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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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hat, weißt du? Dafür hab ich die Lok gesehen, als sie auf mich zukam. Zuerst hab ich gedacht, ich schicke dich mit dem Kopf voraus in die Säge, aber dann hab ich es mir anders überlegt. Ich dachte, wir machen es genauso wie bei mir und der Lok und du kannst auf die Säge gucken und erlebst noch mit, wie sie zuerst deine Beine und dann den Rest von dir zersägt. Wie findest du das?«
    »Lass mich! Lass mich gehen, hörst du? I-ich … es tut mir leid, dass wir dich verprügelt haben … Ich … ich hau hier ab, du wirst mich nie wiedersehen!«
    »Das stimmt, ich werde dich nie wiedersehen, weil du gleich zersägt wirst, Dale, außer … außer du erzählst mir etwas, was ich wissen will, dann überlege ich es mir vielleicht noch einmal.«
    Dale starrte auf die auf- und niederfahrende Säge. Seine Stimme war schrill, und er schrie, um das kreischende Geräusch der Sägeblätter im Gestell zu übertönen. »W-was? Was soll ich dir erzählen?«
    Tom blickte auf Dale hinunter wie ein mitfühlender Arzt auf einen Patienten im Krankenbett. »Erzähl mir, was du mit Jeb gemacht hast. Warum hast du ihn umgebracht, Dale? Warum hast du ihn an die Schweine verfüttert?«
    Dale blickte gehetzt von den Sägeblättern zu Tom. »W-was, ich … ich hab Jeb nicht umgebracht, Kumpel, das musst du mir glauben! Ich wusste nicht mal, dass er tot ist! Ich hab’s von Floyd erfahren, Mann! Jeb war mein Freund!«
    Tom seufzte mitfühlend. Bedauernd hob er die Hände. »Tja, aber wer soll es denn dann gewesen sein? Also, ich war’s nicht, und wir alle kennen dein hitziges Gemüt, Dale. Ein paar Gläschen zu viel, ein Streit unter Freunden, der außer Kontrolle gerät … Man kennt das ja. Es dämmert bald, und ich muss mit meinem missratenen Bruder und mit einem Schulmädchen sprechen und außerdem nach einem Kumpel sehen. Also langweile mich lieber nicht, Dale.« Mahnend hob Tom den Zeigefinger.
    Dales Augen zuckten zwischen dem Sägeblatt und Tom hin und her. Dicke Schweißperlen liefen ihm über die Stirn. »Ich schwör’s dir, Mann! Ich war’s nicht! Wir waren im Puff, nachdem wir dich vermöbelt haben. Aber Jeb is’ noch mal los, wollte irgendwen treffen, aber ich weiß nicht, wen. Ich war schon total blau, bin auf der Braut eingeschlafen. Und dann kam er einfach nicht zurück, und einen Tag später hör ich, dass er tot ist und … und … und mehr weiß ich nicht!«
    »Wen wollte er treffen?«
    Dale riss an seinen Fesseln. »Ich weiß es nicht, verdammt noch mal! Und jetzt bind mich los, du Bastard!«
    Tom schüttelte traurig den Kopf und schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Tststs, Dale. Ich hab dir gesagt, du sollst mich nicht langweilen. Und beschimpfen solltest du mich auch nicht.« Tom trat auf den quadratischen Block, der daraufhin im Boden verschwand. Die Transportkette griff in ein Zahnrad unter der Lore. »Mach’s gut, Kumpel«, sagte Tom und wandte sich zum Ausgang der Mühle.
    Dales Augen weiteten sich vor Entsetzen. Die Lore rollte langsam auf die Säge zu. » NEEIIINN ! Nicht!«
    Tom zog die Tür auf.
    Schon waren Dales schlammverkrustete Stiefel nur noch eine Handbreit von den messerscharfen Sägezähnen entfernt. »Da war ein Typ!«, schrie Dale panisch. »Beim Knast!« Dale riss den Kopf zur offen stehenden Tür der Mühle.
    Tom war weg.
    Dale schrie sich die Seele aus dem Leib. »Komm zurüüüück! Der Typ hat uns bezahlt, damit wir dich zusammenschlagen! BITTEEE !« Dales Gebrüll wurde ohrenbetäubend, als die kreischend ratternden Sägeblätter seine Stiefelsohlen aufritzten.
    Dann stieß Tom den Fuß auf den Hebel und zog die Lore langsam zurück. Er hatte nicht länger als einen Atemzug gebraucht von der Stelle vor der Tür, wo er gewartet hatte, bis zu der Säge.
    Dale weinte hemmungslos. Auf seiner Hose hatte sich ein dunkler Fleck ausgebreitet.
    Tom schüttelte nachsichtig den Kopf. »Dale, Dale, Dale. Du machst mir Sorgen, weißt du das? Erst lügst du mich an, und dann pisst du dich voll.«
    Dale keuchte, hustete, und dann kicherte er irr, bevor er wieder weinte.
    Tom gab ihm einen Klaps auf die Wange. »Also, Dale: der Mann beim Knast. Wer ist das? Wer hat euch bezahlt?«
    »Ich weiß es nicht«, stöhnte Dale. »Ich hab ihn noch nie gesehen.«
    »Dale!« Tom trat auf den Block am Boden, und die Kette klinkte sich wieder ein.
    Die Lore fuhr Richtung Säge, und Dale schrie auf. »Wirklich nicht! Du musst mir glauben! Nur Jeb hat mit ihm geredet!«
    Tom trat nochmals auf den Block und die Lore

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