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Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

Titel: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Sacks
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messen, und im Bereich der Sinne läßt sich auf allen Ebenen, bis zum sensorischen Rindenfeld, das völlige Fehlen aller «evozierten Potentiale» feststellen. Sobald der Betroffene seine Hände und Füße infolge ihres Gebrauchs wieder als wirklich empfindet, erfolgt eine vollständige Umkehrung dieser physiologischen Erscheinung.
    Ein ähnliches Gefühl der Leblosigkeit und Unwirklichkeit ist in Kapitel 3 («Die körperlose Frau») beschrieben.
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Phantome
    Als «Phantom» bezeichnet man in der Neurologie die wirklichkeitsgetreue Vorstellung von einem Körperteil beziehungsweise die lebhafte Erinnerung an ihn, die auch Monate oder Jahre nach seinem Verlust noch unvermindert fortbesteht. Dieses Phänomen war schon im Altertum bekannt. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg wurde es von dem großen Neurologen Silas Weir Mitchell in allen Einzelheiten erforscht und beschrieben.
    Weir Mitchell schilderte mehrere Arten von Phantomen - manche waren sonderbar geisterhaft und unwirklich (er nannte sie «Sinnesgeister»); manche waren auf überwältigende, ja gefährliche Weise lebensecht und real; manche waren überaus schmerzhaft, die meisten hingegen nicht von Schmerzen begleitet; manche waren fotografisch exakt wie Nachbildungen oder Faksimiles des verlorenen Gliedes, andere waren grotesk verkürzt oder entstellt... Weir Mitchell beschrieb auch «negative Phantome» oder «Fehl-Phantome». Er wies auch darauf hin, daß solche Störungen des «Körperbildes» - dieser Ausdruck wurde erst fünfzig Jahre später von Henry Head eingeführt - entweder durch zentrale Faktoren (Stimulierung oder Zerstörung des sensorischen Rindenfeldes, insbesondere das der Scheitellappen) oder durch periphere Faktoren beeinflußt sein könnte (das heißt durch den Zustand des Nervenstumpfes oder Neuroms; die Zerstörung, Blockierung oder Reizung des Nervs; durch Störungen der Spinalnervenwurzeln oder der Nervenbahnen im Rückenmark). Ich selbst habe mich besonders mit diesen peripheren Einwirkungen beschäftigt.
    Die folgenden, sehr kurzen, ja fast anekdotischen Abschnitte sind der Rubrik «Klinische Kuriosa» des British Medical Journal entnommen.
Phantomfinger
    Ein Seemann schnitt sich versehentlich seinen rechten Zeigefinger ab. Danach überkam ihn vierzig Jahre lang immer wie der das quälende Gefühl, sein Finger sei noch immer gerade ausgestreckt, wie in dem Moment, als er ihn sich abschnitt. Wenn er seine Hand an sein Gesicht führte - zum Beispiel, um zu essen oder sich an der Nase zu kratzen -, fürchtete er, sich mit dem Phantomfinger ins Auge zu stechen. (Er wußte zwar, daß das unmöglich war, aber das Gefühl war geradezu überwältigend real.) Später bekam er infolge von Diabetes eine schwere sensorische Neuropathie und verlor jedes Gefühl für seine Finger. Auch der Phantomfinger verschwand.
    Es ist wohlbekannt, daß eine zentrale pathologische Störung, zum Beispiel ein sensorischer Insult, eine Phantomerscheinung «heilen» kann. Wie oft geschieht es, daß eine periphere pathologische Störung dieselbe Auswirkung hat?
    Verschwindende Phantomglieder Amputierte und alle, die mit ihnen therapeutisch arbeiten, wissen, daß ein Phantomglied unerläßlich für den Gebrauch einer Prothese ist. Der Neurologe Michael Kremer schreibt: «Ein Phantomglied ist für den Amputierten von großer Bedeutung. Ich bin ganz sicher, daß niemand eine Beinprothese zufrieden stellend benutzen kann, bevor das Körperschema, mit anderen Worten: das Phantomglied, mit ihr verschmolzen ist.»
    Das Verschwinden eines Phantomgliedes kann also katastrophale Folgen haben, und seine Wiedererlangung, seine Wiederbelebung ist dringend erforderlich. Dies läßt sich auf verschiedene Weise bewerkstelligen: Weir Mitchell beschreibt, wie eine Phantomhand durch die Faradisation des brachialen Nervengeflechtes nach fünfundzwanzig Jahren plötzlich wie der «zum Leben erweckt» wurde. Einer meiner Patienten er zählte mir, er müsse sein Phantomglied jeden Morgen «wecken»: Zunächst hebe er seinen Oberschenkelstumpf an und gebe ihm dann - «wie einem neugeborenen Kind» - mehrere kräftige Klapse. Beim fünften oder sechsten Schlag sei das Phantombein, angeregt durch die periphere Stimulierung, urplötzlich «da». Erst dann könne er seine Prothese anlegen und laufen. Ich frage mich, welche ungewöhnlichen Methoden wohl andere Amputierte anwenden mögen.
Phantombeine
    Ein Patient, Charles D., wurde zu uns überwiesen, weil er häufig Schwindelanfälle hatte,

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