Der Mann, der sich in Luft auflöste
beschloss er, hinunterzugehen und sich frischzumachen, bevor er die Fluggesellschaft aufsuchte. Er überquerte die Straße und folgte ein paar Herren mit Aktentaschen in den Untergrund. Er gelangte in einen der kleinsten U-Bahnhöfe, die er je gesehen hatte. Auf dem Bahnsteig stand ein mit Glasscheiben versehener, grün und weiß gestrichener kleiner Kiosk aus Holz, dessen Dach von dekorativen gusseisernen Säulen getragen wurde.
Die Bahn, die bereits wartete, sah eher wie ein Liliputzug in einem Vergnügungspark aus als ein echtes Beförderungsmittel. Er erinnerte sich, dass dies die Zweitälteste U-Bahn Europas war.
Er bezahlte und erhielt an dem Kiosk einen Fahrschein. Dann stieg er in einen kleinen lackierten Holzwaggon, möglicherweise sogar denselben, in dem Kaiser Franz Joseph gefahren war, als er die Bahn 1896 einweihte.
Es dauerte noch eine Weile, bis die Türen zugingen, und als der Zug abfuhr, war der Wagen voll besetzt.
Auf dem Platz in der Mitte des Waggons standen drei Männer und eine Frau. Sie waren taubstumm und führten ein lebhaftes Gespräch in Gebärdensprache. Als die Bahn zum dritten Mal hielt, stiegen sie aus, nach wie vor eifrig gestikulierend. Bevor der Platz sich erneut füllte, sah Martin Beck flüchtig einen halb von ihm abgewandten Mann am anderen Ende des Wagens. Der Mann war dunkelhaarig und braun gebrannt, und Martin Beck erkannte ihn sofort. Statt des grauen Anzugs trug er nun ein grünes Hemd mit offenem Kragen. Vermutlich war von dem Stöckchen, an dem er bisher geschnitzt hatte, nichts mehr übrig.
Plötzlich tauchte die Bahn aus dem Tunnel ans Tageslicht auf und verlangsamte die Fahrt. Sie fuhr in einen grünen Park mit einem großen, in der Sonne funkelnden Teich. Dann hielt sie, und der Wagen leerte sich. Hier war offensichtlich Endstation.
Martin Beck stieg als Letzter aus dem Wagen und hielt nach dem Dunkelhaarigen Ausschau. Der Mann war nirgends zu sehen.
Ein breiter Weg führte in den Park, der kühl und einladend aussah, doch Martin Beck verzichtete auf weitere Ausflüge. Er studierte den Fahrplan auf dem Bahnsteig und kam zu dem Ergebnis, dass es zwischen dem Platz, wo er eingestiegen war, und diesem Park nur diese U-Bahn-Linie gab und dass der Zug in einer Viertelstunde zurückfahren würde. Es war halb zwölf, als er das Büro der Malev betrat. Die fünf jungen Frauen hinter dem Schalter waren mit Kunden beschäftigt. Martin Beck setzte sich an das Fenster zur Straße und wartete.
Er hatte den Mann mit dem dunklen, gewellten Haar auf der Rückfahrt nirgends entdecken können, vermutete aber, dass er sich weiterhin in seiner Nähe befand. Er fragte sich, ob man ihn auch beschatten würde, wenn er sich mit Szluka traf. Am Schalter wurde einer der Besucherstühle frei, und Martin Beck ging hin und setzte sich. Die junge Frau hinter dem Schalter hatte ihr dunkles Haar zu einer kunstvollen Lockenfrisur hochgesteckt. Sie wirkte resolut und rauchte eine Zigarette mit knallrotem Filtermundstück.
Martin Beck trug sein Anliegen vor. Hatte ein schwedischer Journalist namens Alf Matsson nach dem 23. Juli irgendeinen Flug gebucht, nach Stockholm oder woandershin? Die junge Frau bot ihm eine Zigarette an und begann, in ihren Unterlagen zu blättern. Nach einer Weile griff sie zum Telefonhörer, sprach mit jemandem, schüttelte den Kopf, ging weg und unterhielt sich mit einer ihrer Kolleginnen. Bis alle fünf ihre Listen durchgeblättert hatten, war es nach zwölf, und die junge Frau mit der Lockenfrisur teilte ihm mit, dass kein Alf Matsson einen Flug ab Budapest gebucht habe. Martin Beck beschloss, das Mittagessen ausfallen zu lassen, und ging auf sein Zimmer.
Er öffnete das Fenster und schaute hinunter zu den Mittagsgästen auf der Terrasse. Es war kein großer Mann in grünem Hemd zu sehen.
An einem der Tische saßen sechs Männer in den Dreißigern und tranken Bier. Ihm schoss ein Gedanke durch den Kopf, und er ging zum Telefon und bestellte ein Gespräch nach Stockholm. Dann legte er sich aufs Bett und wartete. Nach einer Viertelstunde klingelte das Telefon, und er hörte Kollbergs Stimme: »Hallo! Wie geht's, wie steht's?«
»Schlecht.«
»Hast du die Puppe gefunden? Diese Bökk?«
»Ja, aber das war nichts. Sie wusste nicht mal, wer er ist. Ein blonder Muskelprotz stand dabei und fummelte an ihr rum.«
»Dann hat Matsson bestimmt nur geprahlt. Nach dem, was seine sogenannten Kumpels sagen, soll er ja ein gewaltiger Angeber sein.«
»Hast du viel zu
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