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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß
Autoren: John O'Farrell
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schwerfällig auf die Knie und nahm zärtlich ihre Hand. »Madeleine Vaughan, würdest du mir die große Ehre erweisen, meine Exfrau zu werden? Ich frage dich – nein, ich flehe dich an: Willst du dich von mir scheiden lassen?«
    Ein Schaf starrte uns an, als hätte es endlich jemanden gefunden, der ihm intellektuell das Wasser reichen konnte.
    »Nichts lieber als das!«
    Es sollte eine Scheidung werden wie keine andere. Wir waren uns einig, dass es viel zu kompliziert und kostspielig wäre, die ganze Angelegenheit rückgängig zu machen, und so beschlossen wir, die Tatsache, dass wir endlich geschieden waren und glücklich leben würden bis ans Ende unserer Tage, mit Champagner, Reden und einer großen Party zu feiern. Wir überlegten, wie die Kinder wohl damit umgehen würden, wenn ich wieder zu Hause einzog, und wie wir es anstellen sollten, uns nicht vor ihnen zu streiten, falls es doch einmal zu Meinungsverschiedenheiten kam. Und die ließen nicht lange auf sich warten …
    »Es tut mir leid, dass ich dir nach deiner Amnesie erst mal einen Korb gegeben habe. Aber ich wollte hundertprozentig sicher sein, dass du uns nicht noch einmal sitzen lassen würdest.«
    Ich war entsetzt über ihre verzerrte Sicht der Dinge. Erst wollte ich ihre Bemerkung stillschweigend übergehen, doch der Vorwurf wog zu schwer, um ihn widerspruchslos hinzunehmen.
    »Ähm … ich erwähne das nur ungern, aber … ich habe dich nicht verlassen. Du hast das Schloss auswechseln lassen.«
    »Das Schloss auswechseln lassen? Wovon redest du?«
    »Du hast deine Drohung wahrgemacht und das Schloss an der Haustür ausgewechselt. In dem Moment wurde mir klar, dass unsere Ehe nicht mehr zu retten war und ich die Scheidung einreichen musste.«
    »Du Vollidiot! Ich habe das Schloss nicht auswechseln lassen! Ich weiß, ich habe dir damit gedroht, aber so etwas würde ich nie tun!«
    »Du hast nicht nur das Schloss ausgewechselt, sondern auch noch so getan, als wärst du nicht zu Hause – selbst nachdem ich mir an der Scheibe in der Tür die Hand aufgeschnitten hatte.«
    »Wie? Du warst das? Und wir dachten, jemand hätte versucht, bei uns einzubrechen! Ich war mit den Kindern zu meinen Eltern gefahren, damit sie unsere ständigen Streitereien nicht länger ertragen mussten – ich hatte dir sogar eine Nachricht hinterlassen. Aber als ich wiederkam, war die Scheibe eingeschlagen, und du warst nicht da und hast wochenlang nicht auf meine Anrufe reagiert …«
    »Ja, weil du das Schloss hattest auswechseln lassen!«
    Maddy wandte den Kopf und sah mir in die Augen. »Hattest du getrunken?«
    »Was?«
    »Als der Schlüssel, mit dem du die Haustür aufschließen wolltest, nicht passte. Hattest du da zufällig getrunken?«
    Eine Zeitlang herrschte Schweigen, und ich beschloss, auf den herrlichen Ausblick von den Klippen vorübergehend zu verzichten, und starrte stattdessen auf den schlammigen Pfad.
    »Hör mal, äh, wenn’s sein muss, kann ich meine Plattensammlung auch woanders unterbringen …«

23. KAPITEL
    Frühling war’s, wenn des verblühten Jünglings lose Seele im Scheidungswahne schwärmt. Maddy und ich betraten den Gerichtssaal Arm in Arm und schritten feierlich den Mittelgang entlang. Zum Glück war Maddys Hochzeitskleid kein aufgerüschtes weißes Sahnebaiser mit wallendem Schleier und Zweimeterschleppe, sonst wäre sie wahrscheinlich wegen Missachtung des Gerichts verurteilt worden, weil sie so zu ihrem Schlusstermin erschien. Dennoch war sie unschwer als Braut zu erkennen in ihrem todschicken, dreiviertellangen Kleid aus dunkelroter Seide, im Arm einen Strauß Rosen von derselben Farbe wie die Rose an ihrem koketten kleinen Hut. Sie trug dieses Outfit erst zum zweiten Mal, und die Tatsache, dass sie nach zwei Kindern und fünfzehn Jahren immer noch hineinpasste, nötigte mir ein gerüttelt Maß an Bewunderung ab, mit der ich denn auch nicht hinterm Berg hielt.
    »Danke. Ach, und falls der käufliche Erwerb eines sündteuren neuen Kleides auf deiner Kreditkartenabrechnung auftaucht, sind wir wohl Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden.«
    Obgleich ich mich in den letzten Wochen redlich bemüht hatte, beim Gassigehen mit dem Hund zu joggen und keinen Alkohol zu trinken, kam ich beim besten Willen nicht in den Anzug, den ich an meinem Hochzeitstag getragen hatte, was angesichts der übergroßen Schulterpolster und hochgeschobenen Ärmel jedoch keine Katastrophe war. Auch besaß ich nicht mehr genügend Haupthaar, um mir wie in den
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