Der Mann, der sich in Luft auflöste
Bleistiftnotizen übersät war.
»Das ist eine heikle und verdammt unangenehme Geschichte«, erklärte er.
»Aha«, erwiderte Martin Beck. »Wieso?«
»Ist dir Alf Matsson ein Begriff?« Martin Beck schüttelte den Kopf.
»Nein? Er ist eigentlich ziemlich bekannt. Ein Journalist. Arbeitet hauptsächlich für Illustrierte. Auch Fernsehen und Film. Ein tüchtiger Schreiber. Hier.«
Er zog eine Schublade auf und wühlte darin herum, dann nahm er sich noch eine andere vor, hob schließlich die Schreibunterlage an und fand das gesuchte Objekt.
»Ich hasse Schlamperei«, sagte er und warf einen giftigen Blick in Richtung Tür.
Martin Beck studierte die sorgfältig mit Maschine beschriebene Karteikarte mit den Daten eines gewissen Alf Matsson. Er schien tatsächlich Journalist zu sein, angestellt bei einer der großen Illustrierten, einer, die Martin Beck selbst nie las, die er mit stillem Gram und voller Verzweiflung aber immer in den Händen seiner Kinder sah.
Ferner hieß es auf der Karteikarte, Alf Sixten Matsson sei 1934 in Göteborg geboren. Auf die Karte war außerdem ein ganz normales Passfoto geheftet. Martin Beck legte den Kopf schräg und betrachtete das Bild eines jüngeren Mannes mit kurzem, gepflegtem Vollbart und runder Nickelbrille. Das Gesicht war vollkommen ausdruckslos, vermutlich stammte das Foto aus einem Automaten. Martin Beck legte die Karteikarte beiseite und sah den Rothaarigen fragend an. »Alf Matsson ist verschwunden«, sagte der Mann theatralisch.
»Aha. Und die Suchmeldungen brachten kein Ergebnis?«
»Es gibt keine Suchmeldung. Und es wird auch keine geben«, sagte der Mann und glotzte dümmlich.
Martin Beck, dem nicht sofort klar war, dass dieser wässrige Blick von stahlharter Entschlossenheit zeugte, runzelte leicht die Augenbrauen.
»Wie lange ist er schon verschwunden?«
»Zehn Tage.«
Die Antwort erstaunte ihn nicht besonders. Hätte der Mann zehn Minuten oder zehn Jahre gesagt, so hätte ihn das auch nicht weiter berührt. Das Einzige, was Martin Beck im Augenblick erstaunte, war die Tatsache, dass er hier und nicht draußen vor der Insel in seinem Ruderboot saß. Er schaute auf die Uhr. Vermutlich schaffte er es mit dem Abendschiff noch zurück. »Zehn Tage sind nicht sonderlich viel«, sagte er mild. Aus einem angrenzenden Raum kam ein weiterer Beamter herein und mischte sich so unvermittelt in das Gespräch, dass er an der Tür gehorcht haben musste. Offensichtlich eine Art Aufpasser, dachte Martin Beck.
»In diesem Fall ist das mehr als genug«, sagte der Neuankömmling. »Die Umstände sind nämlich höchst delikat. Alf Matsson ist am 22. Juli im Auftrag seiner Zeitschrift nach Budapest geflogen, um ein paar Artikel zu schreiben. Am Montag sollte er die Redaktion hier in Stockholm anrufen und den Text für eine Kolumne durchgeben, die er jede Woche verfasst.
Er hat nicht angerufen. Dazu muss man wissen, dass Alf Matsson das ist, was man unter Presseleuten verlässlich nennt. Er versäumt mit anderen Worten nie einen Abgabetermin für seine Texte. Zwei Tage später rief die Redaktion bei seinem Hotel in Budapest an, wo es hieß, dass er tatsächlich dort wohne, momentan aber nicht im Haus sei. Der Chef vom Dienst ließ ausrichten, dass sich Matsson sofort bei seiner Redaktion in Stockholm melden solle, wenn er wieder im Hotel sei. Daraufhin warteten sie weitere zwei Tage, ohne etwas zu hören. Sie erkundigten sich bei seiner Frau hier in Stockholm. Aber sie hatte auch nichts gehört. Was an und für sich nichts heißen muss, da sie in Scheidung leben.
Vergangenen Samstag rief der Chefredakteur dann bei uns an. Sie hatten erneut bei dem Hotel nachgefragt und erfahren, dass Alf Matsson seit dem letzten Anruf nicht mehr gesehen worden sei, seine Sachen sich aber nach wie vor auf dem Zimmer befänden und sein Pass noch an der Rezeption liege. Am Montag, also am i. August, haben wir bei unserer diplomatischen Vertretung in Budapest nachgefragt. Sie wussten nichts von Matsson, streckten daraufhin aber, wie sie sich ausdrückten, ihre Fühler zur ungarischen Polizei aus, die sich ›desinteressiert‹ zeigte. Am Dienstag bekamen wir Besuch vom Chefredakteur dieses Blattes. Es war eine ziemlich unangenehme Begegnung.«
Dem Rothaarigen war definitiv die Hauptrolle entzogen worden. Missmutig biss er auf dem Mundstück seiner Pfeife herum und sagte:
»Genau. Verdammt unangenehm.«
Einen Augenblick später fügte er erklärend hinzu:
»Das hier ist mein
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