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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John O'Farrell
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jemanden kennengelernt habe?«
    »Nein – es passt mir nicht, dass du unserer Ehe keine zweite Chance geben willst, solange ich nicht weiß, warum sie gescheitert ist.«
    Als Maddy am nächsten Morgen mit ihrem Koffer die Treppe heruntergeschlichen kam, war ich schon angezogen und stand in der Küche.
    »Wow – du bist aber früh auf.«
    »Ich wollte bloß rasch den Geschirrspüler ausräumen und den Frühstückstisch decken, bevor deine Mutter davon Wind bekommt und der Königin vorschlägt, mich zum Ritter zu schlagen. Da – ich habe dir einen Tee gekocht.«
    »Danke. › Hast du gesehen, Ron? Er hat seiner Frau einen Tee gekocht.‹ « Wir lächelten uns an, und schon war unser abendlicher Streit vergessen.
    Dass es draußen noch dunkel war, verstärkte den Eindruck, dass wir etwas Verbotenes taten – obwohl sie gleich mit ihrem neuen Freund auf und davon fliegen würde, saß sie am Küchentisch und scherzte mit ihrem Ex.
    »Und wie schläft sich’s auf der Klappcouch?«
    »Ganz gut. Abgesehen davon, dass Woody mir dauernd die Bettdecke weggezogen hat.«
    Maddy bekam eine SMS . »Oh, das ist … der Wagen wartet.«
    Sie rollte ihren Koffer zur Tür, und wir zögerten einen Augenblick. »Na dann – tschüs.« Sie winkte übertrieben, als wäre ich weit, weit weg, und ließ keinen Zweifel daran, dass sie nicht von mir geküsst werden wollte. »Bestell deinem wunderbaren Vater einen lieben Gruß von mir.«
    »Die Kinder und ich gehen ihn am Mittwoch besuchen. Du hast doch hoffentlich nichts dagegen?«
    »Nein. Warum sollte ich?«
    »Na dann, viel Spaß.«
    »Danke.« Sie schloss die Haustür auf und verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln.
    »Rein interessehalber«, sagte ich nachdenklich. »Waren wir je zusammen in Venedig?«
    »Nein. Ich wollte immer hinfahren, und obwohl du es mir mehrmals hoch und heilig versprochen hast …« – sie wandte den Blick – »… ist nie etwas daraus geworden.«
    »Oh. Das tut mir leid.«
    »Schon gut. Dafür fahre ich ja jetzt.«
    Und die Tür fiel ins Schloss, und ich hörte eine gedämpfte Männerstimme und Maddys begeisterte Reaktion und das Motorengeräusch des Wagens, mit dem sie davonfuhr.

14. KAPITEL
    Falls der Name Vorfreude auslösen sollte, verfehlte er seine Wirkung bei mir komplett. Ich hatte nämlich den Verdacht, dass es sich bei Splash City mitnichten um eine Stadt handelte, die diese Bezeichnung verdiente, da sie mit ziemlicher Sicherheit weder über eine entsprechende Verwaltung noch über die erforderliche Infrastruktur verfügte. Und so hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, als die Kinder mir eröffneten, dass sie dieses riesige Spaß- und Erlebnisbad besuchen wollten.
    »Splash City?«
    »Ja, da gibt’s Wasserrutschen, Wellenmaschinen und so.«
    »Da gibt’s sogar einen richtigen Strand, mit Sand und allem Drum und Dran.«
    »Und einem toten, ölverklebten Tölpel?«
    »Den Witz machst du jedes Mal, Dad.«
    »Wirklich? Ich dachte, er wäre mir gerade erst eingefallen. Eine prima Idee, Kinder, aber ich glaube kaum, dass das Bad über Weihnachten geöffnet hat.«
    »Doch, hat es. Wir haben im Internet nachgesehen.«
    »Aber ich habe gar keine Badehose.«
    »Doch, hast du – sie ist in der Tasche im Wäscheschrank.«
    »Äh, das Dumme ist nur«, stammelte ich, »also, der Grund, weshalb ich nicht mit euch schwimmen gehen kann … nun ja, ich fürchte, ich habe vergessen, wie das geht.«
    Die beiden starrten mich ungläubig an.
    »Dann bringen wir’s dir eben bei!«, quietschte Dillie aufgeregt.
    »Was?«
    »Ja, wir bringen dir das Schwimmen bei! Genau wie du es uns beigebracht hast!«
    Eine Stunde später stand ich in schlabberigen Badeshorts vor dem Fußbecken zwischen den Umkleidekabinen und den Pools und brachte nicht den Mut auf, durch das eiskalte Wasser zu hüpfen. Auf einem großen Schild stand: »Kinder unter 14 Jahren nur in Begleitung Erwachsener.« Über Kinder, die ihren Eltern das Hundepaddeln beibringen wollten, stand dort leider nichts.
    Jetzt erst fiel mir auf, wie groß die Halle eigentlich war, eine postmoderne Kathedrale, erbaut zu Ehren der Zwillingsgötter Badespaß und Fußpilz. Riesige menschenverschlingende Röhren schraubten sich spiralförmig durch die Luft; Kinder und Erwachsene wurden gierig geschluckt und verschwanden einer nach dem anderen kreischend in dem nimmersatten Fiberglasschlund. Auf einer Zickzacktreppe wartete eine lange Schlange fast nackter, bibbernder Flüchtlinge geduldig auf eine Gelegenheit, durch

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