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Der Mann, der niemals lebte

Titel: Der Mann, der niemals lebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ignatius David
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nichts Besseres zu tun, als im Büro zu sitzen.
    Ferris schloss die Tür seines eigenen Büros hinter sich und rief über eine sichere Leitung Hoffman an. Obwohl er ihm bereits aus Berlin einen kurzen Bericht geschickt hatte, wollte er noch einmal persönlich mit seinem Abteilungsleiter sprechen. Im Lauf der Jahre hatte er gelernt, dass man bei Hoffman nie sicher wissen konnte, was er wirklich wollte. Wie die CIA selbst, schien der Mann mehrere sehr verschiedene Abteilungen zu haben, und immer wenn man glaubte, man habe begriffen, was hier gerade gespielt wurde, ließ Hoffman durchscheinen, dass er sich zurzeit eigentlich in einer ganz anderen Abteilung aufhielt und brennend für etwas interessierte, an das man überhaupt noch nicht gedacht hatte. Ferris hatte außerdem gelernt, dass man am besten erst den diensthabenden Beamten anrief, wenn man den Chef sprechen wollte. Die Leute bei der Nahost-Abteilung hatten immer Probleme, ihn zu finden, wobei Ferris nie wusste, ob das wirklich stimmte oder ob sie nur so taten. Diesmal stellte der Beamte Ferris sofort durch.
    «Ich warte schon die ganze Zeit auf Ihren Anruf», sagte Hoffman. «Wo waren Sie denn?»
    «Im Flugzeug, und dann bin ich hierhergefahren. Aber jetzt bin ich in meinem Büro.» Ferris hatte eigentlich erwartet, dass Hoffman nur einen mündlichen Bericht über die Operation in Berlin verlangen würde, aber seinem schroffen Ton nach zu schließen ging es ihm um etwas ganz anderes.
    «Wen hat Hani im Visier?», fragte er. «Das ist alles, was mich interessiert. Bringt uns diese Berlingeschichte unserem Ziel irgendwie näher?»
    «Das weiß ich noch nicht. Hani hat mir nicht viel erzählt. Sie kennen ihn besser als ich, aber mir kommt es vor, als hätte er sein eigenes Tempo. Er mag es nicht, wenn man ihn hetzt.»
    «Das können Sie laut sagen. Gegen den ist sogar eine Schnecke noch rasend schnell. Aber mit diesem verdammten Kriechtempo ist es jetzt vorbei. Wir müssen ihn dazu bewegen, dass er schleunigst einen schnelleren Gang einlegt. Seit der Bombe in Mailand sind alle völlig durchgedreht. Der Präsident hat sich unseren Direktor vorgenommen. Er will wissen, wieso wir diesen Typen nicht das Handwerk legen, und der Direktor lässt seinen Frust dann an mir aus. Wir müssen dieses Netzwerk zerschlagen, und zwar sofort. Sagen Sie Hani das.»
    «Er ist noch in Berlin.»
    «Na wunderbar! Das bedeutet, dass er sich seinen neuen Jungen ohne uns vorknöpft. Aber nicht mit mir! Wer zahlt, schafft an!»
    Ferris überlegte einen Augenblick und entschied sich dann, Hoffman von seinem Verdacht zu erzählen. «Ich vermute, er sucht denselben Mann wie ich. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube, dass es bei der Sache in Berlin darum gegangen ist.»
    «Süleyman?»
    «Ja, Sir. Ich kann mir keinen anderen Grund dafür vorstellen, dass diese Sache ihm so wichtig ist. Und dass er mich dabeihaben wollte. Bestimmt hat er vor, in das Netzwerk von Süleyman einzudringen.»
    «Das reicht», sagte Hoffman. «Ich komme rüber zu Ihnen. Diese Sache darf uns keiner wegnehmen, sonst macht der Präsident Hackfleisch aus mir. Und aus Ihnen auch, ganz nebenbei. Ich schicke Ihnen ein paar nette Sachen für Hani, damit er weiß, wie gern wir ihn haben. Versuchen Sie, ihm etwas Honig um den Bart zu schmieren, wenn er wieder da ist. Und dann kommt Big Daddy und kümmert sich um ihn.»
    «Sind Sie sicher, dass das eine gute Idee ist?», fragte Ferris, der auf einmal ein ganz schlechtes Gefühl dabei hatte. Zum Teil lag das sicher daran, dass er nun nicht mehr allein für die Berlinsache verantwortlich war, aber da war noch etwas, das er nicht in Worte fassen konnte, nicht einmal für sich selbst. In diesem Teil der Welt liefen die Sachen nicht so, wie Hoffman glaubte. Hier konnte man niemandem in den Hintern treten und glauben, dass er auch dann noch mit einem zusammenarbeiten würde. Schließlich hatte man es hier nicht mit dem KGB zu tun, sondern mit Arabern, und Araber halfen einem nur dann, wenn sie einem vertrauten. Für einen Freund taten sie alles, für einen Fremden nichts. Und für jemanden, der sie respektlos behandelte, taten sie noch weniger als nichts. Ferris wollte Hoffman gerade dazu überreden, auf die Reise nach Amman zu verzichten, als ein Klicken in der Leitung ihm sagte, dass sein Chef aufgelegt hatte.

 
Balad, Irak          
    Zum ersten Mal horte Ferris den Namen Süleyman am Anfang eines für ein Jahr geplanten Einsatzes im Irak, in der

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