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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John O'Farrell
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Platz genug, um das endgültig zu begreifen! Es ist vorbei – ein für alle Mal!«
    Ich unternahm einen ungeschickten Versuch, ihre schmähliche Attacke zu parieren.
    »Ich habe als Erster Schluss gemacht.«
    »Was? Sind wir dreizehn oder was?«
    »Du hast vorgeschlagen, die Scheidung abzublasen und sich das Haus zu teilen, und ich habe Nein gesagt, also habe ich mit dir Schluss gemacht.«
    Sie hielt am Straßenrand.
    »Warum steigst du nicht einfach aus, bevor ich deinetwegen jemanden überfahre? Oder, noch besser, du steigst aus, und ich überfahre dich .« Sie zeigte auf die Beifahrertür.
    »Äh. Könntest du mich nicht wenigstens bei meinem Rad absetzen?«
    »Und wo steht das?«
    »Vor dem Krankenhaus.«
    Wie es schien, ging ihr alles, was ich sagte, gewaltig auf den Keks. Ich sah ihr nach, wie sie davonraste, ohne noch einmal in den Rückspiegel zu sehen. Ich stand eine Weile im eiskalten Nieselregen, dann überquerte ich die Straße und wartete auf den Bus in die entgegengesetzte Richtung. Als auch nach zehn Minuten keiner gekommen war, machte ich mich zu Fuß auf den Weg, und bald verwandelte der Nieselregen sich in einen Wolkenbruch. Ich zog einen leicht ramponierten Schirm aus einem Papierkorb. Sobald heutzutage etwas nicht mehr tadellos funktionierte, warf man es einfach weg und kaufte es sich neu; Schirme, Computer, Ehepartner: Sie alle ließen sich ohne größere Schwierigkeiten ersetzen. Aber es muss doch eine Zeit gegeben haben, als ein Paar seinen Regenschirm zu schätzen wusste, als ein Loch oder Riss geflickt und ausgebessert wurde. Leider musste ich rasch feststellen, dass der kaputte Schirm völlig nutzlos war, und so warf ich ihn in den erstbesten Mülleimer. Schließlich stand ich auf der Chelsea Bridge, und die leere Hülle des Battersea-Kraftwerks ragte hinter mir auf. Der Regen hatte etwas nachgelassen, doch inzwischen war ich derart durchnässt, dass das schon lange keine Rolle mehr spielte. Ein riesiger, verrosteter Frachtkahn fuhr unter der Brücke hindurch, und das seelenlose Dröhnen des Motors hallte donnernd übers Wasser.
    Ich spürte die Hundemarke, die ich um den Hals trug für den Fall, dass ich einen zweiten Gedächtnisverlust erlitt. Na, und wennschon! Ich würde damit vermutlich sehr viel besser zurechtkommen als beim ersten Mal. Obwohl die Marke nur ein paar Gramm wog, lag sie kiloschwer um meinen Hals; sie funkelte im Spiegel und scheuerte im Nacken und erinnerte mich fortwährend an mein lädiertes Hirn. Mit einer betont theatralischen Geste zog ich an der Kette, doch statt zu reißen, bohrte sie sich tief in meine Haut. Ich sah mich verstohlen um. Zum Glück war niemand in der Nähe, der meinen Schmerzensschrei hatte hören können, und so öffnete ich vorsichtig den winzigen Verschluss, starrte einen Augenblick auf die Kontaktdaten des Krankenhauses und warf die Marke in die trübe, aufgewühlte Themse. Lautlos verschwand sie in der Tiefe. Und dann ging ich einfach weiter, einer Zukunft ohne Madeleine entgegen.

17. KAPITEL
    »Also, ich schaffe mir garantiert kein Handy an!«
    »Ja, das sagst du jetzt …«, wendet meine Verlobte lachend ein.
    »Nein – das ist so sicher wie das Amen in der Kirche«, bekräftige ich. »Handys sind doch nur was für Idioten. Gut möglich, dass ich in zehn Jahren der letzte Brite ohne Handy bin, trotzdem werde ich den Teufel tun und die ganze Welt an meinen Privatgesprächen teilhaben lassen wie diese Arschgeigen im Zug, deren Akku wahrscheinlich sowieso längst leer ist und die bloß Eindruck schinden wollen.«
    »Bei Frauen ist das was anderes«, behauptet Maddy. »Stell dir vor, ich sitze nachts irgendwo fest und habe Angst, überfallen zu werden.«
    »Und plötzlich klingelt es in deiner Handtasche, und jeder potenzielle Räuber weiß, dass es bei dir was zu holen gibt! Nein danke, ’ne Telefonzelle tut’s auch … wie Gary zu sagen pflegte, wenn ihn die Blase drückte.«
    An dieses Gespräch erinnerte ich mich zwanzig Jahre später, als ich mit Gary im Pub saß und wir uns gegenseitig mit den albernen Apps auf unseren iPhones zu übertrumpfen versuchten. »Die hier ortet dich und zeigt dir an, wie viele Crackhäuser in der Gegend dichtgemacht worden sind …«
    »Wie praktisch.«
    »Und mit der hier kannst du dich selbst fotografieren und dir dann Schnäuzer und Koteletten verpassen. Damit siehst du aus wie ein Pornostar aus den Siebzigern.«
    »Was haben wir eigentlich gemacht, als es diese Dinger noch nicht gab …?«
    Mittlerweile

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