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Der Mann der nicht zu hängen war

Der Mann der nicht zu hängen war

Titel: Der Mann der nicht zu hängen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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dem Copiloten die Checkliste durch. Der Steward steckt die Menükarten in die Taschen hinter den Lehnen.
    Die Passagiere des Fluges nach Hongkong werden aufgerufen und drängen sich nun am Schalter der Cathay Pacific Airways. Ein nicht besonders lukrativer Flug für die Gesellschaft — es sind nur 71 Passagiere. Eine junge Frau Anfang zwanzig gehört dazu und ein etwa siebenjähriges Mädchen, das sie an der Hand führt — beide Thailänderinnen.
    Die junge Frau heißt Somwang und ist sehr hübsch: pechschwarzes Haar, große, leuchtende Mandelaugen, dunkler Teint, ein wenig pausbackig. Sicher ein »Mädchen vom Lande« — wie es so schön heißt —, obwohl starke Brillengläser ihr ein gewisses intellektuelles Flair verleihen. Die Kleine, eine riesige Puppe im Arm, trägt den obligatorischen dunkelblauen Faltenrock mit gekreuzten Trägern über der weißen Schulmädchenbluse. Zwei dünne, schwarze Zöpfe baumeln ihr über die Schultern. Sie schaut ganz ernst in die Runde. Vor allem aber blickt sie stolz zu ihrem Vater auf, dem jungen Polizeioffizier in Uniform, der die beiden begleitet.
    Leutnant Somchai, dreißig Jahre alt, ein unterkühlter, distanzierter Typ von nicht gerade positiver Ausstrahlung, stellt zwei schwere Koffer auf die Waage am Flugschalter und gibt die beiden Tickets ab. Die Stewardeß überprüft sie kurz und wendet sich an Somchai: »Sie fliegen nicht mit?«
    »Nein.«
    »Das Kind ist Ihre Tochter?«
    »Ja.«
    Die Stewardeß lächelt: »Entschuldigen Sie... eine dumme Frage! Das Kind sieht Ihnen ja unheimlich ähnlich. Und die Dame?« Sie blickt auf die hübsche Somchai.
    »Sie bringt meine Tochter zu ihrer Mutter nach Hongkong. Übrigens, können Sie die Kleine an ein Fenster setzen?«
    »Hm ja, das geht.«
    »Ungefähr in die zehnte Reihe?«
    »Ja, auch das geht. Aber da sitzt sie fast über der Tragfläche und sieht so gut wie nichts!«
    »Ich weiß, aber den Platz hat sie nun mal am liebsten.«
    »Na gut, wie Sie wollen.«
    Die Stewardeß befestigt die Anhänger an den Koffern, die sogleich über das Rollband weiter zum Gepäckwagen und zur Maschine befördert werden. Leutnant Somchai wirkt ein wenig abgespannt. Aber er lächelt und reicht der jungen Frau, die seine Tochter begleitet, ein ledernes Schminkköfferchen: »Vergessen Sie bitte nicht, das ihrer Mutter zu geben.« Unwillkürlich kann die schöne Somwang ein verlegenes Lächeln nicht unterdrücken. Seit einem Monat ist sie die Geliebte von Leutnant Somchai. Mehr noch, er hat versprochen, sie zu heiraten. Aber vorläufig will er noch nicht, daß sie sich vor seiner Tochter duzen.
    »Nein, nein, ich werde es nicht vergessen! Aber es ist verschlossen! Haben Sie den Schlüssel?«
    »Nein, ihre Mutter hat den Koffer vergessen, als sie letztes Mal in Bangkok war. Sie hat den Schlüssel.«
    Dann gehen die drei in den Wartesaal, vorbei an den gleichgültigen Zollbeamten, die der Leutnant leicht herablassend grüßt. Man muß dazu sagen, daß Leutnant Somchai seit sechs Monaten zur Flughafenpolizei abkommandiert ist. Die junge Frau zeigt ihren Paß dem Grenzpolizisten. Der aber wundert sich lediglich über einen merkwürdigen, gekräuselten Haarschopf, der vor seinem Schalter vorbeizieht. Dann sieht er erst das kleine Mädchen, das seine Puppe fest an sich preßt. »Das ist Ihre Tochter, Leutnant?«
    »Ja, sie fliegt zu ihrer Mutter nach Hongkong.«
    Als sie die Wartehalle betreten, deutet das Kind auf die vielen bereitstehenden Maschinen hinter den Fensterscheiben: »Wo ist denn unser Flugzeug. Papa?«
    »Das da, das blau-weiße, siehst du...?«
    »O ja! Und ich darf am Fenster sitzen?«
    »Klar! Direkt am Fenster.«
    »Schade, daß du nicht mitfliegst, Papa!«
    »Ja sicher, es ist schade.«
    Und vielsagend schaut er die junge Frau an. Verstohlen drücken sie sich die Hand hinter dem Rücken des kleinen Mädchens. Was die junge Frau nicht weiß, ist, daß Somchai vor ein paar Wochen in einer Bar in Bangkok noch ein anderes sehr hübsches Mädchen kennengelernt hatte, eine dieser Bardamen, die müßigen Männern zu einem festgesetzten Preis für eine Stunde Gesellschaft leisten. Und dieser Frau hatte er ebenfalls vorgeschlagen, sie solle sein Töchterchen im Flugzeug nach Hongkong begleiten. Für eine gute Stange Geld natürlich. Nur, das Geschäft kam nicht zustande, weil der total abgebrannte Leutnant ihr nicht einmal eine kleine Anzahlung geben konnte. Außerdem war diese hinreißende Dame durchaus nicht auf den Kopf gefallen. Sie

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