Der Mann, der niemals lebte
Abu Dhabi auflistete. Das hätte Harry Meeker sicherlich interessiert. Dazu kamen noch die Kopien der Flugscheine von Amman nach Ankara und zurück. Auch die gehörten in das Dossier hinein, ebenso wie das Formular des türkischen Grenzschutzes, das der türkische Geheimdienst an die CIA weitergeleitet hatte und das bewies, dass Sadiki am 21. Dezember in Ankara gelandet war. Alles in allem war der Inhalt des Koffers eine höchst überzeugende Sammlung von Beweisen, dass Sadiki einer wichtigen neuen Splittergruppe der al-Qaida angehörte, der die CIA unbedingt das Handwerk legen wollte. Ferris klappte den Koffer zu, nahm ihn in die Hand und prüfte, wie schwer er war.
»Ich hasse diese Dreckskerle«, brummte Hoffman. »Deshalb führe ich sie auch so gerne an der Nase herum. Das Zeug in diesem Koffer wird innerhalb des Netzwerks immer weiter gereicht werden, und jeder, der es zu Gesicht bekommt, wird sich fragen, ob der Mann an ihrer Spitze nicht insgeheim auf unserer Gehaltsliste steht. Wenn wir diesen Zweifel erst einmal gesät haben, brauchen wir nur noch zu warten, bis die Saat aufgeht und Früchte trägt. Sie werden anfangen, an allem zu zweifeln, bis ihre ganze Welt kopfsteht und sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen.«
Ferris nickte. Es war seine Idee gewesen, und er glaubte daran, dass sie gut war, aber nun, wo sie kurz vor ihrer Umsetzung stand, fragte er sich dennoch, ob sie nicht doch noch etwas vergessen hatten.
»Ich stelle mir gerade vor, dass ich Harry Meeker bin«, sagte Ferris. »Ich habe für die CIA in Sachen Incirlik ermittelt und habe nun Beweise dafür, dass Omar Sadiki hinter dem Anschlag steckt. Jetzt brauche ich Süleymans Hilfe. Wie komme ich nach Pakistan?«
»Das kann ich Ihnen sagen«, erwiderte Hoffman. »Harry fliegt erst einmal nach London und Paris, um die Verbündeten zu informieren. Wir schicken jemanden, der aussieht wie er, dorthin, um die mittleren Chargen beim SIS und DGSE zu informieren und damit unsere Geschichte zu untermauern. Er fliegt mit demselben Gulfstream-Jet, in dem wir auch die Leiche transportieren. Der stecken wir noch ein bisschen Kleinkram aus London und Paris in die Taschen, Restaurant- und Taxirechnungen und so was. In London wird sich Harry zum Beispiel Cats anschauen und seiner Freundin per SMS mitteilen, wie toll das Musical war. Wenn die al-Qaida-Jungs das lesen, kriegen die sich nicht mehr ein, weil das so wahnsinnig amerikanisch ist. Das ist uns gestern eingefallen.«
»Wunderbar. Aber wann kommt Harry in Pakistan an? Das ist wirklich entscheidend.«
»Er fliegt von Paris nach Islamabad. Dort geht er erst einmal zum ISI; in dessen Reihen, nehmen wir an, hat er einen Maulwurf der al-Qaida, der seine Auftraggeber umgehend vom Auftauchen unseres lebendigen Harry informiert. Und nachdem Harry die Pakistanis informiert hat, zieht er auf eigene Faust los.«
»Um seinen al-Qaida-Kontaktmann in Waziristan zu treffen.«
»Genau. Er fährt mit unserem Abteilungsleiter in Peschawar und einem halben Dutzend Soldaten in die Berge, um sich dort mit einem Paschtunenführer namens Azzam zu treffen, der mit Süleyman in Afghanistan zusammengearbeitet hat. Diesen Azzam haben wir tatsächlich kontaktiert. Wir haben ihm Geld gegeben und versucht, ihn als Informanten zu rekrutieren. Es hat nicht geklappt, aber das kann die Gegenseite ja nicht wissen. Wenn Harry sich mit Azzam trifft, hat er eine Botschaft: an Süleyman dabei, die an adressiert ist. Diesen Codenamen verwenden seine Leute für ihn, das haben wir durch Abhören herausgefunden. Und diese Botschaft: ist... ich sage das nur, weil Sami sie verfasst hat ... ein wahres Kunstwerk.«
Hoffman gab Ferris ein Blatt Papier, das so hochwertig war, dass es nur aus Amerika kommen konnte. Es standen mehrere Sätze auf Arabisch darauf. Ferris las sie laut vor und übersetzte sie ins Englische: »Im Namen des Propheten seien Glück und Frieden mit Dir. Über unseren guten Freund und Bruder Azzam sende ich Dir meine besten Grüße, Raouf. Wir möchten Dich um Hilfe bitten wegen eines abtrünnigen jordanischen Bruders, dessen Foto und Dossier ich unserem Bruder Azzam übergeben habe. Wir ersuchen Dich in aller Freundschaft, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. Friede und Gottes Segen seien mit Dir.«
»Heften wir doch noch dieses Foto an die Botschaft«, sagte Hoffman und zeigte Ferris ein kleines Bild von Omar Sadiki. Ferris gab seinem Chef das Blatt zurück, und Hoffman befestigte das Foto mit einer
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