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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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bekam den feuchten Stoff endlich zu fassen. Hektisch zerrte er das Tuch hervor, riss es nach oben und drückte es Dale keuchend auf die Nase.
    »W-was soll der Scheiß …« Dale reckte den Hals, wollte sich wegdrehen, aber das konnte er nicht, ohne Tom gleichzeitig loszulassen.
    Langsam, ganz langsam spürte Tom, wie Dales eiserner Griff um seinen Hals erlahmte und er wieder Luft bekam.
    »I-ich hab ’ne richtige Waffe«, stieß Tom erstickt hervor, als Dales Pranken schließlich schlaff wurden und Dale besinnungslos nach hinten sackte. »Dr. Coopers Waffe, du hirnloser Fettsack.«
    ~~~
    »Aufwachen, Dale! Du sollst auf-wa-chen!«
    Tom tätschelte Dale sanft die Wange, und langsam fingen die Lider des Hünen an zu flattern. Dale fuhr sich mit der Zunge über die wulstigen Lippen und blickte in Toms lächelndes Gesicht.
    »Du bist wach! Das ist toll, Dale! Ich habe schon fast nicht mehr damit gerechnet! Hab schon gedacht, ich hätt’s ein bisschen zu gut gemeint mit dem Chloroform. Aber ich wollte auf Nummer sicher gehen, das verstehst du bestimmt, oder, Dale?«
    Dale verstand gar nichts, er schüttelte sich, wollte sich aufrichten, doch er stellte fest, dass er gefesselt war.
    Tom setzte sich auf einen Holzstoß neben Dale und zog aus einer braunen Papiertüte ein angebissenes Sandwich. Er hob es kurz hoch, damit Dale es sehen konnte, bevor er herzhaft hineinbiss.
    »Tut mir leid, Kumpel, ich hab ’nen Mordshunger. Du bist ganz gut im Futter, wenn wir mal ehrlich sind. Mann, das war eine Plackerei, bis ich dich da oben hatte.« Kauend deutete Tom auf die Lore, auf der Dale gefesselt lag.
    Der blickte an eine Holzdecke, und eine Laterne schräg über ihm verbreitete trübes Licht, in dem Holzstaub glitzerte. Sie waren in der Mühle, so viel war Dale sicherlich klar, denn von irgendwo hörte man das Rauschen eines Baches.
    Tom schluckte den Bissen hinunter und deutete auf Dales Stiefel. »Du musst zu deinen Füßen gucken, Dale! Da wird’s interessant.«
    Dale hob den Kopf, legte das Kinn auf die Brust und sah an seinem Körper hinab. Er stöhnte erschrocken auf. »Scheiße, Mann! Mach keinen Scheiß, hörst du?«
    Tom lachte. »Ja, ich gebe zu, besonders originell ist das nicht. Ihr fesselt mich auf die Schienen, und ich fessele dich auch auf die Schienen. Aber irgendwie passt es dann doch, oder nicht? Mann, ich hab ewig gebraucht, bis ich kapiert hab, wie das Ding funktioniert.«
    Tom schob den letzten Bissen des Sandwichs in den Mund, rieb sich die Krümel von den Händen und trat dann an eine Konstruktion aus Holz und Eisen an der Wand. Er griff nach einem Hebel. »Hier! Den hier muss man runterdrücken, damit sich das Mühlrad in den Bach senkt, Dale. Ist das nicht faszinierend? Schau her!«
    Tom drückte den Hebel nach unten, und es knirschte und knackte, man hörte das Wassser gegen die Mühlräder plätschern. Dann griffen Zahnräder ineinander, und die große alte Gattersäge, die in einer Ecke der Mühle neben den dampfbetriebenen Sägen stand, setzte sich langsam, aber dafür lautstark in Bewegung. Auf und nieder glitten die drei mannshohen Sägeblätter, die nur knapp fünf Fuß von Dales Beinen entfernt waren, und verursachten dabei ein schrilles, kreischendes Geräusch in dem Gestell, in dem sie hingen.
    »Lieber Herr Jesus, hör auf, Mann! Bitte hör auf!« Dale stemmte sich gegen die Fesseln, mit denen er auf der Lore festgemacht war, aber sie gaben nicht nach.
    Tom trat neben die Lore, legte Dale eine Hand auf die Brust und schob die Lore damit ein Stückchen nach vorn. »Es geht ganz leicht, siehst du? Man kann die Baumstämme … oder eben dich, Dale, also von Hand in die Säge schieben, oder man kann auf das Pedal hier drücken …«, Tom setzte den Fuß auf einen quadratischen Holzblock, der sich daraufhin in eine Aussparung im Boden der Mühle senkte, »… und das Mühlrad treibt über eine Kette auch den Lorenwagen an. Tolle Sache, hm?«
    »Nein! Neiiin! Hiiilffeee! Flooooyd!«
    Bleiben Sie gut, Thomas. Bleiben Sie gerecht.
    Oh ja, gerecht würde er bleiben. So gerecht, wie dieser Bastard es verdiente.
    Dales Gesicht war rot angelaufen, er schrie gellend und zerrte an den Fesseln, aber er blieb fest auf die Lore gebunden.
    Tom kicherte, trat noch einmal auf den Block im Boden und zog Dale ein Stück von der ratternden Säge weg. »Sei nicht albern, Dale. Floyd ist zu Hause und schläft, niemand kann dich hier hören. So wie man mich auf den Eisenbahngleisen übrigens auch nicht gehört

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