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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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geschäftsmäßiger Stimme, legte diesmal aber eine gewisse Dringlichkeit in seinen Ton. Es gab ein ernsthaftes Problem. Der zuständige Chefingenieur der Unibank für die Region Nahost hatte nach Durchsicht der Pläne für die Zweigstelle in Abu Dhabi ein paar Fragen zur geplanten Gebäudeisolierung aufgeworfen. Er wollte wissen, ob man es nicht mit einer kostenschonenderen Klimaanlage ausstatten könne. Die Temperaturen in Abu Dhabi konnten im Sommer bis über 45 Grad Celsius ansteigen, und der Berater hatte seine Zweifel, ob al-Fajr diesen Umstand auch wirklich entsprechend berücksichtigt hatte. Die vorgesehene Isolierung mochte vielleicht für Jordanien ausreichen, aber sicher nicht für die Emirate, was wiederum zur Folge hätte, dass die Klimaanlage sehr viel Energie benötigen und das Gebäude im Unterhalt sehr teuer werden würde.
    Sadiki klang erstaunt. »Die Isolierung ist sehr gut«, beharrte er. »Wir verwenden sie auch in Saudi-Arabien. In Hafr al Batin wird es noch sehr viel heißer als in den Emiraten, und da gibt es keinerlei Probleme, das versichere ich Ihnen.«
    »Nun, ich furchte, das werden Sie unserem Ingenieur für die Region persönlich erklären müssen. Er ist Türke, ich bin gerade hier bei ihm in Ankara. Er will Sie sofort sehen, andernfalls, sagt er, muss er das Projekt leider stoppen.«
    »Und was heißt das?«, fragte Sadiki.
    »Das heißt, dass Sie kein Geld bekommen. Es tut mir wirklich leid. Mir kommt das ebenso ungelegen wie Ihnen. Aber es wird nicht lange dauern. Sie könnten am selben Tag her- und wieder zurückfliegen. Wenn Sie wollen, lasse ich alles von unserem Reisebüro für Sie buchen und Ihnen das Ticket ins Büro schicken.« Ferris gab sich Mühe, nicht zu drängend zu klingen, aber es hing nun mal einiges davon ab, dass dieser Teil des Plans funktionierte.
    »Wann soll ich denn nach Ankara kommen?« Sadiki klang eher neugierig als verärgert. Schließlich tauchten bei jedem Bauprojekt unvorhergesehene Schwierigkeiten auf.
    »Übermorgen, am Mittwoch«, sagte Ferris. »Das ist der einzige Tag, an dem unser Ingenieur Zeit hat. Es tut mir sehr leid, aber ich muss Sie wirklich herzlich bitten, das für uns zu tun. Er will mit niemandem außer Ihnen darüber reden.«
    »Warten Sie einen Augenblick.« Sadiki hängte Ferris in die Warteschleife, während er sich vermutlich mit einem seiner Vorgesetzten beriet. Es dauerte mehrere Minuten, und Ferris befürchtete schon, dass er ablehnen würde. Für diesen Fall hatten Azhar und er zwar einen Plan B, aber der war längst nicht so gut.
    Schließlich hörte er ein leises Rauschen in der Leitung, und dann war Sadiki wieder am Apparat. »Also, sind wir uns einig?«, fragte Ferris.
    »Sie kommen also für die Reise auf?«, vergewisserte sich Sadiki.
    »Wir übernehmen sämtliche Kosten. Sie fliegen natürlich Businessclass. Und sobald die Sache geklärt ist, werde ich umgehend dafür sorgen, dass das Geld wieder fließt. Es tut uns wirklich sehr leid, dass wir Ihnen solche Umstände machen müssen.«
    »Also gut. Ich komme am Mittwoch, dem einundzwanzigsten Dezember, nach Ankara, wenn es denn Gottes Wille ist.« Ferris gab ihm die Adresse, an der sie sich treffen würden – ein Haus im alten muslimischen Teil der Stadt –, und versicherte Sadiki, dass er gleich am nächsten Morgen sein Flugticket bekommen werde. Sadiki seinerseits versicherte ihm, dass er sich keine Gedanken machen müsse, er könne das absolut verstehen. Wie schnell der Jordanier sich immer in alles fügte! Natürlich hätte das Ferris eventuell misstrauisch machen können. Doch er hatte beschlossen, nicht misstrauisch zu sein.
     
    Am späten Nachmittag desselben Tages flog Ferris mit einem amerikanischen Militärhubschrauber zum großen Luftwaffenstützpunkt in Incirlik, vierhundert Kilometer südöstlich von Ankara, von dem aus amerikanische Flugzeuge zu Luftangriffen auf den Irak gestartet waren. Als er ankam, war es bereits dunkel. Vor dem baufälligen Terminal des Militärflugplatzes wartete ein CIA-Agent auf ihn, der Ferris schon einmal irgendwo in der Zentrale über den Weg gelaufen war. Er war Mitte vierzig, hatte schütteres Haar, eine leicht schiefe Körperhaltung und stellte sich als Mitarbeiter des Büros in Ankara vor. Die Nahost-Abteilung hatte ihn gebeten, Ferris in logistischen Fragen zu beraten. Nachdem sie das Gepäck ausgeladen hatten, führte er Ferris zu einem wartenden Humvee, der sie zu einer etwa einen Kilometer entfernten Wellblechbaracke

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