Der Mann, der niemals lebte
Hoffman, der ans Kopfende des Tisches getreten war. »Die Sache war Ihre Idee, Roger, deshalb sagen Sie mir jetzt, was Sie alles in dem Koffer haben wollen. Was soll der Agent Harry Meeker bei sich tragen, wenn er bei seinem Versuch, einen Verbindungsmann der al-Qaida zu kontaktieren, erschossen wird?«
Ferris schloss die Augen und versuchte, sich ganz in die Phantasiewelt zu versetzen, die er sich gemeinsam mit Hoffman und Azhar so mühevoll zusammengesponnen hatte.
»Er hat eine Botschaft der CIA für Süleyman dabei«, sagte Ferris. »Das ist der Auslöser für alles. Wenn die anderen das sehen, werden sie glauben, dass Süleyman für uns arbeitet. Haben Sie diese Botschaft vorbereitet?«
Hoffman nickte. »Natürlich. Eine Nachricht, die ihm von einem Kontaktmann in Pakistan überbracht werden soll.«
Ferris fuhr fort: »Harry soll Süleyman um Unterstützung beim Umgang mit einer ganz neuen Gefahr bitten. Und diese Gefahr ist Omar Sadiki, über den Harry ein umfangreiches Dossier zusammengestellt hat.«
»Genau« sagte Hoffman. »Süleyman hat nur Europäer getötet, aber Sadiki überschreitet eine entscheidende Grenze und greift die Amerikaner auf ihrer eigenen Militärbasis in der Türkei direkt an. Wir sind deshalb so beunruhigt, dass Harry Kontakt mit seiner geheimen Quelle in der al-Qaida aufnimmt und sie bittet, etwas gegen die neue Splittergruppe um Omar Sadiki zu unternehmen. Und diese Quelle ist Süleyman.«
Ferris schüttelte skeptisch den Kopf. »Ich hoffe nur, dass die von der al-Qaida uns so viel Verschlagenheit zutrauen. Und so viel Intelligenz.«
»Natürlich tun sie das. Die halten uns doch für die direkten Nachkommen von Superman. Deshalb hassen sie uns ja auch so sehr.«
»Haben Sie den Papierkram fertig?«, fragte Ferris.
»Klar doch, aber ich möchte trotzdem, dass Sie sich das Zeug noch einmal ansehen, bevor wir den Torpedo damit laden.«
Ferris las die Beschriftungen auf den Mappen, bevor er eine von ihnen zur Hand nahm und ein Foto herauszog, das Sadiki bei seinem Treffen mit Bülent Farhat in Ankara zeigte. »Das hier brauchen wir unbedingt. Es beweist, dass Sadiki kurz vor dem Anschlag in Incirlik mit einem al-Qaida-Mann in der Türkei Kontakt hatte. Wenn die Agentur ein Dossier gegen Sadiki zusammenstellen würde, wäre dieses Bild Beweisstück Nummer eins.«
»Dann hinein damit in den Koffer«, sagte Hoffman. »Was noch?«
Ferris nahm ein zweites Foto aus einer der Mappen mit früherem Datum. Es zeigte Sadiki in Abu Dhabi bei seinem Treffen mit dem Anwalt, der früher einmal ein wichtiges Glied innerhalb des Finanzsystems der al-Qaida gewesen war. »Das hier. Das ist Harrys Beweis dafür, dass Sadiki Geld für das Attentat in Incirlik bewegt hat.«
»Rein damit. Und sonst?«
Ferris zeigte ihm ein Dokument mit dem Briefkopf des FBI. Darin wurde der Nachweis erbracht, dass der Plastiksprengstoff der Incirlik-Bombe vom selben Typ war wie der, der 2003 bei den Anschlägen auf die HSBC-Bank und die israelische Botschaft in Istanbul verwendet wurde. »Harry Meeker würde auch das mitnehmen. Es ist ein Beweis für die Verbindung der neuen Bombenleger zur al-Qaida.«
Als Hoffman das Dokument in den Aktenkoffer legte, lachte er. »Das wird Süleymans Leute komplett verrückt machen. Wie kann es sein, dass ein Mann, der Zugriff auf denselben Plastiksprengstoff hat wie sie, ihnen bisher völlig unbekannt war? Wie konnten sie so im Dunklen tappen? Es sei denn ... es sei denn ... ihr lieber Süleyman hat selbst ein doppeltes Spiel gespielt. Vielleicht war er ja gar nicht der, der er vorgab zu sein. Vielleicht hat sich die ganze Zeit über ein Wurm in ihr Innerstes hineingefressen. Sie werden nicht mehr wissen, was sie glauben sollen!«
Ferris betrachtete ein drittes Foto, dessen Beschriftung es als das Büro der Ikhwan Ihsan in Amman auswies. Er erkannte die Gegend sofort. Es war der Teil der Altstadt, in dem sich auch das Büro von Alices Organisation befand.
»Das auch?«, fragte Hoffman.
Ferris starrte noch immer gedankenverloren auf das Foto. »Nein, das nicht«, sagte er so leise, dass es kaum zu hören war, und schob es dann zurück in den Aktendeckel.
»Was ist denn mit dem Foto? Ist es nicht interessant genug?«
»Doch, schon. Aber lassen wir es trotzdem weg. Es bringt uns nichts.«
Ferris suchte noch ein paar andere Unterlagen für den Koffer zusammen. Er fand ein Beobachtungsprotokoll des Geheimdienstes der Vereinigten Arabischen Emirate, das Sadikis Bewegungen in
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