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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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dass ein Mensch verschwunden ist.«
    »Wer behauptet das?«
    »Ich.«
    »In diesem Fall sollten Sie sich an die Behörden wenden und verlangen, dass der Fall auf dem üblichen Weg untersucht wird«, sagte Szluka steif.
    Martin Beck trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Der Mann ist weg, daran besteht kein Zweifel«, sagte er. Der andere war offensichtlich dabei, aufzubrechen. Er saß kerzengerade im Sessel, die rechte Hand auf der Armlehne. »Damit meinen Sie, soweit ich das beurteilen kann, dass die fragliche Person in den vergangenen zwei Wochen nicht mehr hier im Hotel gesehen wurde. Der Mann hat eine gültige Aufenthaltserlaubnis und kann sich innerhalb unserer Landesgrenzen frei bewegen. Im Augenblick gibt es hier ein paar hunderttausend Touristen, viele übernachten in Zelten oder schlafen in ihren Autos. Er kann in Szeged oder in Debreczin sein. Vielleicht ist er auch an den Balaton gefahren, um Urlaub zu machen und zu baden.«
    »Alf Matsson ist nicht zum Baden hergekommen.«
    »So? Wie auch immer, er besitzt ein Touristenvisum. Warum sollte er verschwinden, wie Sie es nennen? Was ist beispielsweise mit der Rückreise, hat er die schon gebucht?« Die letzte Frage war bedenkenswert. Die Art, wie sein Gegen über sie gestellt hatte, deutete darauf hin, dass er die Antwort wusste.
    Szluka erhob sich.
    »Augenblick, bitte«, sagte Martin Beck. »Ich möchte Sie noch etwas fragen.«
    »Bitte sehr. Was wollen Sie wissen?«
    »Als Alf Matsson das Hotel verließ, nahm er den Zimmerschlüssel mit.
    Der wurde am nächsten Tag von einem Polizisten in Uniform hier abgegeben. Woher hatte der Polizist den Schlüssel?«
    Szluka sah ihn mindestens fünfzehn Sekunden lang starr an. Dann sagte er:
    »Diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Auf Wiedersehen.«
    Er ging rasch durch die Lobby, machte an der Garderobe halt, ließ sich seinen grünbraunen Hut mit der Feder geben und blieb mit dem Hut in der Hand stehen, als überlegte er etwas. Dann machte er kehrt und kam an Martin Becks Tisch zurück.
    »Hier ist Ihr Pass. Bitte sehr.«
    »Danke.«
    »Er lag also nicht an der Rezeption, wie Sie glaubten. Sie haben sich, wie man so sagt, einer Fehleinschätzung schuldig gemacht.«
    »Ja«, erwiderte Martin Beck.
    Er fand das Auftreten des anderen nicht lustig und blickte gar nicht auf. Szluka blieb stehen.
    »Wie schmeckt Ihnen das Essen hier?«, fragte er.
    »Gut.«
    »Das freut mich.«
    Der Ungar sagte das, als meinte er es tatsächlich so, und Martin Beck hob den Kopf.
    »Wissen Sie«, erklärte Szluka, »heutzutage passieren hier keine besonders dramatischen oder aufregenden Dinge, nicht wie in Ihrem Land oder in London oder New York.« Diese Kombination war etwas verblüffend. »Früher hatten wir davon mehr als genug«, sagte Szluka ernst. »Heute wollen wir unsere Ruhe haben, uns anderen Dingen widmen. Zum Beispiel dem Essen. Was mich betrifft, so habe ich vier Scheiben Speck und zwei Spiegeleier zum Frühstück gegessen. Und zu Mittag gab es Fischsuppe und panierten Karpfen. Zum Dessert Apfelstrudel.« Er machte eine Pause. Dann sagte er nachdenklich: »Die Kinder mögen natürlich keinen Speck, sie trinken immer Kakao und essen Wecken mit Butter, bevor sie in die Schule gehen.«
    »Aha.«
    »Ja. Und heute Abend werde ich ein Kalbsschnitzel mit Reis und Paprikasauce essen. Nicht schlecht. Haben Sie eigentlich die Fischsuppe hier schon probiert?«
    »Nein.«
    Er hatte zwar gleich am ersten Abend diese Fischsuppe gegessen, sah aber nicht ein, was das die ungarische Polizei anging - »Die müssen Sie unbedingt probieren. Sie ist ausgezeichnet. Im Matyas, einem Lokal gleich nebenan, ist sie allerdings noch besser. Sie sollten sich die Zeit nehmen, dorthin zu gehen, wie die meisten anderen Ausländer auch.«
    »Ah ja.«
    »Aber ich kann Ihnen ja ruhig sagen, dass ich ein Lokal kenne, wo die Fischsuppe noch besser ist. Die beste in ganz Budapest. Ein kleines Lokal in der Lajos üt, dorthin finden nicht viele Touristen. Man muss schon bis Szeged fahren, um eine vergleichbare Suppe zu finden.«
    »Aha.«
    Szluka war während dieser kulinarischen Empfehlungen merklich aufgetaut. Jetzt schien er sich zu besinnen, er schaute auf seine Armbanduhr. Wahrscheinlich dachte er an das Kalbsschnitzel.
    »Haben Sie denn schon etwas gesehen von Budapest?«
    »Ein bisschen. Es ist eine schöne Stadt.«
    »Ja, nicht wahr? Waren Sie schon im Palatinus Bad?«
    »Nein.«
    »Es ist einen Besuch wert. Ich werde morgen hingehen.

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