Der Mann, der niemals lebte
Ernst, ich finde diesen Scheiß hier richtig klasse. Das ist alles so bizarr, dass es schon wieder funktionieren kann.«
»Es wird auch funktionieren, wenn wir es nur richtig anstellen.« Ferris’ Gedanken rasten. »Wir stellen es also so dar, als wäre Omar Sadiki Teil eines feindlichen Netzwerks. Wir bewegen ihn übers Spielfeld, schicken ihn auf Missionen, stricken an seiner Legende. Wir sorgen dafür, dass die anderen ihn als Bedrohung empfinden. Vielleicht können wir es ja so aussehen lassen, als würde Sadiki in Süleymans Gebiet wildern. Oder wir machen einen Autobomber aus ihm … einen Freelancer, der versucht, es mit dem Meister aufzunehmen. So machen wir Süleyman richtig eifersüchtig. Und wir machen ihn nervös.«
»Verrückt machen wir ihn!«, rief Hoffman. »Wir bauen Sadiki zu einer so wichtigen Figur auf, dass dem großen Mann nichts anderes übrig bleibt, als herauszufinden, was er vorhat. Süleyman wird sich fragen, ob er ausgebootet wurde, ob wir sein ganzes Netzwerk umgedreht haben oder was zum Henker da eigentlich los ist. So was macht ihn wahnsinnig. Wie kann es sein, dass er nichts von diesem Omar Sadiki gewusst hat? Um das herauszufinden, muss Süleyman aus seinem Loch kommen. Er muss Kontakt zu seinen Leuten aufnehmen und nach dem Rechten sehen. Er wird glauben, sein Netzwerk wäre unterwandert worden, und irgendwann wird er nicht mehr wissen, wo vorne und hinten ist, und dann wird er anfangen, seltsame Dinge zu tun. Daraufhin fangen seine Leute an, sich Gedanken über ihn zu machen, und irgendwann einmal fragen sie sich, ob der gute Süleyman nicht vielleicht selbst ein Maulwurf ist. Und dann, peng!, lassen wir unsere Bombe platzen: den Beweis, dass Süleyman tatsächlich eine ganz miese Ratte ist.«
»Harry Meeker.«
»Genau. Wenn Harry ins Spiel kommt, haben wir ihn. Das nächste Foto, Sami.«
Auf der Leinwand erschien die Fassade eines Gebäudes in der Innenstadt von Amman. Wie alle Häuser im Zentrum war es aus weißem Stein erbaut. Draußen hing ein geschmackvolles Schild auf Englisch und Arabisch: »Architekturbüro al-Fajr«. Das Firmenlogo zeigte eine aufgehende Sonne.
»Das ist Omar Sadikis Arbeitsplatz«, sagte Hoffman. »Seine Firma ist hauptsächlich in der Golfregion tätig. Wir haben auch die Adresse und die Telefonnummer für Sie.« Ein weiteres Foto erschien. »Und das ist ein Bild von Omars Bruder, Samis Freund, der bei der UBS in Dhahran arbeitet. Ich denke nicht, dass Sie ihn jemals kontaktieren müssen, aber so sieht er aus, nur für den Fall, dass Sie mal in Schwierigkeiten geraten und wir ihn hopsnehmen müssen.«
»Also, legen wir los«, sagte Ferris.
»Halten Sie sich an Sami. Er hat ein paar grundlegende Daten für Sie zusammengestellt. Sie arbeiten für eine Bank, die Sadiki beauftragen will, eine neue Zweigstelle in den Emiraten zu entwerfen. Den Rest des Einsatzes müssen Sie sich selbst zusammenschustern, wenn Sie wieder in Jordanien sind, aber Sami hilft Ihnen mit der Startausrüstung.«
»Das sagen Sie so locker: (Wenn Sie wieder in Jordanien sind). Woher wissen Sie denn, dass Hani mich überhaupt wieder reinlässt? Er war verdammt wütend, als ich fortgegangen bin. Er hat gesagt, er will nie wieder ein Wort mit mir reden.«
»Inzwischen hat er sich wieder beruhigt. Gestern hat er die Botschaft wissen lassen, dass Sie immer noch als Verbindungsglied zum GID willkommen sind. Um genau zu sein, hat er sogar gesagt, dass er nur Sie und niemand anderen in dieser Funktion akzeptieren wird. Wir sollten nur ja nicht versuchen, ihm jemand anders unterzujubeln. Einen Frischling einzuarbeiten, sagt er, ist ihm viel zu viel Aufwand. Außerdem mag er Sie. Im Grunde hat er also verlangt, dass Sie zurückkommen. Aus Mincemeat-Park-Perspektive wäre es natürlich einfacher, Sie als Joker einzusetzen, von dem keiner etwas weiß, aber wir können es uns definitiv nicht leisten, Hani noch weiter zu reizen. Also werden Sie weiter in Amman stationiert sein, wenn Sie nicht gerade für die Operation unterwegs sind.«
»Wann kann ich aufbrechen?« Ferris dachte an Alice und an die vielen neuen Geheimnisse, die er jetzt vor ihr verbergen musste.
»Was weiß denn ich? Wann immer Sie so weit sind.«
»Ich bin so weit. Ich will so schnell wie möglich zurück nach Jordanien.«
»Wollen Sie denn nicht ein bisschen Zeit mit Ihrer Frau verbringen?«
»Eigentlich nicht. Ich habe Ihnen ja schon in Amman erzählt, dass wir praktisch getrennt leben. Vor zwei Tagen habe ich
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