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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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kutschierte.
    In der Baracke saß Jim, der Soldat, mit dem Ferris sich in Rom getroffen hatte. Er hatte die Füße auf seinen Rucksack gelegt und blätterte in einer zerfledderten Ausgabe der Zeitschrift People. Trotz der Dezemberkälte hatte er die Ärmel seines Arbeiterhemds hochgerollt, aber zumindest die Sonnenbrille hatte er sich angesichts der hereinbrechenden Dunkelheit auf die Stirn geschoben. Er wirkte noch durchtrainierter und drahtiger als damals in Rom, als hätte er die vergangenen Wochen fast ausschließlich im Fitnessstudio verbracht.
    »Hallo, Fremder«, sagte Ferris. »Was gibt’s Neues?«
    »Nicht viel, Sir. Nur dass ihr CIA-Typen ganz schöne Spinner seid.«
    »Das ist aber nicht neu«, sagte Ferris. »Überraschen Sie mich mit was Originellerem.«
    Der Agent aus Ankara schaute unbehaglich von einem zum anderen. »Am besten lasse ich euch zwei jetzt mal allein«, sagte er. »Ich lasse den Humvee draußen, mir wurde gesagt, ihr braucht einen. Morgen um sechs komme ich und zeige euch, wo ihr Frühstück kriegt. Wenn ihr dann nicht da seid, müsst ihr euch selbst was besorgen.« Damit entschuldigte er sich und ließ die beiden jüngeren Männer miteinander im Halbdunkel der Baracke zurück. Ferris stellte seine Tasche ab und holte sich etwas zu trinken aus einem kleinen Kühlschrank.
    »Und, haben Sie die Knallfrösche dabei?«, fragte er zwischen zwei Schlucken.
    » Klar doch.« Jim deutete mit dem Kopf in eine Ecke der Baracke, wo ein großer Koffer auf Rollen stand. »Da ist genügend Plastiksprengstoff drin, um uns von hier nach Tel Aviv zu pusten.«
    »Und einen Wagen haben Sie auch?«
    »Einen Golf. So einen haben sie auch bei einer der Autobomben in Istanbul verwendet. Einer meiner Jungs hat ihn drüben vor der Offizierskaserne geparkt, genau, wie Sie gesagt haben.«
    »Perfekt«, sagte Ferris. »Dann können wir ja loslegen.«
    Jim kratzte sich am Kopf. Offensichtlich lag ihm noch etwas auf der Seele. »Wir jagen das Zeug da also allen Ernstes hoch, Sir?«
    »Ja«, sagte Ferris. »So war das gedacht.«
    »Schon klar, Sir«, sagte Jim. »Ich frage mich bloß … na ja … wie? Das ist nämlich ne ganze Menge Sprengstoff, das können Sie mir glauben.«
    Ferris beschloss, Jim den Einsatzplan in allen Details zu erläutern, damit er es nicht noch mehr mit der Angst zu tun bekam. Er holte die Unterlagen, die er zusammen mit Azhar erstellt hatte, aus seiner Aktentasche und breitete sie auf dem Tisch vor ihnen aus. Dann ging er den ganzen Plan Schritt für Schritt mit seinem Partner vom Militär durch. Es dauerte fast eine Stunde, bis er ihn mit sämtlichen Einzelheiten vertraut gemacht hatte.
    »Und es kommt wirklich keiner dabei zu Schaden?«, fragte Jim zweifelnd, als Ferris fertig war. Er wusste genau, was eine solche Menge Sprengstoff anrichten konnte.
    »Vorausgesetzt, wir machen alles richtig«, sagte Ferris. »Aber wir werden natürlich so tun, als hätte es Opfer gegeben. Und zwar sehr viele.«
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war bereits nach zehn. »Uns bleiben noch sechs Stunden«, sagte er.
    »Na, dann auf in den Kampf«, sagte Jim, und Ferris dachte sich, dass er selten einem Angehörigen des Militärs begegnet war, der nicht an irgendeinem Punkt »Auf in den Kampf« gesagt hätte, ganz unabhängig von der Situation. Sie sagten es, bevor sie in die Kneipe einen trinken gingen oder bevor sie den Fernseher einschalteten, um sich ein wichtiges Football-Spiel anzuschauen. Und wahrscheinlich sagten sie es auch zu ihren Frauen vor dem Sex.
    Ferris suchte seine Ausrüstung zusammen: Taschenlampe, Karten und ein Nachtsichtgerät sowie ein paar elektronische Bewegungsmelder, mit denen er das Gelände überwachen konnte, während Jim den Golf präparierte. Unterdessen zog Jim vorsichtig den Rollkoffer zur Tür der Wellblechbaracke. In einer Umhängetasche hatte er Zünder, Zeitschalter und eine Funkvorrichtung. Sorgfältig verstauten sie das ganze Material im hinteren Teil des Humvee. Nachdem Ferris sich ans Steuer gesetzt hatte, sah er noch einmal auf die Karte, um sich die Koordinaten genau einzuprägen.
    »Die Offizierskaserne liegt etwa zehn Minuten von hier entfernt. Eigentlich dürfte schon niemand mehr dort sein, aber wir fahren trotzdem ohne Licht.«
    Ferris setzte seine Nachtsichtbrille auf und schaltete sie ein. Als die nächtliche Umgebung ganz in grünliches Licht getaucht schien, legte er den ersten Gang ein und steuerte das schwere Fahrzeug auf eine holprige Schotterstraße.

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