Der Mann, der nicht geboren wurde
fünfzig,
mit borstigem schwarzen Haar und einem struppigen Kinnbart. Sein eines Auge war
stets halb geschlossen und bewegte sich langsamer als das andere. Der
Gesichtsausdruck war grausam und hämisch. Beim Liebesspiel genoss er es,
Schmerzen und Demütigungen zuzufügen.
»Passt das zufällig zu der Beschreibung desjenigen, der vor einigen
Tagen im Haus des Mammuts eingebrochen ist?«, fragte
Estéron den Leutnant.
Adsar zögerte, weil er nicht wusste, ob er befugt war, diese
Informationen weiterzugeben. Dann entschied er sich jedoch zu einem: »Ja.
Klein, schon älter, Kinnbart. Das mit dem Auge und den Schmerzen konnte unser
Gardist natürlich nicht erkennen.«
»Selbstverständlich nicht. Letzte Frage: Tjarka? Sind wir hier
richtig? Passt alles?«
Tjarka zuckte die Schultern. »Tut mir leid, ich kann die Frauen hier
drinnen nasenmäÃig nicht auseinanderhalten. Die Blonde roch genauso. In dieser
Art von Haus riechen alle Frauen auffallend nach Männern. Es kann jede von
ihnen gewesen sein. Aber wir brauchen ja nur Scelas kleine FüÃe neben die Spur
im Beet zu halten, und dann ist alles klar. Ich bin mir ziemlich sicher, dass
es passt.«
»Darum kümmern wir uns auch«, beeilte Adsar sich zu versichern.
»Also raus hier, es ist spät genug. Wir nehmen Scela gleich mit.«
»In sicheren Gewahrsam«, übersetzte Estéron der eingeschüchterten
Frau.
Mewis Moju protestierte zaghaft, aber eigentlich nur, um vor seiner
Belegschaft nicht völlig als jemand dazustehen, der gar nichts mitzureden
hatte. Der seltsame Siebenertrupp aus drei Uniformierten, drei äuÃerst
unterschiedlichen Zivilisten und dem Mädchen namens Scela schlüpfte nach
drauÃen in die Nacht.
Sie benutzten die AldavastraÃe stadteinwärts. Bestar sah sich immer
noch argwöhnisch um, obwohl in der jetzt deutlich vorgerückten Nachtstunde kaum
noch Passanten unterwegs waren. An der Ruine des Alten Tempels vorbei, dann
nach Norden auf die HesselystraÃe. Um Zeit zu sparen und unnötige
Hin-und-Herlaufereien zu vermeiden, befahl Leutnant Adsar hier seinen beiden
Untergebenen: »Ihr beide bringt das Mädchen umgehend zum Stadtgardehaus. Achtet
auf diesen Lundis â falls er in Erscheinung treten sollte, haltet ihn auf und
verständigt Verstärkung. Dem Mädchen soll in der Garde ein bequemes Quartier
zugewiesen werden, keine Zelle, habt ihr mich verstanden?«
»Jawohl, Leutnant Adsar.«
»Darf ich vorschlagen, dass wir mitkommen?«, fragte Estéron
lächelnd. »Scela ist eine wichtige Zeugin, und ihr selbst, Bestar und Tjarka
geben eine hervorragende Verstärkung der Bewachung ab.«
»Wenn Euch der Umweg nichts ausmacht â¦Â«
»Sicherzugehen ist nur auf den ersten Blick ein Umweg.«
»Dann los.«
Sie gingen doch zu siebt weiter, querten in aufkommendem Wind den
von der riesigen Rinwelinde beherrschten Marktplatz und erreichten den unweit
des Rathauses befindlichen Garnisonskomplex. Die drei vom Mammut blieben in der Nähe, bis Scela einen überwachbaren, möblierten Raum im
Zellengeschoss zugewiesen bekommen hatte. Leutnant Adsar kam alleine wieder
nach drauÃen, sich den Nacken mit einem feuchten Tuch abtupfend. Sein
längliches Gesicht glänzte vor Erschöpfung. »Jetzt geleite ich Euch noch zum Haus des Mammuts , dann ist mein Dienst für heute getan.«
Estéron lächelte wieder, wie immer, wenn er dem Leutnant
widersprechen musste. »Zuerst bringen wir noch Tjarka sicher in den Würfelbecher zurück. Dann gehen
wir zum Haus.«
So machten sie es. Sie gingen an der rückwärtigen Rathausseite
entlang, vorüber an der Krustenküche . Adsars und
Bestars Mägen knurrten vernehmlich. Tjarka kehrte zurück in das Geklapper und
Gelächter des Würfelbechers . Die angeheiterte
Stimmung dort schien ihr nichts auszumachen. Ãberhaupt lieà sie selten
verlauten, was in ihr vorging.
Adsar, Estéron und Bestar hatten nun nur noch einen kurzen Weg
zurückzulegen. Ein paar Hundert Schritte nördlich auf der groÃen
Nord-Süd-StraÃe. Von einer gleichmäÃigen StraÃenausleuchtung konnte keine Rede
sein. Ãberall bildeten sich Höfe und Blasen der Finsternis.
Estéron blieb plötzlich ruckartig stehen und tastete nach Bestars
Arm.
»Der ⦠Einbrecher â¦Â«, hauchte er und zog tief Luft durch die Nase.
Bestar hatte
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