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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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einem alten, baufälligen Schuppen. Auf dem Hofplatz stand ein jeepähnlicher Pick-up.
    »Larsas Auto«, sagte Sonny. »Dann ist er zu Hause.«
    »Wer ist Larsa?«
    »Wenn er nüchtern ist, ist er herzensgut. Aber das kommt selten vor. Zwei Strafen wegen Körperverletzung hat er abgesessen, das letzte Mal ging es gegen seine ehemalige Freundin. Rosmarie heißt sie, und hier wohnt sie.«
    »Aha«, sagte Therese.
    »Ja, verdammt noch mal, was soll man tun«, sagte Sonny.
    Sie stiegen aus dem Polizeiwagen und überquerten den mit Kies belegten Hof. Sonny klopfte an und wartete. Eine Katze kam aus dem Nichts heran und setzte sich abwartend neben ihre Füße, bereit, mit hineinzuhuschen. Grau gestreift mit einem kahlen Fleck auf dem Schenkel, wo die Haare weggerissen worden waren. Vielleicht von einem Hund. Oder einem Fuchs.
    Sonny klopfte noch einmal. Er warf Therese kurz einen Blick zu. Es war zu sehen, dass er schon früher hier gewesen war. Er war angespannt, gab sich aber alle Mühe, es zu verbergen. Seine Beinmuskeln in der uniformierten Hose vibrierten leicht wie die eines Sprinters vor einem Hundertmeterlauf. Als er merkte, dass sie ihn ansah, stand er abrupt still und packte die Türklinke. Die Tür war unverschlossen.
    »Larsa!«, rief er in das Haus, während die Katze hineinhuschte. »Tämä on Sonny olek's ktona?«
    Keine Antwort.
    »Bleib hinter mir«, befahl er.
    Eine Diele. Geschmückt auf feminine Art mit dicken, rustikalen Läufern, einem blau gebeizten Schuhschrank, einem gefirnissten kleinen Kieferntisch mit Strohblumen in einer Keramikvase, einem Kasten mit Katzenstreu und der Aufschrift »Tussan«. Gemütlich, ländlich, es fehlte nur noch das langsame Ticken einer Standuhr.
    Doch dann nahm sie den Geruch wahr. Den vertrauten schwedischen Alkoholgestank. Genau wie in den kleinen, unwohnlichen Trabantenwohnungen, die sie während ihres Streifendienstes hatte aufsuchen müssen, das Odeur der Säufergegenden. Der saure Hopfen des Biers, Kippen und feucht zusammengepresste Asche, Ammoniak, verschwitzte Unterwäsche, Adrenalin, etwas Süßsaures, Aufgestoßenes, ungewaschene Geschlechtsteile, schuppige Kopfhaut und nacktes Metall.
    Er saß in der Küche. Tisch und Spültisch waren mit Bierdosen, leeren Flaschen und Essensresten übersät. Sein Haar stand im Nacken ab, und Therese hatte den Eindruck, dass er gerade erst aufgewacht war. Vielleicht hatte er auf der Küchenbank gelegen, seine Augen waren rot geädert und blutunterlaufen.
    »Nukuikkos sie?«, fragte Sonny. »Hast du geschlafen?«
    »Kukos tuo vittu on? Wer ist die Fotze?«
    Sonnys Nacken zuckte, Therese trat hinter seinem Rücken hervor.
    »Guten Tag, mein Name ist Therese Fossnes.«
    »Haista paska!«
    »Ich kann leider kein Finnisch.«
    »Meänkieli ist kein Finnisch«, stellte Larsa fest und grinste gedankenverloren.
    Er ist leicht abwesend, dachte sie. Rohypnol. Gleichzeitig strengt er sich an, kontrolliert zu erscheinen, er hat etwas Roboterartiges an sich. Er sehnt sich nach einem Schnaps. Dem Morgenschnaps. Gute Gelegenheit, ihn auszuquetschen.
    Sonny zog einen Stuhl heran und setzte sich rittlings darauf, die Unterarme auf die Rückenlehne gestützt. Larsa suchte etwas auf dem Küchentisch, seine Hand rollte wie eine langsame Bowlingkugel herum und stieß Dosen und Flaschen um bei der Suche nach dem Tabakpäckchen. Schmutzig braune Fingerspitzen zupften Zigarettenpapier hervor und drehten eine Zigarette. Sonny unterhielt sich auf Finnisch mit ihm. Therese verstand nichts, meinte aber zu wissen, wie das Gespräch verlief. Sie selbst hatte schon oft so dagesessen. Was hast du in den letzten Tagen gemacht? Kanntest du Martin Udde? Bist du in der Nähe seines Hauses gewesen? Wenn nicht, gibt es jemanden, der das bezeugen kann? Weißt du, was ihm zugestoßen ist? Hast du eine Ahnung, wer das getan haben könnte? Warst du es vielleicht?
    Sie beobachtete den Schlagabtausch zwischen den beiden Männern. Es war eine unterschwellige Spannung zu registrieren, ein bedrohlicher Unterton, der nie offen aggressiv wurde. Eine langjährige Machtbalance, wie sie sich gern zwischen Polizei und Knastbrüdern auf dem Lande entwickelt. Man kennt sich nach einer Weile. Man versucht einen Stich zu landen und pariert. Nützt Blößen aus, ohne den anderen aber unnötig zu erniedrigen.
    Drei handgedrehte Zigaretten später waren sie fertig. Larsa hatte eine halbvolle Bierdose gefunden und sah mittlerweile richtig wach aus. Sonny stand auf, Larsa auch, für

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