie nicht wussten,
wonach sie suchen mussten. Und dann ist da noch diese Zeitgleichheit. Das
Slessinghaus brannte am 11. Blättermond.

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