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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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sind mit dem Haschisch für ihre Wiederverkäufer auch in andere Länder wie Polen, die Tschechoslowakei, Rumänien und Bulgarien gefahren.«
    »Und Alf Matsson war einer davon?«, fragte Martin Beck.
    »Alf Matsson war einer der Wiederverkäufer«, bestätigte Szluka. »Sie hatten noch ein paar andere Leute, die aus England, Deutschland und Holland hierher oder in einen anderen Ostblockstaat reisten, wo sie sich mit Radeberger und Fröbe trafen. Sie bezahlten mit Westgeld, Pfund, Dollar oder D-Mark und bekamen ihr Haschisch, das sie dann mit nach Hause nahmen und dort verkauften.«
    »An dem Geschäft haben also alle gut verdient, außer denen, die den Dreck am Ende kauften, um ihn zu konsumieren«, sagte Martin Beck.
    »Merkwürdig, dass sie das so lange treiben konnten, ohne aufzufliegen.«
    Szluka erhob sich und trat ans Fenster. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, stand er eine Weile da und schaute auf die Straße hinaus.
    Dann kehrte er an seinen Platz zurück und setzte sich wieder.
    »Nein«, sagte er, »das ist eigentlich gar nicht merkwürdig. Solange sie hier oder in einem anderen sozialistischen Land kein Rauschgift verkauften, außer an die Zwischenhändler, hatten sie gute Chancen, unbehelligt zu bleiben. Da man in den kapitalistischen Ländern nicht der Ansicht ist, dass es aus den Ostblockstaaten etwas zu schmuggeln gibt, sind die Zollkontrollen bei Reisenden aus diesen Ländern gleich null.
    Hätten sie dagegen versucht, sich hier einen Markt für ihre Ware zu erschließen, wären sie schnell erwischt worden. Es hätte sich für sie auch gar nicht gelohnt, denn sie waren ja auf Westgeld aus.«
    »Sie müssen einen Haufen Geld verdient haben«, sagte Martin Beck.
    »Ja«, erwiderte Szluka. »Aber auch die Wiederverkäufer haben bei dem Geschäft gut verdient. Das Ganze war in der Tat ziemlich clever organisiert. Wenn Sie nicht gekommen wären, um nach Alf Matsson zu suchen, hätte es noch lange dauern können, bis wir die Sache entdeckt hätten.«
    »Was haben sie über Alf Matsson erzählt?«
    »Sie haben zugegeben, dass er ihr Wiederverkäufer in Schweden war. Im Laufe eines Jahres hat er ihnen eine ganze Menge Haschisch abgekauft. Sie behaupten aber, ihn seit Mai nicht mehr gesehen zu haben; damals war er hier, um Nachschub zu holen. Er hat aber nicht so viel bekommen, wie er haben wollte, deswegen hat er sich ziemlich bald wieder bei Ari Boeck gemeldet. Sie sagen, sie hätten sich mit ihm für den 23. Juli hier in Budapest verabredet, aber er habe nichts von sich hören lassen. Sie behaupten, was in dem Auto versteckt war, sei für ihn reserviert gewesen.«
    Martin Beck schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Er kann sich mit ihnen aus irgendeinem Grund zerstritten haben, vielleicht hat er gedroht, sie hochgehen zu lassen. Daraufhin haben sie Angst bekommen und ihn aus dem Weg geräumt. So, wie sie es heute Nacht mit mir versucht haben.«
    Szluka schwieg. Nach einer Weile sagte Martin Beck leise und wie zu sich selbst:
    »So muss es gewesen sein.«
    Szluka stand auf und ging ein paar Schritte im Zimmer auf und ab. Dann sagte er:
    »Das habe ich zuerst auch geglaubt.« Er verstummte und blieb vor der Wandkarte stehen. »Und was glauben Sie jetzt?«, fragte Martin Beck.
    Szluka drehte sich um und sah ihn an.
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich dachte, Sie wollen vielleicht selbst mit einem der beiden reden. Mit diesem Radeberger. Mit dem Sie sich heute Nacht geprügelt haben. Er redet, und ich habe den Eindruck, dass er zu einfältig ist, um besonders gut lügen zu können. Wollen Sie ihn vernehmen? Vielleicht haben Sie mehr Erfolg als ich.«
    »Ja, danke«, erwiderte Martin Beck. »Das will ich gerne tun.«

17
    Tetz Radeberger kam herein. Er war genauso gekleidet wie am Abend vorher: enger Pulli, dünne Polyesterhose mit Gummizug in der Taille und leichte Segeltuchschuhe. Gekleidet, um zu töten. Er blieb in der Tür stehen und verbeugte sich. Der Polizist, der ihn gebracht hatte, gab ihm einen leichten Stoß in den Rücken.
    Martin Beck zeigte auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches, und der Deutsche setzte sich. In seinen stumpfen blauen Augen lag ein abwartender, etwas unsicherer Ausdruck. Auf seiner Stirn klebte ein Pflaster, und an seinem blonden Haaransatz hatte er eine blaue Beule.
    Ansonsten wirkte er gesund, stark und ziemlich gleichgültig.
    »Wir wollen uns über Alf Matsson unterhalten«, erklärte Martin Beck.
    »Ich weiß nicht, wo er ist«, sagte Radeberger sofort.

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