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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Nirgends
patrouillierten Gardisten, dabei waren sie doch sonst fast allgegenwärtig. Aber
es herrschte Gardistenmangel in der Stadt, beinahe zehn bewachten ja schon
jemanden, der heute Nacht wohl gar nicht in Gefahr war.
    Bestar tauchte hinter dem Stahlerthaus in die Schatten und wünschte
sich beinahe, der Mörder würde ihn angreifen und ihm so immerhin nahe kommen.
Doch der Mörder war nicht mehr zu sehen. Bestar wollte schon blind in
irgendeine Richtung losstürmen, als er von oben ein leises Kichern hörte. Auf
dem Dach! Tatsächlich kauerte dort der kleine Vermummte unter dem Mond. Wie war
er nur dort heraufgekommen?
    Bestar fand ein Fass, von dem aus man auf die obere Kante einer nur
angelehnten Hoftür steigen konnte. Von dort konnte man die Dachkante ergreifen
und sich hochziehen, wenn man bereit war, das Schwert aus der Hand zu legen.
Bestar überlegte nicht lange. Er steckte Skergatlu weg und sprang mehr, als
dass er sich zog, auf die Dachschräge hinauf. Der Mörder war mehrere Schritte
entfernt und wollte wohl gar keinen Angriff unternehmen. Die Verfolgungsjagd
ging weiter, über das krumm wirkende Dach der Stahlerts mit seinen sich
lösenden und in die Tiefe rutschenden Schindeln.
    Â»Da oben! Sie sind da oben! Auf dem Stahlertdach! Ihr Götter, hat
denn niemand einen Bogen oder eine Armbrust?«
    Der Mörder wandte sich wieder nach Osten zurück und sprang vom
Stahlertdach hinab auf das Dach des kleineren Mammut hauses.
Bestar folgte ihm und war froh, dass das in sämtlichen Balken ächzende Dach
seinem Gewicht überhaupt standhielt. Von dort aus schwang sich der Mörder
hinauf auf das wiederum höhere Haus von Nideon Hallick, dem Krämer.
    Â»Zu Hilfeeeee!«, schrie der Mörder dabei, und seine Stimme klang
tatsächlich überzeugend nach Furcht, obwohl sein Mund weiterhin von einem
Grinsen verzerrt wurde.
    Schnaufend setzte Bestar ihm nach, ließ Skergatlu weggesteckt, um
besser klettern zu können. Der Mörder sprang über einen gut drei Schritte
breiten Abgrund hinüber zu einem quer stehenden Eckgebäude. Bestar folgte ihm
mit langem Anlauf und ziegelzerschmetternder Wucht. Von dort aus ging es über
eine noch breitere, gut vier Schritte messende Gasse zum Dach eines anderen
Hauses. Der Mörder flog und rollte sich ab wie ein Jahrmarktsgaukler. Bestar
schaffte den Sprung wegen des kürzeren Anlaufs kaum, schmetterte auf die
Dachkante und stürzte beinahe mitsamt der Kante ab in einer wütenden Detonation
aus Schindelscherben, Reetgras, Lehmbrocken und Kalk. Aber es gelang ihm, sich
an einem für den Dachdecker angebrachten Metallgriff nach vorne zu reißen und
dann auch die baumelnden Beine in Sicherheit zu schwingen. Der Vorsprung des
Mörders war erneut gewachsen. Bestar vergewisserte sich, dass er Skergatlu
nicht verloren hatte, und setzte ihm nach. Ein Kurzbogenpfeil schwirrte dicht
vor seiner Nase vorbei und irritierte ihn. Unten auf der Straße war inzwischen
eine ansehnliche Menge versammelt, mit Fackeln und Laternen. Für den Bruchteil
eines Sandstriches glaubte Bestar Cajin erkennen zu können, der einen
Kurzbogenschützen anrempelte und ihn anschrie, irgendetwas wie: »Du schießt auf
den falschen Mann, du Idiot!«, doch der Schütze schrie zurück: »Bist du denn
bescheuert?«, und schubste Cajin grob zu Boden. Bestar konnte nicht weiter
darauf achten. Drei eng beieinanderstehende Hausdächer konnten hier oben unter
den rasenden Nachtwolken ohne Komplikationen gequert werden. Und dann stand der
Mörder endlich vor einer Sackgasse. Vom Ende dieses Daches aus lag das nächste
Dach acht Schritte entfernt. Es ging nur noch nach unten oder an Bestar vorbei,
und der zog jetzt Skergatlu blank wie eine Schranke aus Erz.
    Unten steigerte sich der Tumult. »Er hat einen Gardisten getötet!« –
»Er hat mindestens zwei Leute erstochen, dahinten auf der Hauptstraße!« – »Er
hat auch in den letzten Tagen schon die ganzen Morde begangen!« – »Da ist er!
Und sein nächstes Opfer!« – »Wo bleibt denn die Garde? Holt endlich einer die
Garde?« – »Wir müssen ihn aufhalten, wenn wir jemals wieder ruhig schlafen
wollen!« – »Wir brauchen Teff Baitz oder Ulric den Schmied! Der Kerl ist viel
zu stark für uns!« – »Wir sind viele und der ist nur einer! Das schaffen wir
schon!« – »Lasst uns ihn

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